wirtschaft + weiterbildung
01_2016
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Rhetoriktrainer Peter Flume aus Nürtin-
gen nur bestätigen. Allerdings sollten
die schriftlich erarbeiteten Inhalte auch
logisch stringent vermittelt werden. „Ide-
alerweise ergibt sich durch das Schriftli-
che eine klare Argumentationsstruktur,
der jeder folgen muss“, sagt Flume. Er
trainiert mit den Teilnehmern seines Se-
minars „Vorstandssicher präsentieren“,
diese Logik bis zum Ende des Vortrags
durchzuziehen. Deswegen sollten sich die
Folien, die schriftlich eingereicht werden
und die Folien, die mündlich vorgetra-
gen werden, unterscheiden. Der Redner
muss, während er spricht, mehr in den
Mittelpunkt rücken. Hier sind fachlichen
Beweisen entsprechende Grafiken und
Diagramme sinnvoller, als viel Fließtext.
Wenn die Folie selbsterklärend die kom-
plette Argumentation enthält, rückt der
Redner zu sehr in den Hintergrund und es
wird ihm schwerfallen, die Aufmerksam-
keit der Zuhörer zu erhalten.
Hat der Präsentierende sein Publikum für
sich eingenommen, kann er über Story-
telling die Inhalte auch emotional bei den
Zuhörern verankern. Daher gehen die
schriftliche und die mündliche Präsenta-
tion Hand in Hand. Stimmt die zugrunde
liegende Logik, gibt dies dem Redner die
Freiheit, seine Persönlichkeit und sein
Redetalent unterstützend im Überzeu-
gungsprozess einzusetzen.
„Es ist ungemein wichtig, sich nicht zu
verheddern, denn sonst sinkt die Über-
zeugungskraft“, erhöht der Trainer mit
25 Jahren Erfahrung den Druck auf seine
Seminarteilnehmer. Ihnen hilft nur kon-
sequentes Üben. In seinem Seminar er-
arbeiten die Teilnehmer nicht nur eine
perfekt auf sie abgestimmte Präsenta-
tion, sondern lernen auch, persönlich zu
überzeugen. „Der Praxistest vor echtem
Publikum ist sehr wichtig“, erläutert der
Nürtinger. In den meisten Seminaren ist
eine Übungsphase vorgesehen, sich selbst
überprüfen kann man aber auch gut im
Kollegenkreis oder mit einem Mentor.
Sympathie versus
Fachwissen?
„Wer zu viel übt, wirkt im Termin ge-
künstelt“, widerspricht Matthias Mohr.
Aus seiner Praxis als Personalberater bei
Dr. Heimeier & Partner weiß er, dass echte
Profis sehen, wenn jemand etwas aus-
wendig gelernt hat. Wichtiger sei es, eine
Struktur im Vortrag zu haben, sich aber
nicht fanatisch daran zu halten, sondern
flexibel zu bleiben. Dem Pyramidenprin-
zip „Das Wichtigste zuerst“ ist er zwar
nicht abgeneigt. Aber zu strenge Form be-
fürwortet er nicht. Wenn sich zukünftige
Geschäftsführer über seine Empfehlung
beim Kunden vorstellen, geht es nach
seiner Meinung vor allem darum, einen
authentischen Eindruck zu machen. „Die
eigentlichen Fakten können die Entschei-
der nachlesen. Hier muss man als Person
sympathisch und versiert rüberkommen.“
Um die korrekte Präsentation der Fakten
gehe es eher, wenn man sich beim Perso-
nalleiter vorstellt.
Das sieht Rhetoriker Peter Flume ganz
anders: „Um die Fakten geht es auf allen
Ebenen. Lediglich der Spezifizierungs-
grad ist unterschiedlich.“ Nach Flumes
Dafürhalten legen die Entscheider in gro-
ßen Konzernen in erster Linie Wert auf
die Fakten, der Sympathiefaktor rundet
den Gesamtauftritt lediglich ab.
Das Wichtigste, so meint der promovierte
Ethnologe Matthias Mohr ergänzend, ist
der Zeitfaktor. Sein Motto: kurz und kna-
ckig. Wer zu lange redet, verliert die Auf-
merksamkeit seines Gegenübers schnell
wieder. „Stellen Sie sich vor, Sie würden
die Fragen beantworten: Was ist an Ihnen
und Ihrer Idee anders als an den anderen?
Warum sind Sie der Beste?“ Wer diese
Fragen in seinem Vortrag beantworte,
habe gute Chancen auf eine positive
Rückmeldung.
Unterwürfig muss sich selbst vor dem
höchsten Vorstand keiner benehmen.
„Sprechen Sie mit Respekt, aber auf Au-
genhöhe“, rät Mohr, sonst werde man
nicht ernst genommen. „Versuchen Sie
zu vermitteln, warum Sie für das Thema
brennen“, sagt der Personalexperte.
Wer Emotion und Leidenschaft trans-
portiert, bleibt im Gedächtnis. Ein guter
Geschäftsmann müsse auch mit unan-
genehmen Fragen zurechtkommen. Hier
rät der 55-jährige Mohr zur Souveränität
und Lockerheit: „Wer die Antwort nicht
direkt parat hat, sollte dies unumwun-
den zugeben, man muss nun wirklich
nicht alles wissen.“ Aber, und auch hier
sind sich die Experten nicht ganz einig,
ein Vorstandstermin müsse unbedingt so
gründlich und sorgsam vorbereitet sein,
dass der Vortragende auf die wichtigsten
Fragen eine befriedigende Antwort wisse,
sagt zum Beispiel Trainer Leminsky.
Leonhard Fromm
Foto: Martin Barraud / Corbis
Vorstandsgremium.
Man erwartet, dass
alle Fragen sofort
beantwortet werden.