wirtschaft und weiterbildung 5/2016 - page 12

aktuell
12
wirtschaft + weiterbildung
05_2016
Foto: Achim Zimmermann
Dr. Achim Zimmermann
Sie kommt ganz harmlos daher, die Werbung in
einer E-Mail: Ein Trainer macht den Empfänger am
Ende des Texts auf ein bald stattfindendes Seminar
aufmerksam. Der Hinweis findet sich standardisiert
in allen Signaturen der versendeten E-Mails. Nur
dummerweise hatte der konkrete Empfänger nicht
um Informationen über das Seminar gebeten. Er hat
also die Werbung ohne Nachfrage erhalten.
Mit einem ähnlichen Problem hatte sich der Bun­
desgerichtshof (Aktenzeichen VI ZR 134/15)
kürzlich zu befassen. Dort hatte eine Versicherung
standardisierte E-Mails mit einer Werbung für einen
Unwetter-Warndienst und eine Wetter-App verse­
hen. Der Kläger hatte bei seinem Versicherer mit­
tels E-Mail nachgefragt, ob seine Kündigung einge­
gangen war. Das Unternehmen bestätigte zunächst
den Eingang der Nachricht automatisch. In dessen
E-Mail fand sich die Werbung für den Warndienst.
Bei einer Registrierung erhalte der Kunde bei einem
drohenden Unwetter eine kostenlose SMS auf das
Handy.
Nicht an dem Service interessiert, verschickte der
Kläger zwei E-Mails an den Versicherer. In diesen
teilte er mit, dass er die Werbung für den Dienst
nicht wolle. Dummerweise war das Mailsystem so
eingestellt, dass er wiederum dieselbe Eingangs-
Nachricht mit der Werbung erhielt.
Grundsätzlich ist es so: Jede Werbung, die per
E-Mail versendet wird, stellt ohne die vorherige aus­
drückliche Zustimmung des Empfängers eine soge­
nannte unzumutbare Belästigung dar. Der Einzelne
soll vor unverlangt per E-Mail übersandter Werbung
geschützt und somit seine Privatsphäre gewahrt
werden. Verstößt ein Unternehmen gegen diese Vor­
gabe, so ist darin eine Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Empfängers zu sehen.
Dadurch wird der Bereich der privaten Lebensfüh­
rung geschützt. Denn: Jedermann hat ein Recht
darauf, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu
werden. Daraus folgt also, dass der Einzelne seine
Privatsphäre vor der unerwünschten Einflussnahme
durch andere Personen freihalten kann.
Allerdings begrenzt der Bundesgerichtshof diese
Regel auf die Fälle, in denen eine Kontaktaufnahme
gegen den eindeutigen Willen des Empfängers
erfolgt. Ansonsten wäre die Freiheit des kommuni­
kativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt.
Werbung soll also grundsätzlich zulässig sein.
Dabei stellt sich die Frage, ob der bloße Hinweis
auf einen Warndienst für eigene Kunden überhaupt
Werbung darstellt. Das Gericht stellte hierzu fest,
dass unter diesem Begriff alle Äuße­
rungen eines Unternehmens zu verstehen
sind, die auf die Förderung des Absatzes
von Produkten oder Dienstleistungen
gerichtet sind. Hier bewirbt der Versicherer
seine Produkte mit dem Hinweis auf den kosten­
losen Warndienst. Dass der Service kostenlos ist,
spiele keine Rolle. Ebenso ist es belanglos, ob die
E-Mail lediglich als „Eingangsbestätigung“ versandt
wurde. Der Bundesgerichtshof weist in diesem
Zusammenhang auf einen wesentlichen Aspekt hin:
Wenn es zulässig wäre, bei individuellen E-Mails
Werbung „beizumischen“, dann würde diese Werbe­
art innerhalb kürzester Zeit um sich greifen.
Kolumne Recht
Vorsicht,
E-Mail-Werbung!
Dr. Achim Zimmermann ist mit rechtlichen Fragen rund um Training und Coaching in Theorie und Praxis vertraut: Er arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator.
Zudem führt er juristische Schulungen für Trainer und Coachs durch.
Ob der beworbene Service kostenlos
ist oder nicht, spielt keine Rolle.
Haben Sie Fragen zu rechtlichen Themen rund um Training und Coaching? Dann schicken Sie uns eine
E-Mail an
sgewählte Fragen beantwortet unser Kolumnist Achim Zimmer­
mann monatlich an dieser Stelle.
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...68
Powered by FlippingBook