wirtschaft + weiterbildung
01_2016
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Vogelperspektive.
Größe darf den Dialog
nicht verhindern. Bei
der Eröffnungsrede
konnten die Teilneh-
mer via Twitter „mit-
diskutieren“.
Besonders intensiv wurde in den „Lear-
ning Cafés“ gearbeitet, die unter einem
bestimmten Thema standen zu denen
sich 20 bis 50 Teilnehmer versammelten.
Ein Experte hielt einen fünfminütigen
Impulsvortrag und forderte dann zum Er-
fahrungsaustausch auf. Außerdem sollten
die Teilnehmer, die in Kleingruppen um
runde Tische saßen, mit zwei Modera-
toren Lösungsvorschläge zu Problemen
erarbeiten.
Gedenkfeier für Jay Cross
In einem Learning Café ging es zum
Beispiel um die Frage, welche Voraus-
setzungen erfüllt sein müssen, damit
selbstgesteuertes Lernen klappt. Gesam-
melt wurden folgende Ideen: „Suche
kompetente Menschen für dein Social
Network. Nimm teil an einer Community
of Practice. Work out loud – teile deine
Lernfortschritte mit anderen. Suche konti-
nuierlich neue, gerade noch bewältigbare
Herausforderungen. Bitte Profis um Feed-
back. Beobachte genau und reflektiere,
ob die Art, wie du lernst, dich deinen
Lernzielen näherbringt. Lerne Informati-
onsmüll auszusortieren.“
Die pädagogische Theorie hinter dem
Format „Learning Café“ steht in dem
Buch „Real Learning“, das von Jay Cross,
dem Vordenker des informellen Lernens,
stammt. Cross, der in der Vergangenheit
regelmäßig zur Online Educa kam, war
im November 2015 in seiner Heimat in
Kalifornien verstorben. In Berlin war er in
diesem Jahr dennoch allgegenwärtig. Für
ihn wurde unter anderem eine Gedenk-
feier abgehalten, auf der sich via Skype
prominente Lernexperten aus den USA
und Großbritannien an Cross und sein
Wirken erinnerten.
Um den Teilnehmern die Orientierung
zu erleichtern, hatten die Veranstalter in
eine App investiert. Sie umfasst derzeit
das Kongressprogramm und ermöglicht
es jedem, eine eigene Agenda zusam-
menzustellen und sich Notizen zu ma-
chen. Neben einer Teilnehmerliste bietet
die App auch verschiedene Networking-
Funktionen wie einen Activity-Stream
oder die Möglichkeit, dass sich die Teil-
nehmer direkt über die App untereinan-
der Nachrichten schicken. Auf der neuen
Webseite der Online Educa können Inter-
essierte jetzt noch viel detaillierter als frü-
her nach einer bestimmten Veranstaltung
suchen.
Filtermöglichkeiten sind die einzelnen
Konferenztage, eine Liste von 40 Key-
words (von „Artificial Intelligence“ über
„Skills“ bis hin zu „Workplace“) oder die
Veranstaltungsstränge (Business Educa,
Future Educa oder Video Educa). Ergänzt
werden die Filtermöglichkeiten um eine
Suchfunktion, die die verschiedenen
Formate durchkämmt: Applied Practice,
Discovery Demo, Discussion & Debate,
Learning Café, Boardroom, Panel Talk,
Plenary, Pre-Conference Workshop, So-
cial Event, Spotlight Stage, Tech Lab oder
Un-Conference.
Die Vielfalt der Themen erfordert von
den Teilnehmern eine sorgfältige Vor-
bereitung. Es macht Sinn, mit einem
konkreten Lernziel zur Online Educa zu
kommen – wenn man sich nicht treiben
lassen will. Außerdem sollte man sich im
Klaren sein, dass es auf dieser Veranstal-
tung nur wenige Formate gibt, auf denen
Experten gesichertes Wissen an „passive“
Zuhörer weitergeben und ihnen auch
noch konkrete Handlungsanweisungen
mit auf den Weg geben.
Man sollte netzwerkeln wollen
Zwar gibt es immer wieder Impulsrefe-
rate, aber der Sinn der Online-Educa be-
steht darin, dass sich Menschen, die sich
für ein bestimmtes Thema interessieren,
über Neuigkeiten austauschen, sich ken-
nenlernen und vernetzen. Dass dieses
Networking auf internationalem Niveau
stattfindet, macht diesen englischspra-
chigen Kongress umso interessanter.
Der Blick über den Tellerrand hinaus in
die Zukunft des technologiegestützten
Lernens wird in Deutschland sonst nir-
gendwo so intensiv geboten.
Gudrun Porath
Fotos: OEB 2015