wirtschaft + weiterbildung
05_2017
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Verwirrendes aus dem schönen Österreich
„Die Master-Grade in der Weiterbildung sind nicht identisch
mit den Master-Graden aufgrund des Abschlusses ordent-
licher Studien (Master-Studien), auch wenn sie zum Teil
denselben Wortlaut haben“, schreibt das Österreichische
Wissenschaftsministerium.
Dazu heißt es im Gesetz: „Im Studienplan eines Lehrgan-
ges zur Weiterbildung dürfen im jeweiligen Fach internatio-
nal gebräuchliche Mastergrade festgelegt werden, die den
Absolventen jener Lehrgänge zur Weiterbildung zu verleihen
sind, deren Zugangsbedingungen, Umfang und Anforderun-
gen mit Zugangsbedingungen, Umfang und Anforderungen
entsprechender ausländischer Masterstudien vergleichbar
sind. Die Qualität der Lehre ist durch ein wissenschaftlich
und didaktisch entsprechend qualifiziertes Lehrpersonal
sicher zu stellen.“
Dozenten brauen noch nicht einmal zwingend eine
Promotion
Doch das ist wohl eher Theorie. Denn diese Lehrgänge
unterliegen in Österreich nicht der Akkreditierung. Statt-
dessen sollen sich die Hochschulen selbst kontrollieren.
Und die haben hier ein lukratives Franchise-Modell ent-
deckt. Dabei übernimmt ein nicht-akademischer Weiter-
bildungsanbieter fast alles - von der Entwicklung des Cur-
riculums, der Akquise und Zulassung der Teilnehmer über
die Auswahl der Dozenten (die nicht einmal eine Promotion
brauchen) bis zur Abnahme von Prüfungen. Den Master-
Titel vergibt die Hochschule.
Auch deutsche Weiterbildungsanbieter bieten inzwischen
solche österreichischen Schmalspur-Master an. Die „Lehr-
gänge zur Weiterbildung“ seien Nachfolger der früheren
„Lehrgänge universitären Charakters“, die es seit 2013
nicht mehr gibt, schreibt die Kultusministerkonferenz
(KMK). Damals konnten Anbieter ohne Hochschulstatus in
Österreich nach ministerieller Genehmigung sogar selbst
akademische Master-Grade verleihen. Heute müssen sie
dafür eine Kooperation mit einer anerkannten Hochschule
einzugehen.
Kontrollen kann man auch umgehen
Dabei springen dann gern ausländische Hochschulen
aus Nicaragua, Zypern, aber auch aus Deutschland – vor
allem aus dem Osten der deutschen Bundesrepublik – ein.
Akademische Abschlüsse.
Abitur, Erststudium, Berufsausbildung – das alles braucht man nicht
unbedingt, wenn man in Österreich einen MBA- oder Master-Abschluss bekommen möchte. Denn
der Master ist oftmals nur ein sogenannter Lehrgang zur Weiterbildung gemäß Paragraf neun des
Fachhochschul-Studiengesetzes. Was das bedeutet, hat Bärbel Schwertfeger herausgefunden.
Möchte eine ausländische Hochschule in Österreich Stu-
diengänge in Zusammenarbeit mit einer österreichischen
Bildungseinrichtung durchführen, so ist dies nur möglich,
wenn die „Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditie-
rung Austria“ der Bildungseinrichtung auf Grundlage einer
Evaluierung bescheinigt, dass die von ihr übernommenen
Leistungen bei der Durchführung der ausländischen Stu-
dien (zum Beispiel teilweise Durchführung von Lehre und
Prüfungen) internationalen akademischen Standards ent-
sprechen.
Doch auch dieser hinderlichen Kontrolle lässt sich auf recht
einfache Art und Weise entgehen, indem man das Studium
in Österreich als reines Fernstudium ohne Präsenzphasen
anbietet.
Es wird geraten, die gesamte Bildungsbiogrphie
eines Menschen zu beurteilen
Ein Master-Abschluss müsse immer in Verbindung mit dem
zuvor erworbenen Studienabschluss bewertet werden,
schreibt die Kultusministerkonferenz KMK. Ein Arbeitgeber
sollte daher stets die gesamte Bildungsbiographie eines
Bewerbers bewerten. Das gelte auch für Hochschulen bei
der Überprüfung der Promotionsmöglichkeit von Absolven-
ten eines Weiterbildungsmasters, „zumal die fachliche Aus-
richtung der Lehrgänge vielfach eher schmal ist“. Zudem
qualifiziere ein Weiterbildungsmaster nicht für die Einstel-
lung in den österreichischen höheren Dienst. Daran orien-
tiere man sich auch in Deutschland.
Bärbel Schwertfeger
Österreich.
Blick auf das Parlament
in Wien. Im Bildungswesen erlaubt
man sich Sonderwege.