wirtschaft und weiterbildung 5/2016 - page 15

wirtschaft + weiterbildung
05_2016
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ter aus dem Berufsbildungszentrum sind total begeistert, auf
was für Ideen diese Menschen kommen. Das ist wirklich eine
Bereicherung. Und noch etwas zum Thema Motivation: Die
Flüchtlinge können verschiedene Qualifikationen in kleinen
Teil-Schritten erlernen und erhalten dann zum Beispiel einen
Schweiß-Schein, einen Motorsägen-Schein oder einen Gabel-
stabler-Schein. Das sind manchmal die einzigen Dokumente,
die sie dann haben.
Welche interkulturellen Herausforderungen entstehen in der
Zusammenarbeit mit Flüchtlingen?
Brenner:
Weil wir bei der Auswahl gar nicht auf Sprache oder
Herkunft achten, sondern nur auf die Qualifikation und die Fä-
higkeiten, haben wir natürlich sehr heterogene Gruppen. Zehn
bis zwölf Flüchtlinge sind normalerweise in einer Gruppe – mit
ebenso vielen Ethnien. Und wir haben bis heute noch keine
Auseinandersetzung, Gewalt oder größeren Probleme gehabt!
Es gibt natürlich Streitigkeiten, allerdings lernen die Teilnehmer
in Gesellschaftslehre ja auch, wie wir in Deutschland leben,
wer welche Rechte und Pflichten hat und wie wir miteinander
umgehen. Da wird gekocht, getanzt oder eingekauft – auch mit
dem Einsatz von Ehrenamtlichen. Außerdem haben wir Sozi-
alpädagogen, die das Projekt begleiten und mögliche Konflikte
mit den Leuten besprechen. Es gilt aber auch: Wer nicht funk-
tioniert und mehrmals morgens nicht an der Baustelle oder
am Treffpunkt ist, der fliegt raus. Es kommt natürlich vor, aber
durch die Gruppenkonstellation ist natürlich auch die Grup-
pendynamik relativ hoch. Die passen schon aufeinander auf.
Die fordern auch gegenseitig Leistung ein.
Wie gestalten Sie den Übergang in weitere Arbeits-
verhältnisse?
Brenner:
Der erfolgt in ganz enger Kooperation mit dem Be-
rufsbildungszentrum. Wer ein halbes bis dreiviertel Jahr in der
Maßnahme war, hat oft das Niveau des ersten Lehrjahres er-
reicht. Das Berufsbildungszentrum macht dann nochmal eine
Potenzialanalyse und stellt drei artverwandte verschiedene Be-
rufe vor. Dann geht es in die spezielle Qualifikation für den
jeweils ausgesuchten Beruf. Wir haben zum Beispiel Kondi-
toren, Frisöre, Landschaftsbauer, Anstreicher, Maler, Lackierer.
Flüchtlinge, die sich da bewähren oder hervortun, vermittelt
das Berufsbildungszentrum zu Arbeitgebern. Die Kontakte zu
den Arbeitgebern laufen meist über die Handwerkskammern.
Die Betriebe haben dann die Möglichkeit, die Menschen ken-
nenzulernen und als Praktikanten zu nehmen. Wir haben jetzt
Flüchtlinge in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt.
Interview: Stefanie Hornung
Tipp.
Auf der Messe „Personal 2016 Süd“ in Stuttgart am Diens-
tag, 10. Mai, berichtet Katrin Brenner über das Projekt der Stadt
Iserlohn. Sie spricht zum Thema „Schnittstelle Kommune: Wie
Flüchtlinge im ersten Arbeitsmarkt durchstarten“.
Vorbilder.
Ein-Euro-Jobber werden
nach einer Zeit der Bewährung im
Iserlohner Berufsbildungszentrum
in Sachen Innenausbau weiterge-
bildet. Ein Interview mit dem WDR
bot da eine kleine Ablenkung.
Katrin Brenner.
Die Erste Beigeordnete der
Stadt Iserlohn und Ressortleiterin Gene-
rationen und Bildung begleitet Flüchtlinge
auf dem Weg in den „ersten Arbeitsmarkt“.
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