wirtschaft und weiterbildung 1/2017 - page 48

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wirtschaft + weiterbildung
01_2017
learntec special
notwendig, die entscheidenden Merk-
male sowohl des „informellen Lernens“
als auch des „E-Learnings“ zu verstehen.
Darauf aufbauend ergeben sich Verknüp-
fungen, die zu unterschiedlichen Szena-
rien informellen Lernens führen. Beruf-
liche Bildung hatte immer schon eine
informelle Komponente, indem durch
neugieriges Zu- und Abschauen, Auspro-
bieren und Nachmachen im Arbeitspro-
zess gelernt wurde. Mit der Entwicklung
des organisierten Berufsbildungssystems
verlor das informelle, nicht organisierte
und nicht geplante Lernen jedoch bis in
die 1980er-Jahre an Bedeutung. Die Dis-
kussion um Berufsbildung und Qualifi-
zierung ging vom Bedeutungsverlust des
Lernens in informellen Kontexten aus.
Zusätzlich nahm mit steigenden Quali-
tätsansprüchen das Vertrauen in die in-
formellen Prozesse ab. Eine voranschrei-
tende Standardisierung und Forderung
nach „objektiver“ Vergleichbarkeit von
Lernleistungen schien nicht vereinbar mit
Lebenslanges oder auch lebensbeglei-
tendes Lernen bezeichnet die Tatsache,
dass der Vorgang des Lernens während
der gesamten Lebensspanne stattfindet.
Neben der pädagogischen Erkenntnis
kann hierfür auch auf die neurologische
Forschung zurückgegriffen werden, die
feststellt, dass Lernen eine feste Dimen-
sion menschlichen Lebens und damit un-
trennbar mit ihm verbunden ist. Verfolgt
man gleichzeitig die Diskussion um die
von Charles Jennings bekannt gemachte
70-20-10-Formel, dann ergibt sich ein in-
teressantes Bild: Auf der einen Seite stellt
„lebenslanges Lernen“ für die EU-Kom-
mission ein Mittel zur „Förderung der ak-
tiven Staatsbürgerschaft und Förderung
der Beschäftigungsfähigkeit“ dar, auf
der anderen Seite finden nur circa zehn
Prozent aller Lernprozesse in formalen
Weiterbildungsmaßnahmen statt. Diese
größtenteils nicht am Arbeitsplatz und
im Arbeitsprozess stattfindende Weiter-
bildung reicht sicherlich nicht aus, dem
lebensbegleitenden Lernen einen kon-
tinuierlichen Charakter zu verleihen. Es
stellt sich somit die Frage, wie die 70 Pro-
zent der Lernaktivitäten, die im Prozess
der Arbeit oder der Freizeit stattfinden,
gefördert, unterstützt und begleitet wer-
den können. Eine der Möglichkeiten, die
Unternehmen wie zum Beispiel die Miele
& Cie. KG haben, ist ein in die Arbeits-
abläufe der Zielgruppen integriertes und
dennoch frei zugängliches informelles E-
Learning-Angebot.
Informelles E-Learning
Für eine Auseinandersetzung mit dem
Begriff „informelles E-Learning“ ist es
Informelles Lernen mit
E-Learning
KONZEPT.
Informelles Lernen liegt im Trend: Informelles E-Learning und Mobile Learning
bieten sich für viele Themen an. Die didaktische Herausforderung besteht darin, dass die
Motivation, wie bei informellem Lernen üblich, von den Lernern ausgeht. Wie dies
funktionieren kann, zeigt der Beitrag mit Beispielen aus der Praxis bei Miele & Cie. KG.
Definition „Informelles Lernen“
Merkmale I.
Bis heute gibt es keine einheitliche Definition
von informellem Lernen.
Informelles Lernen
wird als unge-
plant, beiläufig, implizit, offen, situations-, fall- und anfor-
derungsbezogen, unbewusst, selbstorganisiert bezeichnet
oder sogar mit dem non-formalen Lernen gleichgesetzt.
Die Schwierigkeit einer Definition liegt offensichtlich darin
begründet, dass die verschiedenen Autoren sich dem
Thema „informelles Lernen“ vor dem Hintergrund ihrer
spezifischen Untersuchungsfragen mit unterschiedlichen
Kategorien nähern.
Einen geeigneten Konsens findet die Definition des infor-
mellen Lernens der Kommission der Europäischen Gemein-
schaften aus dem Jahr 2001. Die Kommission definiert
„informelles Lernen“ als Lernen, das im Alltag, am Arbeits-
platz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Infor-
melles Lernen ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder
Lernforderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise
nicht zur Zertifizierung.
Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist jedoch in den
meisten Fällen nicht intentional (oder „inzidentell“/beiläu-
fig).
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