personal- und organisationsentwicklung
26
wirtschaft + weiterbildung
04_2016
Vorteile: Die Autonomie der Lernen-
den wird gefördert und die intrinsische
Motivation steigt (Deci & Ryan, 2014).
Zudem haben die Lernenden das Lern-
ziel – kompetentes berufliches Handeln
– permanent unmittelbar vor Augen und
der Zuwachs an Handlungskompetenz ist
spürbar. Durch den Vergleich mit ande-
ren Führungskräften bei der Diskussion
im geschützten Trainingsrahmen wer-
den Entwicklungspotenziale unmittelbar
deutlich; durch den arbeitsprozessin
tegrierten Austausch mit Peers werden
tatsächliche Probleme direkt erkannt und
gelöst, ohne dass abstrakte Trainings
inhalte erst auf die Unternehmensrealität
übertragen werden müssen. Damit stellt
sich die bei traditionellen Entwicklungs-
maßnahmen häufig diskutierte Frage des
Praxistransfers der Lerninhalte gar nicht
erst. Beim selbst organisierten Lernen
wird der Arbeitsort zum Raum für Aus-
tausch, Lernen und Entwicklung. Lernen
des Einzelnen und organisationales Ler-
nen bilden eine Einheit und machen so
die Vision einer agilen, lernenden Organi-
sation greifbar und umsetzbar.
Transformationale Führung
Eine neue Generation, die Generation Y,
strömt in den Arbeitsmarkt und hat hohe
Erwartungen an die Qualität von Füh-
rung. Die Accenture-Studie 2012 Pulse
Check zeigt, dass bei den nach 1982 Ge-
borenen mangelnde Qualität von Führung
zu den Top-Fünf-Gründen für einen Ar-
beitgeberwechsel zählt (Accenture, 2012).
Die Gen Y lässt sich führen, allerdings
auf Augenhöhe. Hierarchische Führung
weicht kooperativ einbindenden Füh-
rungsstilen (Accenture, 2013). Führungs-
kräfte sollten künftig in der Lage sein,
sich ohne hierarchiegetragenen Respekt
und Macht qua Amt/Posten in Führungs-
rollen zu positionieren sowie Mitarbeiter
anzusprechen und zu begeistern. Sie wer-
den sich intensiver mit den Bedürfnissen
des Individuums auseinandersetzen und
gleichzeitig die individuellen Ziele und
Interessen zu einer gemeinsamen Vision
zusammenführen. Führungskräfteent-
wicklung sollte dementsprechend künftig
noch stärker auf transformationales Füh-
rungsverständnis im Sinne nachhaltiger
Motivation, Inspiration und Sinnvermitt-
lung ausgerichtet sein.
Traditionelle Führungskräfteentwicklung
setzt neben der Vermittlung von Metho-
denkompetenzen in erster Linie auf die
Kernkompetenz des transaktionalen
Führungsverständnisses, die Interakti-
onskompetenz – den Dreiklang aus Kom-
munikation, Kooperation und Konflikt.
Transformationale Führungsfähigkeit er-
fordert hingegen die Entwicklung persön-
licher Kompetenz. Dazu gehören unter
anderem bewusst gelebte Werte, Authen-
tizität und echte Emotionalität sowie die
Entwicklung und Kommunikation einer
kraftvollen Vision.
Moderne Führungstheorien, unter ihnen
die Ansätze zur transformationalen und
charismatischen Führung, sind längst Teil
der Curricula von Führungstrainings. Es
besteht allerdings ein Unterschied zwi-
schen dem Wissen, was transformatio-
nale Führung bedeutet, und der Fähigkeit,
transformational zu führen. Persönliche
Kompetenzen können nicht von außen
vermittelt werden. Sie sind vielmehr das
Ergebnis
• bewussten Erlebens und Auseinan-
dersetzens mit Schwierigkeiten und
Widersprüchen, wie es beim oben be-
schriebenen selbstorganisierten Lernen
gefördert wird, sowie
• einer kontinuierlichen Reflexion des
eigenen Führungsverständnisses und
-verhaltens im Kontext von Rolle und
Anforderungen.
Ein wichtiger Impulsgeber für diese Re-
flexion ist Feedback von außen. Quellen
dafür sind selbst initiierte Peer-Feedbacks,
etwa durch Feedback-Apps und -Plattfor-
men, formalisierte 360-Grad-Feedbacks,
Development Center oder andere Execu-
tive Assessments. Executive Assessments
zählen zu den wichtigsten Instrumenten
in der Führungskräfteentwicklung und
werden oft in Verbindung mit Coaching
eingesetzt (Executive Development Asso-
ciates, 2014). Die Reflexion des eigenen
Führungsverhaltens im Zusammenhang
mit externen Feedbacks wird von Coachs
und Führungskräften als häufigster Coa-
ching-Anlass genannt (Deutscher Bun-
desverband für Coaching, 2013).
Im Management-Coaching nehmen
Coach und Führungskraft zwei Perspek-
tiven ein: Zum einen betrachtet man die
Führungs- und Managementaufgabe und
ihre Herausforderungen im Kontext der
Organisation, zum anderen die Person
der Führungskraft mit ihren Persönlich-
keitseigenschaften und Werten, ihrer Mo-
tivation und ihren Handlungs- und Denk-
weisen. Auf diese Weise können mögliche
Rollen- und Wertekonflikte erkannt und
aufgelöst werden.
R
Prof. Dr. Hugo M.
Kehr
leitet den Lehr-
stuhl für Psycho-
logie an der TU
München. Zuvor hatte er
den Lehrstuhl für Management an der
MGSM in Sydney inne.
Technische Universität München
Tel. 089 28924201
AUTOR
Dr. Maika
Rawolle
ist Senior-Consul-
tant bei der Kien-
baum Manage-
ment Consultants GmbH. Zuvor arbei-
tete sie als Beraterin und Trainerin bei
der Kehr Management GmbH.
KienbaumManagement Consultants
Tel. 0172 2627111
AUTORIN
Dr. Matthias
Strasser
ist Wissenschaft-
licher Mitarbei-
ter am Lehrstuhl
für Psychologie an der TU München.
Zuvor war er als Coach, Trainer und
Karriereberater tätig.
Technische Universität München
Tel. 089 28924323
AUTOR