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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
RECHT
_RECRUITING
02/18 personalmagazin
U
m den Herausforderungen der Personalsuche ge-
recht zu werden, greifen Personalabteilungen immer
häufiger auf innovative digitale Methoden zurück
(lesen Sie ab Seite 10 mehr zum Einsatz digitaler
Tools in der Eignungsdiagnostik). So sammeln Unternehmen
aus Bewerbungsverfahren der Vergangenheit Profile, um sie in
digitalen Bewerberpools zu speichern und bei neuen Ausschrei-
bungen zu nutzen. Mit „Active Sourcing“ gehen Unternehmen
aktiv auf geeignete Bewerber zu, indem im Internet
hinterlegte personenbezogene Daten, die Nut-
zer dort teilen, für Zwecke des Recruiting
gesammelt und verarbeitet werden. Häu-
figer eingesetzt werden auch Matching-
Technologien, Programme also, die
Bewerber und Unternehmen auf der
Grundlage von eingegebenen Profilen
zusammenbringen – ähnlich einer
Online-Partnerschaftsvermittlung.
All diese Methoden werfen indes
speziell datenschutzrechtliche Fra-
gen auf. Das zum Mai 2018 in Kraft
tretende Bundesdatenschutzgesetz setzt
neue rechtliche Rahmenbedingungen, die
bei diesen Recruiting-Methoden beachtet wer-
den müssen. So ist es etwa zur Wahrung des Trans-
parenzgebots zwingend erforderlich, dass der Bewerber
weiß, dass seine Daten potenziell in einem Bewerberpool ver-
arbeitet werden. Erst wenn ihn das Unternehmen hierüber auf-
geklärt und er hierzu seine Einwilligung gegeben hat, können
Unternehmen die personenbezogenen Daten im Pool verarbei-
ten. Dauerhaft ist die Speicherung und Verarbeitung jedoch
nicht möglich – nur solange die Einwilligung besteht, können
Unternehmen über die Daten verfügen. Ein Widerruf der Auf-
nahme in den Pool ist jederzeit möglich. Auch muss das Unter-
nehmen regelmäßig prüfen, ob es zur Wahrung der Pflicht zur
Datenminimierung selbstständig die Daten löscht.
Auch Active Sourcing wirft datenschutzrechtliche Fragen
auf: Dürfen Unternehmen die personenbezogenen Daten auf
Von
Manteo Eisenlohr
Internetplattformen für Zwecke des Recruiting nutzen, nur
weil eine Person solche Daten im Internet teilt? Oder ist Vo-
raussetzung für die Verarbeitung dieser Daten, dass der Ein-
zelne diese gerade zum Zwecke der Rekrutierung im Internet
zugänglich gemacht hat? Muss das Unternehmen diese Person
informieren, wenn sie aktiv die Daten erfasst oder verarbeitet?
Hier sind noch Fragen ungeklärt, die die rechtliche Unsicher-
heiten des Active Sourcing offenbaren.
Und Matching-Technologien? Sie sind nicht deshalb per se
datenschutzrechtlich unbedenklich, weil der Bewerber mit der
freiwilligen Eingabe seiner Daten die Einwilligung
zu ihrer Verarbeitung gibt. Denn meist kennt
er nicht sämtliche Empfänger der Daten und
weiß nicht, wie lange und gegebenenfalls
zu welchen weiteren Zwecken der Emp-
fänger die Daten verarbeitet. Daher
müssen Matching-Programme ent-
sprechend umfangreiche Aufklärung
betreiben und sicherstellen, dass da-
tenschutzrechtliche Pflichten und In-
formationsansprüche erfüllt werden.
Auch außerhalb des Datenschutz-
rechts bestehen rechtliche Schran-
ken: Je nach betrieblicher Situation ist
eventuell der Betriebsrat bei der Nutzung
digitaler Recruiting Tools einzubeziehen. So-
weit betriebliche Regelungen zur Betriebsratsbe-
teiligung bei Stellenausschreibungen bestehen, kann die
Nutzung dieser Tools betriebsverfassungsrechtlich bedenklich
sein. Jedenfalls ist eine entsprechende Klärung unter Einbezie-
hung des Betriebsrats und die Schaffung von betriebsinternen
Verfahren erforderlich oder zumindest ratsam.
Bei digitalen Recruiting Tools ist also Vorsicht geboten. Nicht
in jedem Fall sind sie ohne rechtliche Bedenken zu nutzen.
KOLUMNE.
Gerne nutzt HR Bewerberpools oder Matching-Technologien, um das
Recruiting zu verbessern. Dabei sind jedoch auch rechtliche Vorgaben zu beachten.
Besser digital rekrutieren
DR. MANTEO EISENLOHR,
Rechtsanwalt und Part-
ner bei der Kanzlei Altenburg, äußert sich regelmäßig
an dieser Stelle zu den aktuellen Entwicklungen in
der digitalen Arbeitswelt.
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