wirtschaft und weiterbildung 4/2016 - page 33

wirtschaft + weiterbildung
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Ein weiterer Lerneffekt dabei: Wer im Si-
licon Valley unterwegs ist, sollte immer
einen kurzen Elevator Pitch über sich
selbst und seinen Werdegang auf Lager
haben – denn oft ist hier die Frage zu
hören: „What’s your story?“ – also die
Frage danach, welche Geschichte man
zu erzählen hat. Wer etwas auf sich hält,
weiß also seine Zuhörer mit einer fesseln-
den Story für sich zu begeistern.
Die Kunst des US-Storytelling nimmt
dann auch Teilnehmer Joachim Vorndran,
Head of ECM & Collaboration Solutions
bei Eon Business Services, als wichtigs-
tes Souvenir von seiner Reise mit nach
Hause. Er habe gelernt, die Dinge „deut-
lich pointierter rüberzubringen und sim-
pler herunterzubrechen, um zu zeigen,
was man wirklich verändern will – und
die Stakeholder damit buchstäblich anzu-
stecken“. Ein weiteres Learning ergänzt
sein Eon-Kollege Holger Jung: Er nehme
vor allem die Geschwindigkeit mit, mit
der im Silicon Valley Innovationen voran-
getrieben werden.
Der Appell an den Geschwindigkeitssinn
der Teilnehmer hat offenbar seine Wir-
kung getan: Am Ende der drei Tage kann
so mancher Teilnehmer es kaum erwar-
ten, die neuen Ideen in Deutschland um-
zusetzen. Friederichs berichtet etwa zum
Abschluss, sie habe schon von den USA
aus angefangen, Maßnahmen zu Hause
in Deutschland umzusetzen. Unter ande-
rem seien diese Maßnahmen auch durch
die neuen Netzwerkkontakte während
der Reise entstanden.
Teilnehmer planen „deutsch-
kompatible Adaption“
Frank Straube, Professor für Logistik an
der TU Berlin und Referent bei der Lear-
ning Journey, mahnt zu Besonnenheit
beim Umsetzen des Gelernten. Denn
das Silicon-Valley-Prinzip lasse sich
nicht eins zu eins auf Deutschland über-
tragen. „In Deutschland haben wir uns
Sozialstandards hart erkämpft“, nennt
Straube einen Grund gegen die sofortige
Silicon-Valleyisierung der deutschen Ar-
beitswelt. Er verweist auf das Beispiel des
Fahrdienstvermittlers Uber, der mit kei-
nem seiner Fahrer einen Arbeitsvertrag
abschließe. Auch der Blick auf Devlins
Analyse der Silicon-Valley-Erfolgsfakto-
ren (siehe Kasten „Innovationsfaktoren“
in der App) lässt erahnen, dass viele Vor-
aussetzungen in Kalifornien ganz andere
sind – schon aufgrund der Gesetze.
Das Fazit der meisten Teilnehmer ist
daher auch eine „deutschkompatible Ad-
aption“ des Gelernten, wie es Teilnehmer
Vorndran beschreibt. Für Markus Durste-
witz, Head of Innovation and Tools bei
Airbus und Referent bei der Silicon-Val-
ley-Journey, ist es vorrangig der „Spirit“,
den er mitnimmt. Ihn hat vor allem die
erlebte Agilität beindruckt und die Art,
wie sich Unternehmen im Valley auf Ver-
änderungen einstellen.
Die Schritte eins und zwei der Lear-
ning Journey – das Erleben von Neuem
und das Verstehen der dahinterstehen-
den Prinzipien – haben offenbar schon
funktioniert. Nun ist es an den Teilneh-
mern, das Gelernte auf die eigene betrieb-
liche Wirklichkeit zu übertragen. Ob dies
gelingt? Wir werden es bald erfahren,
denn es ist bereits ein Folgetermin zu die-
ser Reise in Planung. Und auch die Teil-
nehmer tauschen sich schon rege aus –
ganz im Sinne des „Silicon-Valley-Spirits“.
Andrea Sattler
Das Silicon Valley in Zitaten
·
„An der Ostküste spricht man über Probleme – wir hier
sprechen über Gelegenheiten.“
Professor Martha Russell, Executive Director of Media X,
Stanford University
·
„Es gibt keine Fehler. Nichts zu gewinnen, nichts zur ver-
lieren. Sondern nur zu machen.“
Satz auf einem Schild im Eingangsbereich der D-School,
Stanford University
·
„Wer braucht’s? Wer macht’s? Wer bezahlt’s?“
Markus Durstewitz, Airbus, bei seiner Session über Innova-
tionen bei dem Flugzeughersteller
·
„Wenn man Klavierspielen lernen will, gibt es nur eins:
Klavier spielen.“
Professor Keith Devlin, Stanford University, bei seinem
Vortrag „The Silicon Valley Inspiration“
·
„Ich versuche, nie dieselbe Sache zweimal zu machen.
Heute Abend gehe ich mit meiner Familie essen. Ihr
O-Töne.
Was die typische Silicon-Valley-Denkweise ausmacht, zeigt sich auch in der Sprache der
Talbewohner. Die Redaktion hat einige einprägsame Zitate von der Reise mitgebracht.
könnt davon ausgehen, dass ich in dem Lokal noch nie
war und danach nie wieder dort hingehen werde – auch
wenn sie das beste Essen der ganzen Stadt haben.“
Frederik G. Pferdt, Leiter der Google Garage und Dozent
an der D-School, der Design-Thinking-Schule der Stanford
University
·
„What is your story?“
Frage, die gerne beim Kennenlernen zum Gesprächsbe-
ginn gestellt wird
·
„Alle Welt sieht das Silicon Valley als Ort großer Erfolge.
Hier wissen wir, dass es auch ein Ort sehr vieler Miss­
erfolge ist.“
Professor Keith Devlin, Stanford University, bei seinem
Vortrag „The Silicon Valley Inspiration“
·
„Netzwerken ist alles!“
in verschiedenen Variationen gehört rund um Netzwerk­
veranstaltungen
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