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wirtschaft + weiterbildung
05_2017
Dr. Achim Zimmermann
Bei Mentorenprogrammen kann der routinierte
Mentor seinem Mentee Wissen und Erfahrungen
weitergeben, und das in komprimierter Form. Im
Idealfall stammt der Mentor aus der gleichen Bran-
che, in der sich auch sein Schützling bewegt. Die
Wege, auf denen sich der Mentor und der Mentee
finden, können unterschiedlich sein: So können sich
beide zufällig treffen – und aus der anfänglichen
Bekanntschaft entwickelt sich mit der Zeit ein Men-
toring, das beide nicht einmal unbedingt selbst so
bezeichnen würden. Daneben werden von verschie-
denen Institutionen Mentorenprogramme aufgelegt.
Solche Programme bringen Mentor und Mentee
bewusst zusammen, anhand verschiedener Krite-
rien wird ein passendes Paar gebildet. Oft muss
sich der Mentee für das Programm bewerben. Aber
es wurden auch schon Zeitungsanzeigen gesehen,
in denen jemand eigenständig nach einem Mentor
gesucht hat.
Wie die beiden auch immer zusammenkommen:
Ihre Beziehung hat einen vertraglichen Inhalt. Zwar
muss das nicht unbedingt der Fall sein, gibt es doch
auch das sogenannte Gefälligkeitsverhältnis. Bei
ihm verzichten die „Parteien“ bewusst auf einen
Vertrag, weil es in diesen Situationen meist um
Hilfeleistungen geht. Ein Beispiel für solch eine
Gefälligkeit ist die Umzugshilfe: Bei ihr will der Hel-
fer nicht für Schäden haften, der Nutznießer keine
Entlohnung zahlen. Wesentlich dabei ist allerdings,
dass sich diese Gefälligkeit lediglich auf einen
kurzen Zeitraum bezieht und von vornherein klar ist,
dass sich das Haftungsrisiko im Rahmen hält.
Bei einem Mentoring sieht es anders aus: Zunächst
ist die Zusammenarbeit für einen längeren Zeitraum
angelegt. Daneben wird zumeist mindestens einer
der Teilnehmer zu den Treffen anreisen müssen –
also fallen Reisekosten an. Weiterhin werden sich
die Gespräche auf Details aus dem persönlichen
Lebensbereich oder einem Unternehmen beziehen.
Damit ist eine gewisse Geheimhaltung zu erwarten.
Gibt der Mentor noch konkrete Ratschläge, so ist
darin ein Haftungsrisiko zu sehen. Aus diesen Grün-
den lässt sich schwer ein Gefälligkeitsverhältnis
annehmen. Daran ändert auch der Umstand nichts,
dass der Mentor seine Leistung unentgeltlich oder
sogar ehrenamtlich erbringt. Denn nur, weil nichts
Schriftliches vereinbart wurde, bedeutet das nicht,
dass kein Vertrag vorliegt – kann dieser doch münd-
lich oder sogar konkludent geschlossen werden.
Um insbesondere Haftungsrisiken auf beiden Sei-
ten zu vermeiden – der Mentor kann im Hause des
Mentee stürzen, dem Mentee kann ein falscher
Rat gegeben werden – empfiehlt sich der
Abschluss eines Vertrags. Darin muss
nicht viel geregelt sein: Es reichen Anga-
ben zur Unentgeltlichkeit und eine Haf-
tungsbeschränkung.
Komplizierter wird es allerdings, wenn noch ein
Dritter zum Mentoringverhältnis hinzutritt, der die
beiden zusammenbringt: Dann ist von Vertragsver-
hältnissen zwischen dem Dritten und dem Mentor
beziehungsweise dem Mentee auszugehen, gerade
wenn der Dritte als Vermittler auftritt. Ist der vermit-
telte Mentor die falsche Wahl, kann den Dritten in
diesen Fällen eine Haftung treffen.
Kolumne Recht
Mentoring: Ich nehm’
dich an die Hand
Dr. Achim Zimmermann ist mit rechtlichen Fragen rund um Training und Coaching in Theorie und Praxis vertraut: Er arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator.
Zudem führt er juristische Schulungen für Trainer und Coachs durch.
Haben Sie Fragen zu rechtlichen Themen rund um Training und Coaching? Dann schicken Sie uns
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sgewählte Fragen beantwortet unser Kolumnist
Achim Zimmermann monatlich an dieser Stelle.
Gibt der Mentor einen falschen Rat,
besteht ein Haftungsrisiko.
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Foto: Mark Mühlhaus