wirtschaft und weiterbildung 5/2016 - page 33

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wirtschaft + weiterbildung
05_2016
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Keynote-Speaker.
Seit Jahren tritt
Prof. Dr. Werner
Sauter für moderne
Formen der Kompe-
tenzentwicklung ein
(hier auf der Messe
„Zukunft Personal
2014“).
dacht hat. Die Nachwuchskraft definiert
als Nächstes ihre Projektziele, plant ein-
zelne Lernmaßnahmen und trifft sich
einmal in der Woche mit ihrem selbst-
gewählten Lernpartner. Dabei werden
offene Fragen besprochen und über das
online veröffentlichte Lerntagebuch wird
das dort festgehaltene Erfahrungswis-
sen der gesamten Lerngruppe zugängig
gemacht. Die Gruppe ist aufgefordert,
dieses Erfahrungswissen zu kommentie-
ren und Denkanstöße zu geben. So un-
terstützt sich die Gruppe bei der Lösung
ihrer Praxisprobleme gegenseitig. Das
ist nicht mehr und nicht weniger als der
Sinn des „Social Learning“.
5.
Die Lernprozesse sind auf die jewei-
ligen Lerner fokussiert und basieren auf
selbstorganisierten Lernphasen. Alle vier
Wochen gibt es einen Workshop, bei dem
offene Fragen mit dem Lernbegleiter und
mit Experten erörtert werden. Die Ler-
ner sind primär selbst für den Lernerfolg
verantwortlich, die Lernprozesse finden
überwiegend in Netzwerken von Lern-
partnern, Lernbegleitern und Führungs-
kräften statt. Komplexe Problemlösungen
werden durch die Teilnehmer im Rahmen
der kollegialen Beratung, bei Bedarf aber
auch in der Kommunikation mit Experten
entwickelt.
6.
Im Laufe von sechs Monaten entwi-
ckelt jede Führungsnachwuchskraft ihre
Projektlösung und baut dabei die ge-
wünschten Kompetenzen auf. Dazu muss
sie sich auch neues Wissen aneignen –
aber nur in passgenauen „Häppchen“
und dann, wenn es wirklich „gebraucht“
wird und nicht auf Vorrat. Lernen wird
also auch durch modularisierte Web
Based Trainings (WBTs), bei Bedarf aber
auch durch weitere Lernangebote ermög-
licht. E-Learning wird zum Beispiel nur
in Form von Micro-Learning-Einheiten
angeboten.
Der Einzelne lernt so schnell oder lang-
sam, wie es seinem Lernstil entspricht.
Ein Förderprogramm bot seinen Mitglie-
dern rund 100 WBTs zur Auswahl an,
die alle sehr kurz und vor allem prob-
lembezogen waren (zum Beispiel: „Wie
plane ich ein Kritikgespräch in fünf
Schritten?“). Die Mini-WBTs wurden
nur bei Bedarf (also bei Wissenslücken)
in Anspruch genommen, um bestimmte
Probleme im Projekt zu lösen. Über diese
Art der Projektarbeit konnten die Lerner
Erfahrungen damit sammeln, sich selbst­
organisiert das nötige „Können“ anzu-
eignen. Es wurden tatsächlich erlebte
Führungsprobleme gelöst – frei nach
dem Motto: „Die Praxis ist der eigentliche
Lernort“.
7.
Nach sechs Monaten fand der „Ab-
schlussworkshop“ statt. Der Nachwuchs
traf auf alle beteiligten Vorgesetzten und
jeder Lerner präsentierte sein Projekt
und die von ihm (mit Unterstützung der
Gruppe) entwickelte Lösung. Die Vorge-
setzten bewerteten die Lösung unter dem
Aspekt der konkreten Verwertbarkeit und
leiteten davon den praktischen Erfolg der
Entwicklungsmaßnahme ab.
Aufgrund seiner jahrelangen Erfahrungen
sieht Sauter folgende methodische Ele-
mente des Lernarrangements als unbe-
dingt notwendig an:
Selbstorganisiertes Lernen.
Die Führungskräfte bearbeiten ihre
Lernthemen im eigenen Lerntempo ent-
sprechend ihres Vorwissens. Ort und Zeit-
punkt der Bearbeitung werden von jedem
Lerner selbstverantwortlich – in Abstim-
mung mit ihren Lernpartnern und evtl.
der jeweiligen Führungskraft – festgelegt.
Kein Pauken von Wissen.
Der formelle Lernprozess wird über Web
Based Trainings ermöglicht, die das syste-
matische und aktuelle Wissen bei Bedarf
zur Verfügung stellen. Jede Führungskraft
eignet sich über diese Lernprogramme im
Rahmen ihres jeweiligen Praxisprojekts
das Führungswissen, das sie für ihre Füh-
rungsaufgaben benötigt, sukzessive und
bedarfsgerecht an.
Strukturierungshilfen.
Die Führungskräfte treffen in den Work-
shops mit ihren Lernpartnern verbind-
liche Vereinbarungen für den nächsten
Selbstlernabschnitt in ihrem Praxispro-
jekt. Weiterhin treffen sie sich einmal
wöchentlich mit ihrem selbst gewählten
Lernpartner (real oder online) zu einem
Jour fixe, bei dem sie ihre Arbeitsergeb-
nisse austauschen. Sie optimieren ge-
meinsam ihre individuellen Lernprozesse.
Lerntandems.
Soziale Flankierung ist eine wesentliche
Voraussetzung für erfolgreiche Lernpro-
zesse. Eine besonders bewährte Form ist
der Zusammenschluss zweier Lernender
Foto: Porath
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