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wirtschaft + weiterbildung
05_2016
nis, dass Trumps Aussagen in 76 Prozent
aller Fälle falsch sind.
Trump prügelt auf Personen
ein, nicht auf Ideen
Auch die „New York Times“ hat Trumps
Sprache im Detail untersucht. Experten
analysierten über Wochen alle öffentli-
chen Reden und Interviews von Trump.
Neben den bereits genannten Charakte-
ristika konnten die Autoren der „Times“
auch das anfangs zitierte „Personen-
Bashing“ als weitere Spezialität Trumps
identifizieren: Er attackiert demnach viel
häufiger Personen als Ideen oder Situati-
onen. Seine politischen Gegner bezeich-
net er dazu am liebsten als „dumm“ (die
Times-Autoren zählten mehr als 30 Nen-
nungen), „schrecklich“ (14 Nennungen)
oder – wie in der symptomatischen Ein-
gangsszene – als „schwach“ (13 Nen-
nungen). So habe Trump etwa seinen
Republikaner-Kontrahenten Jeb Bush
mehrmals als „energielos“ beleidigt. Mit
Bushs inhaltlichen Vorschlägen habe er
sich hingegen kaum auseinandergesetzt,
schreibt die „New York Times“.
Diese Personenfixierung scheint auch Teil
von Trumps eigenem Selbstverständnis
zu sein – man denke nur an die Trump
Towers und andere Orte und Produkte,
die seinen Namen tragen. Inzwischen soll
er sein Geld mit dem Verkauf seiner Na-
mensrechte verdienen. „Er ist damit reich
geworden, sein Ego zu vermarkten“, sagt
Biograf D‘Antonio in der „Zeit“. Und der
Personenkult geht ihm zufolge noch wei-
ter: „Seine Familie spricht von ihm, als
seien sie Anhänger eines Kults.“
Dieser Kult scheint umso wichtiger zu
sein, als Trumps politische Inhalte dürf-
tig sind und sein Programm nirgends so
richtig reinpassen will. Das Programm
scheint er selbst zu sein. „Trump ist
Trump“, schreibt Veit Medick auf „Spie-
gel Online“. „Der 69-Jährige verdeutlicht,
wie zentral die Frage der Authentizität in
der Politik geworden ist. Dort, wo alte Lo-
yalitäten verschwinden, kommt es umso
mehr darauf an, dass Botschaft, Auftreten
und Persönlichkeit eines Politikers zuei-
nander passen“, argumentiert der Jour-
nalist. „Man kann Trump viel vorwerfen,
nicht aber, dass er sich verbiegt, um ins
Weiße Haus zu kommen.“
Dieses Image Trumps könnte erklären,
warum viele US-Amerikaner einen Prä-
sidentschaftsbewerber unterstützen, der
Minderheiten bepöbelt und – glaubt man
der in der „Zeit“ genannten Studie – meist
lügt. Dass Trumps laxer Umgang mit der
Wahrheit die Wähler nicht stört, erklärt
sich die „Zeit“-Autorin Kerstin Kohlen-
berg so: Die Wähler glaubten schon lange
nicht mehr an die Wahrheiten von Me-
dien und Wissenschaft. „Sie glauben nur
noch das, was sie fühlen. Und Trump ist
der Erste, der diese Gefühle auf die große
Bühne bringt und als Fakten präsentiert“,
so Kohlenberg. Trump sage die Wahrheit
– „ihre Wahrheit“.
Auch die Sprachanalyse, über die die
„Wirtschaftswoche“ berichtet, kommt
zum Schluss, dass Trump authentischer
und auch optimistischer rüberkomme als
etwa seine Kontrahentin Hillary Clinton.
Ein Pluspunkt für Trump ist dabei offen-
bar seine einfach Sprache: Er nutzt ein-
fache Satzkonstruktionen, die so wirken,
als habe er sie sich gerade erst ausge-
dacht, und dazu eine informelle Sprache,
die ihn so klingen lässt wie den netten
Typen von nebenan. Oft nutzt er etwa das
informelle Wort „guy“. Die Autoren der
„New York Times“ haben den Ausdruck
04.
...
persönlichen Attacken
, die
meist auf Menschen und
selten auf Ideen gerichtet sind.
05.
... einer
einfachen,
informellen
Sprache, mit der
er sich an die Massen richtet.
06.
... einer
energetischen, charis-
matischen
Art zu sprechen, die
auch mit
Humor
gespickt ist.
den Sinn dieses Musters. Motyl unter-
sucht die Sprache der aktuellen Präsident-
schaftsbewerber. „Trump spricht die Mas-
sen an und sorgt dafür, dass diese sich
stark fühlen: ‚Wir‘ müssen eine Mauer an
der mexikanischen Grenze bauen – nicht
‚ich‘, sondern ‚wir‘“, analysiert Motyl.
Neben „den Mexikanern“ und „den Mus-
limen“ hetzt Trump auch gern und oft
gegen den „Islamischen Staat“ (IS). In
diesem Kontext nutzt er ein weiteres Stil-
mittel: starke, oft Gewalt evozierende Bil-
der. In einem Werbespot spricht er etwa
davon, er werde den IS-Mitgliedern „die
Köpfe abhauen“ und sich „ihr Öl schnap-
pen“. Warum? „Solche Behauptungen
und Beschuldigungen lassen ihn erschei-
nen wie den Mann, der alle Ungemach
beseitigen kann“, erklärt US-Historiker
Michael Kazin von der Georgetown Uni-
versity Trumps Gewalt-Rhetorik in der
„Times“. Und Trumps Biograf Michael
D‘Antonio ergänzt in einem „Zeit“-Inter-
view: „Es gibt viele Millionen Wähler, die
sich anti-intellektuell einstufen und nicht
auf Experten hören wollen. Sie wollen
jemanden, der aus dem Bauch heraus
spricht, eine klare Linie vorgibt und das
dann beinhart durchzieht“, so D‘Antonio.
Trump als alleiniger Bezwinger des IS:
Auch Ausschmücken und Übertreiben ge-
hört zu seinem rhetorischen Einmaleins.
Eine Trump-Sprachanalyse, über die die
„Wirtschaftswoche“ berichtet, stützt dies.
Demnach liebt der Republikaner Adjek-
tive mit positiver Bedeutung – besonders
als Superlative: So bestand 1,7 Prozent
seiner Rede am „Super Tuesday“ aus
Wörtern wie „amazing“, „spectacular“
und „greatest“. Doch beim Übertreiben
allein belässt Trump es offenbar nicht:
Eine Studie, über die die „Zeit“ berichtet,
kommt gar zu dem erstaunlichen Ergeb-
R