wirtschaft und weiterbildung 11-12 /2017 - page 29

wirtschaft + weiterbildung
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darum, Teilnehmer bei der nachhaltigen
Veränderung ihrer Verhaltensweisen im
Alltag zu unterstützen“, sagt Uetz. „Bei-
spielsweise, wie bereite ich mich auf ein
Kundengespräch vor, wie gebe ich effekti-
ves Feedback oder wie halte ich überzeu-
gend eine Präsentation? Am häufigsten
unterstützen wir aktuell Trainings im Be-
reich Führung, Vertrieb, Kommunikation
und Zeitmanagement.“ Auch Change-
Projekte sind ein Einsatzfeld.
Darüber hinaus gibt Tobi HR-Verantwort-
lichen eine anonymisierte Rückmeldung
über den Erfolg ihrer Trainings: Welche
Lerninhalte kamen gut an, welche nicht?
Wie nachhaltig wurden die Inhalte im
Alltag umgesetzt? Welche Trainings und
Trainer erzielten die besten Erfolge? Aber
auch die Trainer können ihr Angebot ver-
bessern, da sie über sechs Wochen hin-
weg mit den Teilnehmern im Austausch
bleiben und so ihre eigene Marke aus-
bauen. Das Set-up des digitalen Coachs
ist meist in weniger als einem Tag abge-
schlossen. Ein zwei- bis dreistündiger
Workshop mit den Everskill-Experten und
dem Trainer genügen; danach werden die
Tobi-Accounts für die Trainingsteilneh-
mer eingerichtet. Rund 20 Mitarbeiter am
Standort München entwickeln die App
weiter und beraten die Unternehmens-
kunden.
Christoph Stehr
„Jeder Mitarbeiter muss auch Trainer sein“
Akzeptieren Kunden es, wenn zur Reparatur oder
Wartung von Maschinen statt eines gut ausgebildeten
Servicetechnikers ein weniger erfahrener Techniker mit
3-D-Brille anrückt?
Götz Piwinger:
Ja, denn die Eingriffe der Techniker mit
3-D-Brille sind qualitätsgesichert, der Chefingenieur kann
sich jederzeit aus der Ferne zuschalten. Mit der interaktiven
Schritt-für-Schritt-Anleitung kann der Kunde sogar selbst
mit der Brille Wartungen durchführen und seine Erfahrung
über unser Lern- und Wissensmanagementsystem teilen.
Wenn die Anleitungen so präzise sind, machen dann
Technologien wie Servicetechnik 4.0 nicht irgendwann
Interview.
ML Consulting setzt auf eine Augmented-Reality-Lösung, mit der auch weniger
erfahrene Servicetechniker anspruchsvolle Aufgaben übernehmen können. Götz Piwinger von
ML Consulting erklärt, wie solche Technologien das Lernen und die Trainerarbeit verändern.
den gut ausgebildeten Servicetechniker und den
fachlichen Trainer überflüssig?
Piwinger:
Nein, das Gegenteil ist der Fall: Erfahrene Ser-
vicetechniker sind und bleiben ein kostbares, aber selte-
nes Gut. Unsere Technologie ermöglicht es, in Bereichen,
in denen händeringend Nachwuchskräfte gesucht werden,
Lernen als kontinuierlichen Prozess zu etablieren und neue
Spezialisten auszubilden. Dadurch wird sich die Rolle der
erfahrenen Techniker wandeln: Sie werden nicht mehr so
häufig draußen beim Kunden sein, sondern die weniger
erfahrenen Techniker, die vor Ort sind, koordinieren. Erfah-
rene Techniker werden also künftig mehr moderieren und
Nachwuchskräfte ausbilden.
Und wie werden sich diese Entwicklungen auf die Rolle
des Trainers auswirken?
Piwinger:
Ich denke, die Rolle des Trainers bleibt wichtig,
aber sie wird sich mehr in Richtung einer Facilitatorenrolle
entwickeln und neue didaktische Fähigkeiten erfordern.
Auch die Moderatorenrolle wird bei Trainern immer wichti-
ger. All das kann aber nur gelingen, wenn Trainer und Trai-
ningsanbieter konsequent auf die Digitalisierung setzen.
Damit einher geht auch, dass sich die Rolle der einzelnen
Mitarbeiter verändern wird: Jeder Mitarbeiter muss auch
Trainer sein und wissen, wie man Wissen teilt. Ein Beispiel:
Bei Servicetechnik 4.0 können die Servicemitarbeiter vor
Ort Videos hochladen und kommentieren. Jeder lernt, wie
man ein Erklärvideo macht. Unser Motto lautet: Lernen
und Wissen sind ein ewiger Fluss – und je mehr Menschen
davon leben, desto artenreicher wird er.
Interview: Andrea Sattler
Götz Piwinger
ist Chief Digital
Officer (CDO)
bei ML Consul-
ting in Köln.
Foto: ML Consulting
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