WIRTSCHAFT UND WEITERBILDUNG 5/2017 - page 31

wirtschaft + weiterbildung
05_2017
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sich alles um ihn herum verändert und
erneuert.
Das bedeutet: Mit dem bislang üblichen
Denken in Ursache-Wirkungsbeziehun-
gen kann den Herausforderungen der di-
gitalisierten neuen Welt kaum begegnet
werden. Systemisch-vernetztes Denken
sollte an dessen Stelle treten – doch: Was
ist das überhaupt? Und wie lässt es sich
im menschlichen Naturell implemen-
tieren, das oft beharrlich an Alterherge-
bracht-Archaischem festhalten will?
Die Fähigkeit und Bereitschaft zu einem
neuen Denkansatz lässt sich nur durch
kontinuierliches Lernen kultivieren.
In erster Linie geht es dabei um eins:
Agilität. Sowohl Unternehmen als auch
ihre Mitarbeiter müssen deutlich agiler
werden, um am Arbeitsplatz etwa mit
einer geringeren Aufgabensicherheit,
aber auch mit einem größeren eigenen
Handlungsspielraum zurechtzukommen.
Ohne Vernetzung werden sie dabei nicht
weit kommen – aber auch das will gelernt
sein. Kommen noch Faktoren wie funk-
tionstüchtige und gelebte flache Hierar-
chien hinzu, eine räumliche und zeitliche
Entkoppelung des Arbeitsplatzes von fes-
ten Vorgaben sowie die Unvermeidlich-
keit von Brüchen und das Vermögen, sich
immer wieder neu erfinden zu müssen,
wird klar, warum Agilität so wichtig ist.
Hier bietet sich die Anführung des „Agi-
len Manifests“ (siehe Kasten auf Seite 33)
an, dessen Ursprünge in der Software­
industrie liegen. Dessen Kernforderun-
gen lauten: Menschen sind wichtiger als
Werkzeuge, Zusammenarbeit mit dem
Kunden geht vor die Einhaltung fixierter
Leistungsbeschreibungen und Reaktionen
auf Veränderungen führen eher zum Ziel
als das starre Festhalten an einem Plan.
Dieser Exkurs soll deutlich machen, was
mit Agilität im Wesentlichen gemeint ist.
Doch stellt sich unmittelbar die Frage:
Wie können agiles Denken und Handeln,
Flexibilität und mentale Beweglichkeit
ebenso gefördert werden wie das Denken
in Zusammenhängen und Systemen?
Klar ist: Das funktioniert nicht ohne eine
dezidierte Lernarbeit im wahrsten Wort-
sinn. Dies führt wieder zurück zur Aus-
gangsfrage: Wie kann eine solche Arbeit
aussehen, und wie sollte sie auf keinen
Fall aussehen? Auch hier ist „neues Den-
ken“ gefordert. Es geht um bedarfsge-
rechte Lernmöglichkeiten und um die ge-
zielte Förderung sogenannter Selbst- und
Sozial- sowie Fach- und Methodenkom-
petenzen.
Lebenslanges Lernen wird
zum Muss
Lebenslanges Lernen ist hier alternativ-
los. Das bedeutet auch: In einer (Arbeits-)
Welt, in der Arbeiter zu Wissensarbeitern
werden sollen, sind und bleiben sie in
erster Linie stets auch Lernarbeiter. Dass
eine einmal absolvierte Berufsausbildung
durch das ganze Erwerbsleben trägt, trifft
heute schon nicht mehr zu. Doch auch
Schulungen, Fortbildungsseminare und
vergleichbare Angebote reichen nicht aus,
wenn sie punktuell bleiben. Erst recht
sind sie nur bedingt tauglich, wenn sich
Mitarbeiter mehr oder weniger isoliert
weiterbilden und die konkreten Bezüge
zu Tätigkeit und kollegialem Umfeld erst
im Nachgang bilden müssen.
Das ist kein Plädoyer für Massenveran-
staltungen. Im Gegenteil: Gerade das so-
genannte „Micro Learning“ mit kleinen
Lerneinheiten bringt erfahrungsgemäß
gute Ergebnisse. Als taugliche Mittel
haben sich unter anderem Massive Open
Online Courses (Moocs) erwiesen, die –
je nach Inhalt und Kontext – auch unter-
nehmensübergreifend eingesetzt werden
können. Auch offene Formate der Vernet-
zung wie etwa Barcamps oder Worldcafés
sowie Peer-to-Peer-Learning, Coaching,
Mentoring und Shadowing sind durchaus
denkbar und können wertvolle Kompo-
nenten in einem entsprechenden Bil-
dungs- und Fortbildungskonzept sein.
Fokus verschiebt sich vom
Lehrer zum Lerner
Der Lernprozess befindet sich – wenn
man so will – ebenfalls in einer Trans-
formationsphase. In dem Maß, in dem
sich der Schwerpunkt vom Lehrer zum
Lerner verschiebt und dieser selbst zum
Experten wird, der Wissen teilt, gewinnt
handlungsorientiertes Lernen und „Expe-
rimental Learning“ an Bedeutung.
Digitalisiert.
Der Bedarf an Technologie-Know-how in Firmen steigt.
Fotos: SAP AG / Reto Klar
Thomas
Jenewein
arbeitet bei SAP
als
Produk t­
manager
im
Bereich SAP Education. Dort ist er für
die Schwerpunkte Learning Manage-
ment, Lernen mit neuen Medien und
Technologien, Wissensmanagement,
Personalentwicklung und Coaching
verantwortlich.
SAP AG
H.-Plattner-Ring 7, 69190 Walldorf
Tel. 06227 747474
AUTOR
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