wirtschaft und weiterbildung 1/2016 - page 31

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wirtschaft + weiterbildung
01_2016
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Haiti.
Die Karibikinsel wurde 2010 von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Hilfsorganisationen halfen beim Wiederaufbau.
munikation zwischen Journalisten und
Opfern, wurde die Plattform nun für die
Organisation der Hilfskräfte aufgebaut.
Damit der SMS-Kanal und die Plattform
überhaupt genutzt werden konnten, war
eine „alte Technologie“ unverzichtbar –
das Radio. Per Radio wurde die Bevölke-
rung nicht nur über geöffnete Kranken-
häuser, Wasser- und Nahrungsstationen
informiert, sondern auch über die 4636.
So schnell, wie sich die Information ver-
breitete, stieg auch die Nutzung. In Spit-
zenzeiten wurden rund 5.000 SMS pro
Stunde verarbeitet – und das bedeutete
in diesem Kontext sehr viel mehr als der
reine Transport von Bits und Bytes.
Um die eingehenden SMS entsprechend
verarbeiten zu können, mussten sie ka-
tegorisiert werden. Josh Nesbit erinnerte
sich an den Computerlinguisten Robert
Munro, mit dem er in Malawi bereits in
einem ähnlichen Kontext zusammen-
gearbeitet hatte, und holte ihn ins Boot.
Munro wurde uber den Verlauf der ge-
samten Mission einer der Hauptkoordi-
natoren und startete mehrere Initiativen.
Er thematisierte auch die Problematik
der von der Bevölkerung Haitis benutz-
ten Sprache. Munro war klar, dass in-
nerhalb der internationalen Hilfsorgani-
sationen hauptsächlich englisch gespro-
chen wurde. Kreolisch und Französisch
fanden sich seltener. Also machte er sich
per Facebook auf die Suche nach Über-
setzern innerhalb und außerhalb Haitis.
Innerhalb kurzester Zeit fand er sich in
der Rolle des Koordinators verschiedener
Gruppen von Freiwilligen wieder. Insge-
samt waren rund 2.000 Übersetzer rund
um den Globus an der Mission beteiligt.
Crisis Mapping als
Crowdsourcing-Initiative
Initiiert von einer Gruppe Studenten der
Tufts University in Boston lief „Crisis
Mapping“ als Crowdsourcing-Initiative
innerhalb der Mission 4636 zunächst
recht eigenständig und unabhängig. Die
Studenten nutzten die Plattform der NGO
Ushahidi, um mit geografischen Daten
eine Karte des Katastrophengebiets zu
erstellen. Sie kombinierten dazu Satel-
litenaufnahmen von Google mit den
Informationen aus Facebookeinträgen
und Tweets. Auch diese Plattform hatte
ursprunglich einen ganz anderen Zweck
und wurde in Afrika entwickelt und
eingesetzt. Mit ihrer Anbindung an die
SMS- und Übersetzungsplattform bekam
sie eine zentrale Bedeutung fur Haiti. In
den ersten zehn Tagen lag der Fokus der
Mission und damit auch der Arbeit mit
der Ushahidi auf dem Finden und Retten
von Erdbebenopfern. Im weiteren Verlauf
konnten daruber die Versorgungszeiten
der Bevölkerung mit Lebensmitteln und
Medikamenten um ein Zehnfaches be-
schleunigt werden.
Diese drei Initiativen innerhalb der Ge-
samtmission wurden verlinkt und mit
den Hilfsorganisationen vernetzt. So
wurden die uber 4636 eingehenden Text-
nachrichten, genauso wie Blogbeiträge
und Tweets, zentral gespeichert, gesichtet
und bei Bedarf ins Englische ubersetzt.
Geodaten wurden eingefugt oder auch
korrigiert. Auf diese Weise entstanden
eindeutige Aussagen daruber, wo wel-
che Unterstutzung gebraucht wurde. Die
Hilfsorganisationen konnten ebenfalls
Foto: Studio Porto Sabbia/Fotolia
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