wirtschaft + weiterbildung
05_2017
21
March lehnte es immer ab, Ratschläge zu erteilen
Torsten Groth ist nicht nur systemischer Berater (unter
anderem für Simon, Weber and Friends in Heidelberg)
und Buchautor („66 Gebote systemischen Denkens und
Handelns in Management und Beratung“), sondern auch
Herausgeber der Reihe „Management/Organisations
beratung“ des Carl Auer Verlags. Jüngst ist innerhalb dieser
Reihe das Buch „Zwei Seiten der Erfahrung” von James G.
March erschienen. Es ist die deutsche Übersetzung eines
wichtigen Grundlagenwerks, das der einflussreiche ameri-
kanische Organisationstheoretiker im Jahr 2010 veröffent-
licht hat.
Moderner Ideengeber
„James G. March ist für die Organisationstheorie das,
was Miles Davis für die Jazzmusik war. Seit mehr als fünf
Jahrzehnten inspiriert March nicht nur die Theorie, son-
dern auch die Praxis“, erklärt Groth. Durch seine Ideen wie
„Garbage can“, „Technology of foolishness“ oder auch die
Paradoxie von „Exploration/Exploitation“ sei er zu einem
bekannten Organisationswissenschaftler geworden.
In seinem Buch „Die zwei Seiten der Erfahrung“ begibt
March sich auf die Suche nach den Formen intelligenter
Entscheidungsprozesse. Er fordert, man müsse in der Lage
sein, die Lehrmeisterin „Erfahrung“ sowohl von ihrer nütz-
lichen wie auch ihrer unvollkommenen und gefährlichen
Seite zu betrachten. Die Tagung am 19. Mai 2017 in Ber-
lin will ausführlich darüber informieren, wie Unternehmen
Tagungstipp.
Am 19. Mai 2017 veranstalten die systemischen Berater „Simon, Weber and Friends“,
der „Club Systemtheorie“ und die „Carl Auer Akademie“ in Berlin eine Fachtagung rund um das
Thema „Wie Organisationen intelligenter werden können“. Das Event ist dem organisationstheore-
tischen Vordenker James G. March gewidmet, der intelligente Entscheidungsprozesse erforschte.
James Gardner March.
Zu Ehren des 1928 geborenen US-
amerikanischen Organisationstheoretikers erschien 2016
sein wichtigstes Buch bei Carl Auer in deutscher Sprache.
ihre Erfahrungen intelligent nutzen können. Die Referenten
sind:
·
Prof. Dr. Alfred Kieser:
„James March – ein großer
Managementtheoretiker, von dem Manager viel lernen
können, gerade weil er es ablehnt, ihnen Ratschläge zu
erteilen.“
·
Prof. Dr. Stefan Kühl:
„Agile Organisationen als Mülleimer
– James March und einige Überlegungen zu neuen Orga-
nisationsformen.“
·
Andreas und Hermann Dethleffsen:
„Lernen aus acht
Generationen Unternehmertum?“
·
Robert Stulle:
„Lernen in einer agilen Agentur?“
·
Kieser und Dethleffsen:
„Theoretische und praktische Pro-
bleme des Erfahrungslernens in Unternehmen.“
·
Kühl und Stulle:
„Wie lernfähig sind eigentlich agile Orga-
nisationen?“
·
Prof. Fritz B. Simon und Torsten Groth:
„Beobachtungen
des Tages und dadurch ausgelöste systemtheoretische
Reflexionen.“
„Wer schnelle, eindeutige Antworten auf die Frage nach
intelligenten Entscheidungen sucht, der wird auf dieser
Tagung enttäuscht werden“, betont Groth. Zeit seines Wir-
kens als Organisationsforscher habe James March gezeigt,
dass das Entscheiden von Ambivalenzen geprägt sei, dass
die Suche nach den besten Alternativen notwendigerweise
unvollkommen bleiben müsse und dass die Theorie der rati-
onalen Entscheidungsfindung ein höchst unzureichendes
Konzept sei. Fazit: March begründet kenntnisreich, warum
es in Organisationen keine Rezepte für Erfolg gibt (und
geben kann). Mit dem „Garbage-Can-Modell“ der Entschei-
dungsfindung hat March zusammen mit dem Nobelpreis
träger Herbert Simon die verhaltenswissenschaftliche
Theorie der Organisation geprägt. In dem jetzt auf Deutsch
erschienenen Buch räumte er mit vielen einseitig-positiven
Ideen zum Lernen und Entscheiden auf. Das Lernen aus
Erfahrung könne negative Folgen haben – zum Beispiel,
wenn vergangene Erfolge nur auf Zufall beruhten.
Die Tagung „Intelligenz und Entscheidung – Zur Aktualitat
von James March in agilen Zeiten“ findet am 19. Mai 2017
in Berlin im „Institut francais“ am Kurfürstendamm statt
ie Veranstalter ver-
sprechen „Pragmatik auf hohem Reflexionsniveau“.
Martin Pichler
Foto: Stanford University