wirtschaft und weiterbildung 4/2016 - page 25

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wirtschaft + weiterbildung
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latilen, dynamischen, intransparenten
und komplexen Umfeld (Kienbaum,
2014/2015). Hier ist die Fähigkeit eines
Unternehmens, Veränderungen zu er-
kennen und sich flexibel anzupassen, ein
entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Führungskräfte sind wichtige Agilitäts-
agenten und müssen sich schnell an
veränderte Rahmenbedingungen anpas-
sen können. Das setzt voraus, dass ihre
Entwicklung nicht fremdgesteuert wird,
sondern man ihnen Verantwortung und
Steuerungsmöglichkeiten überträgt. Das
wird in Unternehmen durch den Ansatz
der selbst organisierten Entwicklung um-
gesetzt, in dem Führungskräfte eigene
Lernziele und -themen möglichst auto-
nom definieren und den Lernprozess ei-
geninitiativ gestalten. Die Erfolgsfaktoren
von selbst organisierter Entwicklung be-
stehen in der
• Vermittlung von Selbstlernkompetenz,
• Schaffung einer handlungs- und be-
darfsorientierten Lernarchitektur sowie
• Förderung von Kollaboration und Wis-
senstransfer zwischen den Lernenden.
Aufbau von Selbstlernkompetenz be-
deutet, dass Führungskräfte in die Lage
versetzt werden, ihre Lernbedürfnisse zu
identifizieren und zu decken. Es müssen
ihnen Techniken der Analyse des eigenen
Lernverhaltens sowie Kenntnisse über
Lernressourcen und -strategien vermit-
telt werden. Darüber hinaus benötigen
sie eine Möglichkeit zur Standortbestim-
mung durch regelmäßiges Feedback zu
ihrer Kompetenz und Entwicklung.
Eine Möglichkeit dazu ist der von Kien-
baum angebotene Kompetenzpass. Dabei
handelt es sich um ein modulares Kon-
zept, das von einer schriftlichen oder
App-basierten Reflexion des eigenen
Kompetenzerwerbs in Bezug auf selbst-
definierte Lernfelder bis hin zu einem IT-
gestützten Portfoliomanagement durch
HR reicht. Dabei werden alle formellen
und informellen Lernergebnisse in einem
persönlichen Kompetenzportfolio erfasst.
Die Messung der Lernergebnisse kann
etwa durch Selbstreflexion, 360°-Feed-
backs, Beurteilungen in Projekten sowie
Beobachtungen in Simulationen am Ar-
beitsplatz erfolgen. Weiterhin bieten
Mobile-Applikationen wie Impraise (Im-
praise B. V., 2015) die Möglichkeit, sich
kontinuierlich Feedback und Impulse für
die eigene Weiterentwicklung von Mitar-
beitern, Kollegen oder Vorgesetzten ein-
zuholen. Die Messung der Lernergebnisse
erlaubt neben der Standortbestimmung
auch die formale Anerkennung und posi-
tive Sanktionierung der informell erwor-
benen Kompetenzen in Form von Zertifi-
katen, Beurteilungen oder der Eröffnung
interner Karrierewege.
Selbst organisierte Entwicklung erfor-
dert weiterhin handlungs- und bedarfs-
orientierte Lernformen, die eine hohe
Anschlussfähigkeit an die tatsächlichen
beruflichen Herausforderungen der Füh-
rungskräfte haben. Dazu gehört neben
dem Training on the Job das Lernen in
herausfordernden unternehmensinter-
nen und -externen Praxisprojekten. Im
Ansatz des „Action Learning“ flankieren
kontinuierliche Feedback- und Reflexi-
onsprozesse die Arbeit in Praxisprojek-
ten. Action Learning wird von mehr als
der Hälfte der Führungskräfte selbst als
effektivste Maßnahme der Führungskräf-
teentwicklung verstanden (Executive De-
velopment Associates, 2014).
Entwicklungstrends
Daneben gibt es technologiegestützte
Lernarchitekturen: Trainings mit mobilen
Apps, Gamification, Weiterbildung und
Erfahrungsaustausch in sozialen Netz-
werken, Simulationen, Blended Learning
und virtuelle Klassenräume werden der-
zeit als besonders zukunftsfähig ange-
sehen, während unternehmensinterne
Wikis, Augmented Reality und Microblog-
ging in naher Zukunft noch eine eher un-
tergeordnete Rolle spielen werden (MMB,
2014). Blended Learning gilt derzeit als
die wichtigste Art der Führungskräfteent-
wicklung, weil sie Kosten- und Effizienz-
vorteile des E-Learnings mit den Vorteilen
des persönlichen Austauschs verknüpft
(Bonk & Graham, 2012; MMB, 2014).
Ein weiterer Erfolgsfaktor selbst organi-
sierter Entwicklung hat mit Vernetzung,
Wissensaustausch und -transfer zu tun.
Neben dem Raum für den informellen
Austausch mit Kollegen im Projekt- und
Arbeitsalltag gewinnen virtuelle Räume
an Bedeutung. Virtuelle Klassenzimmer
ermöglichen die Organisation von Lern-
gruppen und das gemeinsame Erarbeiten
komplexer Inhalte. In Chats und Foren
können Lernerfahrungen in Echtzeit ge-
teilt und beispielsweise Business Cases
besprochen werden; mittels Video- und
Audiokonferenzen können Konfliktge-
spräche geübt werden. Blogs und Wikis
eignen sich zur Bildung gemeinsamer
Wissenspools.
Doch sind Menschen hinreichend mo-
tiviert, sich aus sich heraus kontinuier-
lich weiterzuentwickeln? Tatsächlich hat
selbst organisiertes Lernen motivationale
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