wirtschaft + weiterbildung
05_2016
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Apartments zu verkaufen und wird also
„mit ihnen fertig“. Da kommt dann bei
den Wählern diese typisch amerikanische
Haltung ins Spiel – politische Kompetenz-
vermutung aufgrund wirtschaftlichen
Erfolgs: „If you can run a business, you
can run a state.“ In Europa würde das so
nicht funktionieren.
Wenn Trumps Auftritte einen roten Faden
haben, liegt es nahe zu fragen, ob man
dieses „Rambling“ auch lernen oder
trainieren kann? Wissen Sie, ob es in
den USA vielleicht sogar eine
„Kaderschmiede“ für diese besondere
Art der Rhetorik gibt?
Laschkolnig:
Nein, solche Trainings oder
„Kaderschmieden“, wie Sie sagen, kenne
ich nicht. Und die Art von Trump ist auch
sehr speziell; bei einem anderen Politi-
ker oder Redner würde das vielleicht gar
nicht so funktionieren. Man sollte aber
bedenken, dass die geschliffene Rede in
der US-Kultur fest verankert ist. Da spie-
len die Kirchen auch eine große Rolle.
Wie das?
Laschkolnig:
In den USA kann jeder, der
sich berufen fühlt, eine Kirche gründen.
Als Gradmesser für den Erfolg zählt nur
die Anzahl der Mitglieder dieser Gemein-
schaft. Und damit viele Leute in die Got-
tesdienste kommen, braucht es einen
wortgewaltigen Prediger – also gibt es
dort ein großes Spielfeld, auf dem sich po-
tenzielle Flüsterer der Massen austoben
und üben können. Je nach Kirche und
Gemeinde hat das auch durchaus viel
mit einer aggressiven Show zu tun. Ein
ähnliches Feld hat Trump natürlich eben-
falls schon mit seiner TV-Show „The Ap-
prentice“ („Der Lehrling“ oder „Der Be-
werber“) beackert. Mit seiner Punchline
„You’re fired“ hat er da manche berufli-
che Laufbahn im Keim erstickt – daher
drängt sich stark der Vergleich mit Dieter
Bohlen und der Sendung „Deutschland
sucht den Superstar“ auf.
Wie stellen Sie sich denn als GSA, als
Berufsverband professioneller Redner,
zu Trumps rhetorischen Kapriolen? Und
haben Sie Einblicke, welche Position Ihr
Schwesterverband in den USA, die
National Speakers Association (NSA),
dazu einnimmt?
Laschkolnig:
Auf der letzten NSA Con-
vention im Juli 2015 war das Thema noch
nicht präsent, aber aktuell nehme ich ein-
fach an, dass die amerikanischen Spea-
ker-Kollegen da genauso gespalten sind
wie das ganze Land, denn auch unter
ihnen gibt es Demokraten und Republika-
ner mit Geschmacksnerven, die entweder
der Trump‘schen Art und Weise etwas
abgewinnen können oder eben nicht. Au-
ßerdem sind wir als GSA und auch die
NSA als Berufsverbände ja eher unpoli-
tisch.
Vom ethischen Anspruch her allerdings
und vom „Spirit“ der NSA sowie auch der
GSA sollte man, Geschmack hin oder her,
sich fragen, was so eine Rhetorik bringt
und für welche Politik sie gleichzeitig
steht. Unser GSA-Spirit ist der eines Mit-
einanders, des Teilens, des Sich-gegensei-
tig-stärker-Machens. Trump aber steht für
Exklusion, für ultra-territoriales Denken,
für Verachtung und eine Kultur der Angst.
Und das kann weder die GSA noch die
NSA gut finden oder gar unterstützen,
wenn sie jeweils ihren Code of Ethics
ernst nimmt.
Was denken Sie: Gibt es in Deutschland
einen vergleichbaren Redner in der
politischen Landschaft oder
vergleichbare Tendenzen?
Laschkolnig:
Das ist ja eine schöne Frage
für einen Österreicher! Ich schaue nach
Deutschland, und was ich dann von
außen so sehe, macht mich schon nach-
denklich. Ich denke da vor allem an die
politische Partei „Alternative für Deutsch-
land“ (AfD), die in eine ähnliche Kerbe
haut.
Polarisierung und Feindbilder sind da die
Stichworte. Mit den Ängsten der Men-
schen spielen und sich volkstümlich
geben, das ist eine Politik der Nebelkano-
nen – nach dem Motto: Welcher Wähler
schaut schon ins Parteiprogramm. Dort
wird dann in sehr geschliffenen Worten
das wahre Gesicht abgebildet. Da würde
sich nach der Lektüre dann vielleicht nur
noch die Hälfte derer wiederfinden, die
der AfD ihre Stimme geben. In der Poli-
tik ist die Bedeutung des gesprochenen
Wortes und der Live-Auftritte sehr groß.
Diese Bedeutung darf nicht unterschätzt
werden.
Interview: Dr. Petra Folkersma