wirtschaft und weiterbildung 4/2016 - page 31

R
wirtschaft + weiterbildung
04_2016
31
Teilnehmer konnten dort die innovativen
Werkzeuge des Unternehmens im wahrs-
ten Sinne des Wortes begreifen: An einer
Wand hingen Sägen, Hämmer und Nägel,
darunter verschiedene Materialien zum
Bauen von Prototypen; in einer großen
roten Plastikkiste lagen Legosteine zum
Visualisieren von Ideen. Anhand von
Übungen sollten die Besucher dort im
zweiten Schritt auch verstehen, welche
Geisteshaltung hinter dem sogenannten
„Moonshot Thinking“ bei Google steht:
Dafür bat der Leiter der Google Garage,
Frederik G. Pferdt, die Teilnehmer, sich
Lösungen für bislang unlösbare Probleme
in ihrem Arbeitsalltag zu überlegen. Der
Clou dabei: Ideen zu finden, ohne sich
dabei durch das vermeintlich Unmögliche
einzuschränken. Ein einfacher sprach-
licher Kniff half dabei: Man solle seine
Sätze nicht mit „Ja, aber“, sondern mit
„Ja, und“ beginnen, riet Pferdt. Durch
diese offene Haltung könnten innovative
Denkansätze entstehen.
Mehr über diese Geisteshaltung erfuhren
die HRler auch von anderen Referen-
ten, die die Denkweise auch als „Ten-X
Thinking“, also ein „Denken mal zehn“,
bezeichneten. Professor Alar Kolk, Prä-
sident der European Innovation Aca-
demy, beschrieb am ersten Seminartag
die Merkmale dieses Denkens so: Erstens
müsse man langfristig denken, zweitens
schnell in die Experimentierphase gehen
und drittens Daten nutzen, um den Pro-
jektfortschritt zu untermauern.
Kalifornien: Risikobereitschaft
seit Goldrausch?
Ganz risikolos ist das „Ten-X Thinking“
jedoch nicht. Doch die Teilnehmer lern-
ten schnell, dass das Scheitern so kon-
zipierter Projekte als feste Größe mit in
den Innovationsprozess einkalkuliert ist.
Diese Risikobereitschaft führte der Stan-
ford-Professor Keith Devlin, der ebenfalls
am ersten Tag des Seminars einen Vor-
trag hielt, auf die speziellen Umstände
im Silicon Valley zurück: So gebe es bei-
spielsweise viele gut ausgebildete Arbeit-
nehmer mit geringer Bindung zu ihrem
Arbeitgeber, die man schnell rekrutieren
könne. Zudem sei es Usus, dass auch ge-
scheiterte Gründer wieder zu ihrem alten
Arbeitgeber zurückkehren können – auch
wenn deren gescheitertes Start-up in di-
High-Tech-Innovationen.
Wie hier im Xerox-Forschungszentrum in Palo Alto stand bei der Silicon-Valley-Reise das Erleben im Vordergrund.
Überblick.
Welche Faktoren im Silicon Valley das Entstehen
von Innovationen begünstigen, hat Professor Keith Devlin
für die deutschen Besucher zusammengefasst.
· geografisch konzentriertes Gebiet mit aktivem Netzwerk
· hohe Dichte von High-Tech-Unternehmen
· finanz- und forschungsstarke Privat-Universität (Stanford)
mit enger Verbindung zur Praxis, die Spin-offs fördert
· zwei weitere Unis in der Nähe (Berkely, San José State Uni-
versity), dadurch viele gut qualifizierte Mitarbeiter
· risikofreundliche Kultur, in der Scheitern akzeptiert ist
· einfacher Zugang zu kostenlosen guten Ratschlägen und
Unterstützung beim Gründen
· viel finanzielle Unterstützung (Regierung, Privatinvestoren)
· flexible Arbeitnehmer mit geringer Arbeitgeberbindung
· Akzeptanz hängt nur von Fähigkeiten und Ideen ab
· hohe Lebensqualität, angenehmes Klima, tolerante Kultur
Innovationsfaktoren
1...,21,22,23,24,25,26,27,28,29,30 32,33,34,35,36,37,38,39,40,41,...68
Powered by FlippingBook