wirtschaft und weiterbildung 11-12 /2017 - page 21

wirtschaft + weiterbildung
11/12_2017
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Leben geht. Andere Unterscheidungen –
zusätzlich zur goldenen Mitte - sind eben-
falls wichtig, um eine Situation zu erfas-
sen. Grundl denkt zum Beispiel daran,
dass man sich zur Beurteilung einer Situ-
ation intensiv die Frage stellen sollte, ob
man mehr Überblick oder mehr Details
brauche. Er denke oft darüber nach, ob
er bei der Entwicklung eines Menschen
auf Nähe oder auf professionelle Distanz
setzen solle. Die „Metaprogramme“ oder
auch „Unterscheidungen“ (Grundl zählt
20 davon auf, die sich nur zum Teil mit
den Metaprogrammen des NLP über-
schneiden) sind laut Grundl ganz enorm
hilfreich, wenn man sich in der heutigen
Zeit einen geistigen Vorsprung erhalten
will.
Das Schwarz-Weiß-Denken abzulegen
und das Wahrnehmen, ohne gleich zu
urteilen, ist schwer. Doch es lohnt sich.
Die Bereitschaft dazu steht übrigens für
Grundl am Anfang einer jeden Persönlich-
keitsentwicklung: Nur der reife Mensch
kann zuhören, differenziert bewerten,
Standpunkte prüfen und kommt so zu
einer eigenen Haltung. Grundl beschreibt
eine wichtige Kompetenz der Führungs-
kraft der Zukunft so: Sie beherrscht im
Dialog mit einem Mitarbeiter den blitz-
schnellen Wechsel zwischen Fragen stel-
len und genau zuhören (75 Prozent) und
der Fähigkeit, kurze Statements abzuge-
ben (25 Prozent).
Feedback als Auslöser eines
Perspektivenwechsels
Für Grundl gibt es noch viele weitere
Möglichkeiten der Horizonterweiterung,
die er, angereichert mit Beispielen aus
seinem Leben, ausführlich beschreibt. Ei-
nige davon sind zum Beispiel:
Peer-Counseling.
Nach dem Motto „ein geschulter, tro-
ckener Alkoholiker kann einen aktiven
Alkoholiker am besten beraten“ sucht
man sich, wenn man in einem Schlamas-
sel steckt, einen Kollegen, der das Pro-
blem, das man hat, schon lösen konnte.
Man lässt sich ganz praktisch bei der
Problemlösung beraten und ganz realis-
tisch Mut machen. Dieser Jemand hat
Ergebnisse erzielt, die man selbst erst
noch erreichen will. Aber Vorsicht: Viele
Menschen suchen nach Gründen, warum
sie sich nicht ändern können und reagie-
ren ausgesprochen gereizt, wenn positive
Vorbilder ihnen ihre Ausreden „wegneh-
men“ wollen.
Prominente Vorbilder.
Ein Prominenter, der eine „kraftvolle“
Perspektive für eine bestimmte Fragestel-
lung bietet, kann laut Grundl ein Vorbild
sein. Die Rede ist von greifbaren Vorbil-
dern, die faszinierende Ergebnisse produ-
ziert haben. Vorbilder sollten aber nicht
idealisiert werden, da solche Menschen
auch ihre Schattenseiten haben.
Qualitativ bessere Fragen stellen.
In der Mitte eines Seminarraums werden
eine Wasserflasche und ein Glas aufge-
stellt. Drumherum stehen die Teilneh-
mer. Jeder beschreibt, was er sieht: Die
Flasche steht mal rechts und mal links
vom Glas, mal hinter und mal vor dem
Glas. Je nach Perspektive gibt es große
Unterschiede. Entscheidend ist nicht,
was jemand sieht, sondern von wo aus er
auf etwas blickt. Die Teilnehmer lernen:
Die Qualität der Fragestellung entschei-
det über eine konkrete Aussage. Beispiel:
Welches ist die beste Position für einen
Linkshänder, damit er mit möglichst
wenig Aufwand Wasser von der Flasche
in das Glas schütten kann? Jeder muss
seine eigene Sichtweise aus seiner Per-
spektive entwickeln, sich möglicherweise
von anderen abgrenzen und seinen eige-
nen Weg gehen.
Feedback nehmen.
Feedback ist für Grundl eine hervor-
ragende Gelegenheit zum Perspekti-
venwechsel. Dadurch kann man ohne
großen Aufwand das Selbstbild mit dem
Fremdbild abgleichen, Dinge überdenken
und das eigene Verhalten im Zweifels-
fall schnell modifizieren. Aber Vorsicht:
Menschen mit mangelndem Selbstwert
begreifen Feedback nicht als Entwick-
lungschance, sondern als Verletzung
ihrer Persönlichkeit. Solche Mitarbeiter
müssten erst in ihrem Selbstwert ge-
stärkt werden und lernen, konstruktiv
mit Rückmeldungen umzugehen. Grundl:
„Eine wertschätzende Feedbackkultur
kann nur dann entstehen, wenn entspre-
chende Voraussetzungen geschaffen wur-
den.“ Dazu gehören in erster Linie klare
Regeln (Feedback als Ich-Botschaft, kein
Richtig-oder-Falsch-Denken, keine Recht-
fertigungen).
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