wirtschaft + weiterbildung
05_2017
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gebnissen wie etwa gemeinsam erstellten
Artefakten oder definierten Erfahrungen
an Bedeutung verlieren.
Bedeutet dies das Aus für „traditionelle“
Autoren- und Lehrmanagement-Systeme?
Eher nicht, aber sicher bringen die Ent-
wicklungen eine Erweiterung und eine
Akzentverschiebung hin zu Apps und
Social Software, aber auch Analytics-Lö-
sungen, offene Education-Angebote, ein-
fach nutzbare, cloudbasierte Autorentools
sowie Videoplattformen mit sich.
Weiterbildungskultur hat noch
Luft nach oben
Was kennzeichnet die aktuelle Lage von
Schulung und Weiterbildung in den Un-
ternehmen und Betrieben? Zunächst
einmal gibt es einen klaren Bedarf an
zusätzlichen Angeboten über die derzei-
tigen Standards hinaus. Das soziale Ler-
nen und Learning on the Job wird der-
zeit bei vielen Firmen unter dem Leitbild
des 70-20-10-Modells weiter ausgebaut.
Daneben steigt in den Unternehmen der
Bedarf an Technologie-Know-how. Zwar
stellen über die Hälfte der Arbeitgeber
bereits heute zusätzliche Angebote zur
Verfügung und können auf kostenlose
Angebote aus dem Internet verweisen;
bei ihren Mitarbeitern stoßen sie dabei
jedoch vielfach noch auf Skepsis.
Immerhin knappe 60 Prozent der Mana-
ger bescheinigen laut einer Umfrage von
Oxford Economics aus dem Jahr 2014
ihrem Unternehmen prinzipiell eine Wei-
terbildungskultur. Ein ermutigendes Er-
gebnis ist das allerdings nicht. Denn die
Lernkultur muss sich künftig noch deut-
lich weiterentwickeln. Als Leitbild für
eine gute Lernkultur kann das bekannte
Vier-C-Modell dienen: Sie soll „collective“
(kollektiv), „collaborative“ (kollaborativ),
„continuous“ (kontinuierlich) und „con-
nected“ (vernetzt) sein. Eingeschlossen
sind über technische Aspekte hinaus
auch die Soft Skills wie Mut, Vertrauen
und Selbststeuerung. Denn die Änderung
der Lernkultur kann nur einhergehen mit
einer umfassenderen kulturellen Transfor-
mation.
Welche neuen Aufgaben für
Personaler entstehen
Die Diskrepanz zwischen Neuem und
Altem ist nicht neu – und zu einer po-
litischen Perspektive ist nun auch eine
technische hinzugekommen: Während
im privaten und gesellschaftlichen Leben
längst neue Maßstäbe und Standards
herrschen, baut die Arbeitswelt immer
noch auf das Alte – sei es in Form star-
rer Hierarchien in der Organisation oder
überkommener Technik im operativen,
administrativen und kommunikativen
Bereich. Das Thema „digitales Lernen“
ist durchaus in vieler Munde – aber dort
bleibt es viel zu oft auch, ohne konkrete
Folgen und Konsequenzen (mehr dazu
im Kasten auf Seite 32). Die Entwicklung
einer guten Lernkultur auf breiter Basis
scheint noch lange nicht in Sicht. Dazu
trägt nicht zuletzt auch die Tatsache bei,
dass die betriebliche Weiterbildung vor
allem der Personalabteilung zugeordnet
ist – und diese ihren Tätigkeitsschwer-
punkt immer noch eher in der Verwal-
tung und der Arbeit an personalrelevan-
ten Prozessen sieht.
Arbeitgeber sind nicht gut beraten, das
Thema auf die lange Bank oder noch wei-
ter weg zu schieben. Denn heute schon
gehört die Mitarbeiterentwicklung zu den
wichtigsten Differenzierungsmerkmalen
im Kampf um die besten Köpfe.
Schnittstelle zwischen Mensch
und künstlicher Intelligenz
Hinzu kommt: In der Arbeitswelt der Zu-
kunft wird es in immer geringerem Maß
um repetitive Wissensarbeit gehen, die
heute noch einen Großteil der Arbeit aus-
macht. Künstliche Intelligenz (KI) macht
sie zunehmend obsolet – dafür werden
Fähigkeiten an der Schnittstelle zum Kun-
den oder der Schaffung neuer Produkte
oder Geschäftsmodelle an Bedeutung
gewinnen. Insgesamt braucht es künftig
eine immer ausgewogenere Balance zwi-
schen Kollaboration und sozialer Lern-
kompetenz auf der einen sowie künstli-
cher Intelligenz auf der anderen Seite.
Die Digitalisierung des Lernens im Kon-
text der allgemeinen digitalen Transfor-
mation ist somit weitaus mehr als die (be-
griffliche) Angleichung des didaktischen
Bereichs an Produktion und Service. Es
geht darum, auf der einen Seite genau die
Qualifikationen zu erwerben, die an den
Schnittstellen von Mensch und Technik
benötigt werden, und auf der anderen
Seite hierfür Methoden zu nutzen, die
sämtliche Vorteile digitaler Methoden
maximal zur Geltung bringen – von einer
höheren Lerneffizienz und einer entspre-
chenden Zeitersparnis bis hin zu indivi-
duelleren Lernansätzen und neuen For-
men der Zusammenarbeit.
Thomas Jenewein
Grundsätze.
Im Jahr 2001 haben 17 Softwareentwickler
in den USA das sogenannte „Agile Manifest“ verfasst. Ihre
Grundsätze zeigen, worauf sich agiles Arbeiten fokussiert:
„Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln,
indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch
diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:
·
Individuen und Interaktionen
mehr als
Prozesse und
Werkzeuge
·
funktionierende Software
mehr als
umfassende Doku
mentation
·
Zusammenarbeit mit dem Kunden
mehr als
Vertragsver
handlung
·
Reagieren auf Veränderung
mehr als das
Befolgen eines
Plans
Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wich-
tig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher
ein.“ Weitere Informationen zum „Agilen Manifest“ finden
Sie im Internet unter
Das „Agile Manifest“