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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2016
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ganisationsdesign ihres Unternehmens.
Die Mehrzahl der Befragten sind Füh-
rungskräfte, meist HR-Leiter und andere
HR-Mitarbeiter sowie Geschäftsführer. Als
Branche gab die Mehrzahl Dienstleistung,
Handel, Automotive und IT an.
Die Studienautoren befragten die Teilneh-
mer zunächst zum Status quo in ihrem
Unternehmen: Erleben sie die Arbeit dort
eher als (fremd-)gesteuert, also etwa
durch Vorgesetzte vorgegeben, oder als
eher selbstorganisiert? Entgegen der Hy-
pothese der Studienautoren zeigte sich:
Eine Mehrheit der Befragten (77 Prozent)
gibt an, heute schon in einem Unterneh-
men zu arbeiten, das sie als eher selbst-
gesteuert wahrnehmen. Nur eine Minder-
heit von 23 Prozent ordnet ihr Unterneh-
men in die Kategorie „eher gesteuert“ ein.
Ebenso eindeutig fällt die Frage danach
aus, welche Rolle Mitarbeiter im Unter-
nehmen aktuell einnehmen: Setzen sie
nur das um, was ihnen top-down vorge-
geben wird, oder haben sie Gestaltungs-
spielraum bei ihrer Arbeit? In mehr als
zwei Drittel der Unternehmen haben die
Mitarbeiter demnach heute schon eine
Gestalter-Rolle inne – das heißt laut Defi-
nition der Studienautoren die Rolle eines
„Intrapreneurs, der mit hoher Eigenver-
antwortung den Erfolg des Unternehmens
vorantreibt“. Nur in einem knappen Drit-
tel (31 Prozent) der Unternehmen sehen
die Befragten die Mitarbeiter in einer Um-
setzer-Rolle – also als Mitarbeiter, denen
genaue Handlungsanweisungen zur Um-
setzung gegeben werden.
Anhand dieser Kriterien – selbst- ver-
sus fremdgesteuert, gestaltend versus
umsetzend – haben die Studienautoren
die Organisationen der Befragten in den
sogenannten „Haufe-Quadranten“ ein-
geordnet (siehe Abbildungen auf Seite
28). Hier zeigt sich in der Tat eine Ten-
denz in Richtung des Organisations
designs „agiles Netzwerk“, allerdings
mit einem Schwerpunkt Richtung Mitte
des Quadranten und einigen Ausreißern
in Richtung gesteuertes Unternehmen
und Mitarbeitern in der Rolle von Um-
setzern. Betrachtet man die Antworten
der Studienteilnehmer auf die Frage nach
der Zielausrichtung, die sie sich für die
Zukunft ihres Unternehmens wünschen,
verschiebt sich das Bild deutlich in Rich-
tung mehr Selbststeuerung und Gestalter-
tum der Mitarbeiter.
Kompetenzen zur Selbst-
organisation fehlen noch
Die Marschrichtung ist demnach für die
meisten Befragten eindeutig. Ob die ge-
wünschte Transformation in Richtung
agile Netzwerkorganisation sinnvoll für
die Unternehmen ist, müssen sie natür-
lich erst einmal selbst entscheiden – denn
obwohl das Organisationsdesign für viele
aus den befragten Branchen attraktiv zu
sein scheint, ist es nicht für jedes Unter-
nehmen und jeden Bereich die richtige
Lösung (siehe Interview auf Seite 29).
Dass die Transformation geschafft werden
kann, hängt aber jedenfalls stark vom
Wollen und den Kompetenzen der Mitar-
beiter ab – denn wenn diese es nie ler-
nen, Dinge selbst zu planen, durchzufüh-
ren und im Fall eines Scheiterns schnell
abzubrechen, wird es auch mit der selbst-
gesteuerten Organisation kaum klappen.
Hier zeichnen die Studienergebnisse ein
durchwachsenes Bild vom Status quo in
deutschen Unternehmen. Demnach fehlt
es vielen Mitarbeitern nämlich noch an
Eigenverantwortung – eine wichtige Vo
raussetzung für Selbststeuerung. So
geben nur 26 Prozent der Befragten an,
bei ihren Mitarbeitern heute schon genü-
gend Eigenverantwortung zu beobachten
– obgleich sich aber die meisten Mitar-
beiter (88 Prozent) wünschen, eigen-
verantwortlich Lösungen für schwierige
Aufgaben zu finden. Zudem übernehmen
demnach nur 28 Prozent der Mitarbeiter
Verantwortung für ihre Fehler.
Die Ergebnisse zeigen aber auch: Momen-
tan tun die Arbeitgeber noch wenig dafür,
die nötigen Bedingungen dafür zu schaf-
fen, dass ihre Mitarbeiter lernen, sich und
ihre Aufgaben besser zu steuern. So kön-
nen der Aussage, dass die Mitarbeiter in
ihrem Unternehmen viel Freiheit und Un-
abhängigkeit bei der Planung und Durch-
führung ihrer Arbeit haben, nur 27 Pro-
zent der Teilnehmer zustimmen. Und nur
22 Prozent können unterschreiben, dass
Mitarbeiter in ihrem Unternehmen ein
hohes Maß an Selbstbestimmung bezüg-
lich ihrer Arbeit haben, das heißt, dass sie
selber bestimmen, wie und wann sie ihre
Steuermann.
Laut Studie
sollen Mitarbeiter künftig
öfter als Unternehmens-
lenker ran. Dies erfordert
sturmfeste Kompetenzen.