wirtschaft und weiterbildung 1/2016 - page 49

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wirtschaft + weiterbildung
01_2016
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Solchen gesammelten Herausforderungen
muss sich auch das Talent Management
stellen und hier insbesondere Software-
Lösungen einsetzen, die Mitarbeiter
und Führungskräfte gleichermaßen nut-
zen. An erster Stelle bedeutet das, dass
auf Ganzheitlichkeit Wert gelegt werden
sollte.
Im Recruiting gab es viel zu lang ge-
trennte Prozesse und Modelle, wurden
Recruiting, Führungskräfteentwicklung
und beispielsweise E-Learning aus alter
Gewohnheit immer nur separiert betrach-
tet. Doch getrennte Kompetenzmodelle
sind nicht mehr tragfähig. Es gilt statt-
dessen, sämtliche Felder überall, wo es
Sinn macht, miteinander zu verknüpfen
und auch die Märkte miteinzubeziehen.
Und eben exakt die Trends, wie sie die
Bamberger Studie genauestens darstellt:
Soziale Netze und die Prozesse der di-
gitalen Collaboration müssen in der
Talent-Management-Lösung ihren Platz
haben. Denn seitdem die klassische Aus-
schreibung sukzessive ausstirbt, muss
den Nachfolgern (Networking und Social
Collaboration) schlicht mehr Bedeutung
zugemessen werden.
Diese bereits vollzogene Digitalisierung
der Talentprozesse führt zu einem weite-
ren wesentlichen Trend, dem Einzug von
Denkmustern und Werkzeugen, die bis
dato eher personalfern waren, beispiels-
weise „Predictive Analytics“. In dem Mo-
ment, indem sich etwa ein Kandidat in
Foren von Xing oder Linkedin bewegt, be-
ginnt heutzutage bereits der Onboarding-
Prozess, wenngleich er noch gar kein Mit-
arbeiter ist.
Präferenzen, Kompetenzen und Historie
des zukünftigen High-Potentials lassen
sich bis ins Unternehmen verknüpfen,
Matching-Algorithmen steuern ihren Teil
dazu bei. Und dieser Prozess gilt auch
andersherum. Das bedeutet, „Predictive
Analytics“ sind entscheidende Elemente
des laufenden Talent-Managements ge-
worden, wenn der Mitarbeiter bereits
geraume Zeit angestellt ist. Dabei ist
maßgeblich, dass das Management die
richtige Analyse zum richtigen Zeitpunkt
treffen kann. In Zeiten des Fachkräfte-
mangels und des „War for Talents“ kann
es nicht sein, dass fähige Mitarbeiter das
Unternehmen verlassen, obwohl ihre Ab-
wanderung relativ leicht hätte verhindert
werden können.
„Predictive Analytics“ werden
Teil des Talent Managements
Durch ganzheitliche Talent-Management-
Lösungen mit Analytics-Fähigkeiten
bieten sich hier Arbeitgebern andere
Möglichkeiten. Wenn beispielsweise
ein Mitarbeiter mehrfach sein Profil auf
entsprechenden Internet-Plattformen
bearbeitet und vielleicht auch andere
Interaktionen vermehrt auftreten, dann
schlagen solche Lösungen aufgrund der
eingesetzten Logarithmen Alarm. An-
schließend kann der Vorgesetzte hoffent-
lich früh genug das Gespräch suchen, den
Mitarbeiter kompensatorischzufrieden-
stellen und – auch das ist wichtig – mit
ihm gemeinsam nach einer Lösung su-
chen, die ihn langfristig zufrieden an das
Unternehmen bindet. In diesem Kontext
ist es übrigens absurd, wenn sich Perso-
nalchefs selbst großer Unternehmen mit
dem Gedanken tragen, Mitarbeitern den
Besuch von eben solchen Seiten wie Xing
oder Linkedin zu verbieten oder den Ge-
brauch der Talent-Management-Software
allein der Personalabteilung zu gestatten.
Eine solche Rückständigkeit ist nur noch
dadurch zu überbieten, dass es weiterhin
Unternehmen gibt, die hoch qualifizierte
Entwickler gewissermaßen unter Aus-
schluss der Öffentlichkeit beschäftigen.
Ähnlich verhält es sich mit Weiterbil-
dungsmöglichkeiten. Nur dadurch, dass
man Mitarbeitern gegenüber vertrau-
ensvoll auftritt und sie die Möglichkeit
haben, sich auch im digitalen Raum frei
zu bewegen, erfährt man, wo sie der
Schuh drückt. Eine moderne Lösung für
das Talent Management erkennt Lücken
und weist just zum richtigen Zeitpunkt
darauf hin, dass Weiterbildungswün-
tor, der erschwerend hinzugekommen ist.
Auch haben sich im Zuge der Transforma-
tion die Rahmenbedingungen geändert:
„Digital Natives“, die selbstverständlich
von modernsten Arbeitsmitteln ausge-
hen. Mitarbeiter, gegenüber denen der
Personalchef einfach keine logische Er-
klärung mehr parat hält, wieso sie nicht
zwei Tage die Woche aus dem Home Of-
fice arbeiten können. Oder hoch spezia-
lisierte IT-Fachkräfte, die nahezu täglich
mit verlockenden Angeboten konfrontiert
werden.
„Nur wenn Mitarbeiter sich im digitalen Raum frei
bewegen dürfen, erfährt man, wo der Schuh drückt.“
Foto: KTSDESIGN/Science Photo Library / Corbis
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