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wirtschaft + weiterbildung
11/12_2017
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„Create a coalition“:
Sie muss sich Ver-
bündete suchen, die sie aktiv unterstüt-
zen.
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„Develop a clear vision“:
Sie muss eine
Vision haben, wohin die Reise geht,
und eine Strategie, wie die definierten
Ziele erreicht werden sollen.
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„Share the vision“:
Die Veränderungsvi-
sion muss den Betroffenen und Betei-
ligten professionell kommuniziert wer-
den.
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„Empower people to clear obstacles“:
Die Mitarbeiter müssen mit den nöti-
gen Befugnissen und Kompetenzen
ausgestattet werden, um im Prozess
auftretende Hindernisse und Wider-
stände zu beseitigen.
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„Secure short-term wins“:
Kurzfristige
(Teil-)Erfolge müssen gezielt geplant
und kommuniziert werden, damit bei
allen Beteiligten das Vertrauen wächst
„Wir können das große Ziel erreichen“.
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„Consolidate and keep moving“:
Das
Management muss das Erreichte si-
chern und den Change-Prozess gezielt
vorantreiben.
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„Anchor the change“:
Die erreichten
Veränderungen müssen in der Organi-
sation verankert und in die Unterneh-
menskultur integriert werden.
Ein Praxisbericht:
Eine solche Beschrei-
bung des Vorgehens bleibt notwendiger-
weise recht vage, da es von der Situation
im einzelnen Unternehmen abstrahiert.
Deshalb sei die praktische Umsetzung an-
hand eines Change-Projekts beschrieben,
das die Unternehmensberatung Dr. Kraus
& Partner im Produktionsbereich eines In-
dustrieunternehmens begleitete. Ziel die-
ses Projekts war es, in der Fertigung ein
neues Produktionsverfahren mit einem
höheren Automatisierungsgrad einzufüh-
ren. Die negative Konsequenz aus Sicht
der Belegschaft: Hierdurch wurden 30
Prozent der Mitarbeiter überflüssig. Trotz-
dem lautete das anspruchsvolle Ziel des
Vorstands:
• Das Projekt soll von den Mitarbeitern
mitgetragen werden.
• Das Engagement der Mitarbeiter soll im
Verlauf des Projekts nicht sinken.
Die verbleibenden Mitarbeiter sollen trotz
des Personalabbaus für sich eine Perspek-
tive im Unternehmen sehen. Und: Die zu
kündigenden Mitarbeiter sollen beim Ver-
arbeiten der Kündigung und beim Entwi-
ckeln einer neuen beruflichen Perspektive
unterstützt werden – auch um zu vermei-
den, dass die Identifikation der verblei-
benden Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber
sinkt und das Image des Unternehmens
(als Arbeitgeber) Schaden nimmt.
Berater verfassen detailliertes
„Drehbuch“
Um diese Zielvorgaben zu erfüllen,
wurde zunächst ein detailliertes Dreh-
buch für den Change-Prozess entwickelt.
Dieses enthielt auch ein Kommunikati-
onskonzept, in dem präzise definiert war,
wann wer welche Informationen durch
wen über den geplanten Veränderungs-
prozess erhält. Um ein Brodeln der Ge-
rüchteküche und unnötige Unruhe in der
Organisation zu vermeiden, wurde unter
anderem entschieden: Es soll so früh wie
möglich publik gemacht werden, welchen
Mitarbeitern gekündigt wird. Hierdurch
wollte das Unternehmen den verbleiben-
den Mitarbeitern die Gewissheit vermit-
teln „Euer Job ist sicher“ und den Mit-
arbeitern, von denen eine Trennung er-
folgen sollte, die Möglichkeit bieten, sich
frühzeitig nach einer neuen beruflichen
Perspektive umzuschauen.
Da dem Unternehmen bewusst war, dass
aus dem Change-Prozess besondere An-
forderungen an die Führungskräfte resul-
tieren, wurde zudem beschlossen, diese
bezogen auf die Themenfelder „Führen
in Zeiten von Personalabbau“ und „Füh-
ren von Kündigungs-/Trennungsgesprä-
chen“ zu schulen. Außerdem entschied
die Unternehmensleitung – da mit jedem
Change-Prozess außer einer höheren
Kündigung.
Ob es wohl der Motivation der
verbleibenden Mitarbeiter schadet, wenn
sie sehen, wie ihre gekündigten Kollegen
ihre Sachen in einem Karton verstauen?