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wirtschaft + weiterbildung
05_2016
titelthema
Donald Trump hat das „Rambling“
scheinbar zur Kunstform erhoben.
Erkennen Sie eine Strategie dahinter?
Martin Laschkolnig:
Ich sehe auf jeden
Fall eine Inszenierung. Die Stärke dieser
Inszenierung liegt darin, dass sie so deut-
lich von Authentizität geprägt ist. Trump
bleibt auf den Bühnen und im Fernsehen
er selbst. Er unterfüttert das, was er sagt,
mit seiner Persönlichkeit, und das hat zur
Folge, dass man ihm glaubt. Natürlich
ist diese Taktik bei den (sagen wir mal
simplen) Inhalten, die er transportiert,
erfolglos bei den intellektuellen Zielgrup-
pen. Aber da, wo er landen will, landet er
auch und verankert seine Botschaft auf
einem emotionalen Weg.
Wie schafft er es dann?
Laschkolnig:
Das schafft er, indem er ei-
nerseits stark auf Feindbilder setzt und
die Ängste vieler Menschen ausspricht.
Mexikaner, Muslime, Chinesen – alle wol-
len dem glorreichen Amerika am Zeug
flicken und nehmen den Wählern die
Arbeitsplätze weg oder tragen Terror in
die sonst ach so friedlichen USA. In dem
Sinne sind Vergleiche mit McCarthy oder
sogar dem Hitler der 1930er-Jahre nicht
völlig daneben.
Sein spezieller Kniff ist aber anderer-
seits, dass er mit dem Ruf nach dem
„starken Mann“, der die Wähler vor den
Feindbildern beschützt, durch die Hin-
tertür kommt – anders, als das die eben
erwähnten Demagogen jemals getan
haben. Das macht er sehr geschickt: Er
schießt erst scharf gegen die eine oder
andere Gruppe, aber dann kommt er mit
Beispielen und Geschichten aus dem
Leben und plaudert quasi zwischendurch
ein bisschen aus dem Nähkästchen. Er
mäandert durch sein Thema, berührt
immer wieder den wunden Punkt und
das Feindbild, aber er verpackt das in
diese Alltags-Geschichten, die jeder ver-
steht und wiedererkennt – all das auch
in sehr einfacher Sprache. Stanley Fish,
ein sehr kluger Jura-Professor aus den
USA, vergleicht Trump in einem Artikel
mit de Montaigne, einem Autor aus dem
16. Jahrhundert, der in seinen Schriften
eine ähnliche Taktik fuhr und damals als
absoluter Regelbrecher galt.
Aber irgendwann spricht Trump auch
über sich …
Laschkolnig:
Erst, wenn die Botschaft
sozusagen beim Publikum richtig ein-
gesackt ist, bringt er sich ins Spiel: Alle
Politiker sind natürlich Luschen, aber er
weiß genau, wie’s geht – denn schließlich
schafft er es ja auch, den bösen Chinesen
Er schimpft, beleidigt und zieht syste-
matisch über Minderheiten und ethni-
sche oder religiöse Gruppen her. Donald
Trump nimmt kein Blatt vor den Mund
und erweckt den Eindruck, seinen Frust
über die Situation Amerikas in der Welt
ungestraft öffentlich „auskotzen“ zu kön-
nen. Dabei hat er auf den ersten Blick
einen ähnlich komplexen Satzbau wie ein
Drittklässler und kommt bei seinen Auf-
tritten oft völlig unvorbereitet rüber. Auf
den zweiten Blick hat dieser Wahnsinn
doch Methode – weil er so erfolgreich
ist: Trumps Zielgruppe frisst ihm aus der
Hand.
Seit dem Jahr 2015 (bis 2017) ist Lasch-
kolnik Präsident der German Speakers
Association. Der Österreicher interessiert
sich von Berufs wegen für das Thema
„Rhetorik“ und kennt auch den US-Spea-
ker-Markt persönlich.
„Dieter Bohlen lässt grüßen“
INTERVIEW.
Martin Laschkolnig, ein Management-Trainer, Keynote-Speaker und Chef des
Instituts für Potentialentwicklung in Linz, ist zur Zeit der Präsident der German Speakers
Association (GSA). Im Experteninterview mit „Wirtschaft + Weiterbildung“ analysiert er die
Rhetorik von Donald Trump.
Martin Laschkolnig.
Der Österreicher kennt das US-Speaker-Business
aus der Zeit, als der bekannte Autor und Redner Jack Canfield
(„Hühnersuppe für die Seele“) sein Mentor war.
Foto: www.potentialentwicklung.at