wirtschaft + weiterbildung
01_2016
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Geschäftsführung lieb ist. Und eines darf
man ebenfalls nicht vergessen: Wer mo-
dernes Talent Management richtig ein-
setzt, steigert sowohl die Effizienz der
Mitarbeiter als auch deren Produktivität
gleichermaßen. Abwanderungsgedan-
ken treten offensichtlicher zutage und
noch schlummerndes Talent ebenso. Das
gilt auch für flexible Arbeitsmodelle. Ein
Mitarbeiter, der sich intensiv mit einem
bestimmten Postleitzahlenbereich be-
schäftigt, sucht sehr wahrscheinlich auch
dort einen Job. Und Mitarbeiter, die fort-
laufend gute Ideen in die Talent-Manage-
ment-Lösung einpflegen, sind vielleicht
in einem kreativeren Job besser aufgeho-
ben als in der mehr mit Standardprozes-
sen betrauten Abteilung.
Flexible Arbeitszeitmodelle
anbieten
Dabei geht es übrigens nicht darum, die
Guten zu belohnen und die Schlechten
auszusortieren, sondern alle Mitarbeiter
in der Gesamtheit besser werden zu las-
sen. Aus diesem Grunde sei es Unterneh-
men empfohlen, den Betriebsrat früh in
die Planung für ein Talent-Management-
System miteinzubeziehen. Denn die ne-
gativen Kausalketten, die beim Verzicht
einer solchen Software auftreten, sind
viel eklatanter.
Ein Beispiel: Ist das Talent Management
mit den übrigen betriebswirtschaftlichen
Prozessen eng verzahnt, treten Risiken
schneller ans Tageslicht. Schlägt die mit-
telfristige Einsatzplanung etwa bereits im
Frühjahr Alarm („Wir werden ab Herbst
2016 dringend Verfahrenstechniker mit
entsprechenden Skills benötigen!“), kann
der Verantwortliche über die mittels Ta-
lent Management gelieferten Informati-
onen sehr schnell in Aktion treten und
gegensteuern. Denn was wäre, wenn
diese Informationen nicht vorlägen? Die
bereits sehr geforderten Ingenieure dieses
Bereichs müssten noch mehr Überstun-
den leisten, die Unzufriedenheit in der
Abteilung wüchse weiter an. Kann das
der Wunsch des Betriebsrats sein? Sicher
nicht!
Eines darf man nicht vergessen: Ein un-
zufriedener Mitarbeiter, der das Unter-
nehmen verlässt, schadet ebenso viel wie
ein positiv gestimmter dem Betrieb nützt.
Und Personal, das mehr Transparenz und
Verantwortung bekommt – auch durch
den täglichen Umgang mit der Talent-
Management-Software – trägt massiv
dazu bei, die Außenwirkung des Unter-
nehmens weiter zu stärken. Die aktuelle
Kandidatenstudie „Bewerbungspraxis
2015“
igt etwa,
dass 85,9 Prozent der befragten Stellen-
suchenden und Karriereinteressierten am
liebsten bei einem Unternehmen arbeiten
würden, das flexible Arbeitszeitmodelle
anbietet.
Allerdings scheint das tatsächliche Ange-
bot flexibler Arbeitsformen in Deutsch-
land eher gering zu sein. So ist nur etwa
jeder zweite Teilnehmer an der Studie der
Ansicht, ausreichend viele Möglichkeiten
zur flexiblen Gestaltung seiner Arbeitszeit
zu haben, und lediglich 43,4 Prozent kön-
nen nach eigenen Angaben Arbeit von
zu Hause aus erledigen (Home Office).
Ferner geben über zwei Drittel der Stel-
lensuchenden und Karriereinteressierten
an, dass sie ein Jobangebot nur dann an-
nehmen würden, wenn der Arbeitgeber
flexible Arbeitszeiten ermöglicht. Etwa
jeder zweite Befragte würde ein Jobange-
bot ablehnen, wenn es in diesem Unter-
nehmen die Möglichkeit, von zu Hause
aus zu arbeiten, nicht gäbe.
„Wer Vertrauen hat, bleibt
länger“
Diese Zahl muss man sich auf der Zunge
zergehen lassen: Mehr als 60 Prozent der
ohnehin raren Leistungsträger verzichtet
auf eine finanziell vielleicht verheißungs-
volle Karriere, nur weil es nicht die Mög-
lichkeit des Home Office gibt. Das ist ein
weiteres Signal dafür, dass der Stellen-
markt längst ein Käufer- und schon lange
kein Verkäufermarkt mehr ist. Auf diesem
Markt gibt der Kandidat den Ton an.
Fazit: All diese Entwicklungen zeigen
deutlich, dass Unternehmen in ihr Talent
Management investieren sollten. Sie müs-
sen eine ganzheitliche Lösung implemen-
tieren und letztlich einsehen, dass nur ein
mit Vertrauen ausgestatteter Mitarbeiter
dem Unternehmen langfristig erhalten
bleibt.
Dr. Carsten Busch