wirtschaft und weiterbildung 3/2017 - page 32

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
03_2017
Werkshalle, sondern verändert die Welt
vor den Fabriktoren. Die gesamte Produk-
tionslogik wandelt sich. Intelligente Ma-
schinen und Produkte, Lagersysteme und
Betriebsmittel werden konsequent mittels
digitaler Systeme verzahnt – entlang der
gesamten Wertschöpfungskette, vom Auf-
tragseingang über Produktion und Logis-
tik bis zum Service.
Verschlissene Teile sorgen
selbstständig für Ersatz
Ein Bauteil im Auto ist künftig so ausge-
stattet, dass es kontinuierlich Daten über
seinen Zustand sammelt und mitteilen
kann, wenn ein Austausch nötig wird –
und das, bevor es zum Ausfall kommt.
Das Produkt sendet selbstständig eine
Mitteilung an den Hersteller, dass Ersatz
gefertigt werden muss. Die Bestellung
enthält neben genauen Angaben zum
Fahrzeugtypen auch die Information,
wohin das Bauteil anschließend versandt
werden muss. In der Fabrik wird der Auf-
trag bearbeitet, die Maschinen konfigurie-
ren sich selbst so, dass das passende Teil
gefertigt wird und schicken es schließlich
auf die Reise an den richtigen Zielort. Der
Termin in der Werkstatt ist dann bereits
vereinbart – auch darum hat sich das
Auto selbstständig gekümmert
Die Vision zeigt, dass Industrie 4.0 ganz
neue Anforderungen an Produktionssys-
teme und Maschinen stellt. Sie müssen
anpassungsfähig sein, da die zu fertigen-
den Produkte ständig wechseln können.
Im Ergebnis heißt das: Die Produktion
wird individueller, flexibler und schneller.
Die vierte industrielle Revolution bietet
damit das Potenzial, aktuelle wirtschaft-
liche und gesellschaftliche Herausforde-
rungen zu meistern. Gerade auf die Men-
schen kommen große Herausforderungen
in Sachen Qualifikation und Flexibilität
zu. Kennzeichnend im Bereich der Indus-
trieproduktion sind die starke Individu-
alisierung (bis zur „Losgröße eins“) der
Produkte unter den Bedingungen einer
hoch flexibilisierten Produktion.
Die für Industrie 4.0 notwendige Automa-
tisierungstechnik soll durch die Einfüh-
rung von Verfahren der Selbstoptimie-
rung, Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose
und Kognition intelligenter werden und
die Menschen bei ihrer zunehmend kom-
plexen Arbeit besser unterstützen. Die
derzeit größten Projekte in Industrie 4.0
sind der im Rahmen der Exzellenziniti-
ative von Bund und Ländern geförderte
Exzellenzcluster „Integrative Produkti-
onstechnik für Hochlohnländer“ und der
BMBF-Spitzencluster „Intelligente techni-
sche Systeme Ostwestfalen-Lippe“.
Deutschland ist der international füh-
rende Fabrikausrüster und stark im Be-
reich der eingebetteten Systeme Hard-
ware- und Softwarekomponenten, die
in ein umfassendes System integriert
sind, um systemspezifische Funktions-
merkmale zu realisieren. Das gibt uns
eine gute Startposition und indem wir
den Wandel zur Industrie 4.0 aktiv be-
gleiten, können wir unsere Stellung als
Leitanbieter weiter ausbauen. Nicht zu-
letzt steigert die stärkere Vernetzung von
Produkten und Maschinen auch die Effi-
zienz der hier produzierenden Unterneh-
men und fördert ihren Erfolg im globalen
Die Bezeichnung „Industrie 4.0“ soll aus-
drücken, dass wir gerade die vierte indus-
trielle Revolution erleben. Eine Revolu-
tion hat in der Geschichte der Menschheit
meistens viel Leid erzeugt. Daran erin-
nern einige „Fachleute“ in Fernsehtalk-
shows, wenn sie behaupten, durch die
Industrie 4.0 werde es menschenleere
Hallen geben. Das verstärkt die ohnehin
schon bestehende Unsicherheit der Men-
schen in den Fabrikhallen.
Das Problem dabei ist, dass das Thema
Industrie 4.0 vorrangig auf der Manage-
mentebene diskutiert wird. Seltener wer-
den die Menschen an der Basis und der
Mitte eines Unternehmens eingebunden.
Industrie 4.0 ist kein klar zu formulieren-
des Ziel. Es ist vielmehr ein Weg, der zu
beschreiten ist, dessen Ende aber nicht
absehbar ist. Vielen Managern ist selbst
nicht klar, wo ihr Unternehmen „landen“
wird. Daher informieren sie ihre Mitarbei-
ter nicht genügend über ihre Strategien
und Schritte in Richtung Industrie 4.0.
Weil man nicht nicht kommunizieren
kann, entstehen Gerüchte in der Beleg-
schaft. Gerüchte sind nie positiver Natur.
Und negative Gerüchte verhindern, dass
die Belegschaft auf dem Weg zur Digitali-
sierung voranschreitet. Das Management,
das maximal 10 Prozent der Belegschaft
ausmacht, kann die anderen 90 Prozent
nicht in die Zukunft tragen. Alle müssen
von selbst den gemeinsamen Weg gehen.
Wenn das Ziel nicht definiert ist, muss
das Management über jeden Schritt in die
Zukunft informieren und die Mitarbeiten-
den partizipieren lassen.
Die vierte industrielle Revolution zeigt
sich nicht nur am Transportband in der
Mitarbeiter für die
Digitalisierung begeistern
INDUSTRIE 4.0.
Die Vision einer Industrie 4.0 bedeutet, dass die Produktion in
den Werkshallen individueller, flexibler und schneller wird. Diese „vierte industrielle
Revolution“ bietet für Optimisten das Potenzial, aktuelle wirtschaftliche und gesell-
schaftliche Herausforderungen zu meistern. Auf die Berufstätigen kommen aber große
Herausforderungen zu - insbesondere in Sachen Qualifikation und Flexibilität.
Foto: Pichler
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