wirtschaft und weiterbildung 1/2017 - page 53

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wirtschaft + weiterbildung
01_2017
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Drucker Forum 2016.
Etwa 500 Personen
kamen im November nach Wien, um
Druckers Vision von einer
unternehmerischen Gesellschaft zu
diskutieren.
Richard Straub.
Das Mitglied der
Drucker Gesellschaft forderte
mehr Innovationen.
denker Peter Drucker den Wandel einer
Gesellschaft von Angestellten zu einer
„Entrepreneurial Society“, also einer ganz
und gar unternehmerisch denkenden
Gesellschaft. Heute habe vor allem der
technologische Fortschritt dazu geführt,
dass Unternehmertum vom Rand der Ge-
sellschaft in die Mitte gerückt sei und vor
allem bei der jüngeren Generation als hip
gelte.
Wie wichtig sind denn nun Unterneh-
mer für die Innovationen? Wie können
etablierte Organisationen von ihnen pro-
fitieren? Was sagt die Forschung über
Entrepreneurship? Welche Rolle spielen
staatliche Unternehmen? Wie müssen
sich Managementpraktiken verändern?
Die Themenpalette des Forums war breit
und die Referenten hochkarätig, darunter
Harvard-Professor Clayton Christensen,
die Marketing-Koryphäe Philip Kotler und
der Strategieexperte Gary Hamel. „Wir
agieren noch immer in rigiden, hierarchi-
schen Strukturen wie in der industriellen
Welt“, mahnte Lisa Hershman, Vice Chair
der Scrum Alliance. „Wir brauchen Inno-
vationen im Management, noch mehr
als bei Produkten.“ Inspirationen kämen
von überall, aber die Ideen auch zu im-
plementieren, das sei die Aufgabe des
Managements. Doch es fehle an Entrepre-
neurship und einer unternehmerischen
Gesellschaft.
„Liefern wir das, was die
Kunden wollen?“
Roger Martin, Direktor des Martin Pros-
perity Institute an der Rotman School of
Management in Toronto, sieht Organisa-
tionen gefangen in einer Falle zwischen
Beständigkeit (reliability) und Richtigkeit
(validity). Beständigkeit fokussiere auf
konsistente, wiederholbare Ergebnisse.
Richtigkeit oder Tauglichkeit konzentriere
sich auf die Produktion von gewünsch-
ten Ergebnissen. Der Kanadier erklärte
das am Beispiel von Studenten: „Es geht
nicht darum, dass sie den Test bestehen,
sondern dass sie etwas lernen“. Beide
Dinge stehen jedoch im Widerspruch.
Je mehr wir uns auf die Beständigkeit
konzentrieren, desto schwächer wird die
Tauglichkeit. Martin sieht die Rolle der
Entrepreneure darin, ein Gleichgewicht
zwischen beiden Polen zu schaffen. Den
Unternehmen gibt er den Rat, sich stän-
dig die Frage zu stellen: Was wollen un-
sere Kunden wirklich und liefern wir das
oder liefern wir das, was wir gut herstel-
len können?“
„Oder liefern wir das, was wir
gut herstellen können?“
Beständigkeit stehe für Ausbeutung (Ex-
ploitation), Tauglichkeit für Erforschung
(Exploration). Ein Problem sieht der Ka-
nadier dabei im Kapitalmarkt. „Unter-
nehmen brauchen Geld für Exploration,
doch die Risikokapitalgeber handeln wie
Ausbeuter und setzen die Unternehmen
unter Druck“, so Martin. „Die merken das
oft nicht einmal und glauben, sie setzten
auf Exploration.“ Ein klassisches Beispiel
für Exploration sei die Google-Holding Al-
phabet, während Google selbst auf Aus-
beutung setze. Allerdings frage er sich,
wann die Aktionäre Alphabet ausbrem-
sen, weil es ihnen bisher keine Rendite
bringe. „Der Kapitalmarkt ist längst mehr
ein Gefangener als ein Befreier“, so der
Professor.
Exploration steht für Alex Osterwalder
für die neuen Geschäftsmodelle. Das
seien unerprobte Ideen. Doch um das
notwendige Kapital für die Umsetzung zu
bekommen, müssten Entrepreneure stets
einen Businessplan vorlegen. „Das ist
doch nur Zeitverschwendung, weil man
damit nur versucht, ein Chaos zu orga-
nisieren“, kritisiert der Unternehmer und
Erfinder des Business Modell Canvas,
einer Methode, um eine Geschäftsidee zu
visualisieren und zu testen.
Dabei gehe es doch vor allem darum,
die Risiken zu reduzieren. „Je mehr Ex-
perimente man macht und je öfter man
scheitert, desto mehr reduziert man die
Unsicherheit“, erklärte der Schweizer.
Unternehmen bräuchten daher neben
dem CEO (Exploitation) auch einen CCE
(Chief Corporate Entrepreneur), der für
Exploration zuständig ist. Wer heute als
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