editorial
wirtschaft + weiterbildung
05_2017
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Das Trainingsunternehmen Afterburner Inc. aus Atlanta (Georgia, USA)
bietet seinen Kunden an, Mitarbeitern das schnelle Entscheiden auf der
Basis „relevanter Fakten“ nach dem Vorbild des US-Militärs
beizubringen. Das Training
sieht so aus: Ein Konzern beginnt gerade mit einer größeren internen
Tagung, da stürmt eine Gruppe uniformierter Soldaten in den Saal und
schreit recht einschüchternd, dass jetzt erst einmal ein Planspiel auf der
Agenda stehe. Die Teilnehmer werden in Gruppen eingeteilt, bekommen
„Decision Making“ (sechs Stufen) beigebracht und müssen unter
Zeitdruck ihre Ziele durch „Kampfeinsätze“ erreichen. Dass Hierarchie
Entscheidungen beschleunigt, war aber bestimmt schon vorher klar.
Die Verwunderung war groß, als der „Spiegel“ (1. April 2017) berichtete,
der Versicherungskonzern Allianz habe aktuell eine Führungskräfte-
tagung in München in Anwesenheit von Vorstandschef Bäte von den
„Nachbrennern“ aufmischen lassen. Das militärische Szenario sei für
einige Mitarbeiter ein „erniedrigendes und absurdes Theater“ gewesen.
„Solche Kriegsspiele sind zynisch und weit weg vom Entscheidungs
alltag“, sagte Jürgen Weibler, BWL-Professor an der Fernuni Hagen, der
„Wirtschaftswoche“. Thomas Sattelberger, Ex-Personalvorstand der
Telekom, lästerte auf Facebook über die Unsensibilität der
Verantwortlichen: „Internationale Führungskräfte müssen sich nicht vom
US-Militär instruieren lassen. Bäte ist in einem Jahr weg. Wette gilt!“
Wirksame Trainingskonzepte nehmen auf die Besonderheiten eines
jeden einzelnen Unternehmens Rücksicht und brauchen Zeit.
Afterburner verkauft dagegen weltweit nur seine „einzig richtige“ Art.
Apropos entscheiden: Dass es Sinn macht, wenn ein und dasselbe
Unternehmen manche Entscheidungen schnell und andere langsam trifft,
lesen Sie ab Seite 22. Dass es unmöglich ist, über Planung und rationales
Denken mehr Entscheidungssicherheit zu bekommen, erfahren Sie auf
einer Tagung, auf die wir Sie auf Seite 21 hinweisen. Strategieexperte
Henry Minzberg sagte einmal über Managementmoden: Viel zu häufig
wird das banale Neue an Stelle des signifikanten Alten gelehrt.
Das Business ballert
Viele Inspirationen mit
unserem neuen Heft
wünscht
Martin Pichler, Chefredakteur