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02/18 personalmagazin
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führten Studie zufolge (International
Travel: Risks and Reality) sorgen sich 80
Prozent aller Mitarbeiterinnen im Aus-
land um ihre Sicherheit. Die Konsequenz
für Firmen unter dem Aspekt von Diver-
sity ist es, unterschiedliche (individuali-
sierte) Risikoprofile und Risiko-Policies
zu gestalten, um den einzelnen Mitar-
beitertypen im Ausland gerecht werden
zu können.
Überbehütung der Expats schränkt
Bewegungsfreiheit ein
Die Sicherheitskonzepte der Unterneh-
men können sich inzwischen durchaus
sehen lassen. Laut einer Erhebung von
Control Risk und ISOS im Jahr 2017 hat
jede zweite Firma die Maßnahmen zur
Reisesicherheit verstärkt. Dazu gehören
etwa die Aktualisierung der Reiserisi-
korichtlinie, die Implementierung eines
Sicherheitstrainings und die Investiti-
on in Krisenkommunikationssysteme,
wozu beispielsweise auch Trackingtools
gehören, mit denen Expats geortet wer-
den können. „Fast schon könnte man
von einem Trend zur Überbehütung
von Expats sprechen“, so Entsendepro-
fi Dotou. „Die Herausforderung besteht
darin, Mitarbeiter im Ausland bestmög-
lich auf Risiken vorzubereiten, sie dabei
aber nicht durch überdimensioniertes
Tracking in ihrer Bewegungsfreiheit
einzuschränken oder sie gar zu verun-
sichern.“
Doch die Unsicherheit bleibt, und mit
ihr einher geht ein deutlich erhöhter
Arbeitsaufwand für Global-Mobility-Ab-
teilungen der international agierenden
Unternehmen. Für sie gilt es zum einen,
die für nahezu jedes Entsendeland ähn-
lichen Herausforderungen zu meistern,
zum Beispiel die Einhaltung der sich re-
gelmäßig ändernden gesetzlichen Rah-
menbedingungen. Zum anderen bringen
viele Entsendeländer zusätzlich ihre
eigenen speziellen Herausforderungen
mit sich. Zu nennen sind dabei etwa Sau-
di-Arabiens Einfluss auf Katar oder das
nordkoreanische Regime und dessen Ge-
fahren für den südostasiatischen Raum.
des Fachkräftemangels noch schwieri-
ger wird, geeignetes Personal für Aus-
landseinsätze zu finden. Denn immer
mehr Manager, Facharbeiter oder Ver-
triebsexperten scheuen vor kurz- und
mittelfristigen
Auslandsaufenthalten
zurück. Eine aktuelle Erhebung der Un-
ternehmensberatung Baumann zeigt,
dass sich mehr als jede fünfte Füh-
rungskraft weigern würde, für den Ar-
beitgeber in die Türkei oder die USA zu
gehen – Länder, mit denen Deutschland
überaus wichtige Handelsbeziehungen
pflegt. Hauptgründe für diese Zurück-
haltung sind etwa das unberechenbare
politische Klima und damit verbundene
eingeschränkte Rechte. „Personaler ste-
hen vor einer bisher nie thematisierten
Herausforderung. Während Deutsch-
land immer progressiver wird und bei-
spielsweise für die Gleichstellung von
Minderheiten wie etwa Homosexuellen
sorgt, gibt es in zahlreichen Ländern
einen gegenläufigen Trend“, sagt Omer
Dotou, Experte bei der auf Auslandsent-
sendungen und Auslandsversicherun-
gen spezialisierten BDAE Gruppe.
Kann man Managerinnen guten
Gewissens in die Türkei entsenden?
Das Thema Diversity spiele dabei eine
besonders große Rolle: „Kann ein Un-
ternehmen guten Gewissens eine Top-
Managerin in die Türkei entsenden, wo
Frauenrechte derzeit zu erodieren dro-
hen? Oder kann es ein Personaler ver-
antworten, einen homosexuellen Ingeni-
eur in Uganda einzusetzen, wo erst 2014
die Todesstrafe für Homosexualität in
lebenslange Haft umgewandelt wurde?
Und wäre es verantwortungsvoll einen
philippinischen Programmierer nach
Saudi-Arabien zu schicken, wo Asiaten
regelmäßig Opfer von Gewalttaten wer-
den?“, fragt Dotou.
Tatsächlich sind immer mehr Frauen
offen für Auslandsentsendungen sowie
Auslandsgeschäftsreisen und dement-
sprechend steigt (wenn auch nur lang-
sam) die Zahl der weiblichen Expats.
Einer von Ipsos bereits 2015 durchge-
Am häufigsten beschäftigen Personalab-
teilungen derzeit aber Entsendungen in
die USA, nach Großbritannien sowie in
die Türkei und umgekehrt.
Verschärfte Einreisebedingungen in
die USA sind absehbar
Für Auslandseinsätze in die USA ist
bereits jetzt absehbar, dass es zu einer
Verschärfung der Einreisebedingungen
kommt. „Wenn der Kongress zustimmt,
wird beim E-1- und E-2-Visum die Inves-
titionssumme erheblich steigen. Beim
H-1B-Visum zeichnen sich überdies
andere Gehaltsgrenzen ab. Die Visa-Ka-
tegorien für Business-Traveller stehen
ebenfalls auf der Überarbeitungsliste.
Und nicht zuletzt stellen wir verschärf-
te Kontrollen bei Betrieben fest, die
ausländische Arbeitnehmer mit dem
L-1-Intracompany-Transferee-Visum
beschäftigen“ sagt BDAE-Mann Dotou.
Die Folgen für Unternehmen wären
dann beispielsweise die Erhöhung von
Gehältern und eventuell auch Zulagen
für Expats sowie die Anpassung von
Rückkehrklauseln, wenn ein vorzeitiger
Abbruch der Entsendung – aus welchen
unvorhersehbaren Gründen auch im-
mer – notwendig sein sollte.
„Wir empfehlen außerdem, einen
vorvertraglichen
Vorbehaltshinweis
bezüglich der Aufenthalts- und Ar-
beitserlaubnis in den Entsendevertrag
zu integrieren“, so Dotou weiter. Der
In Uganda steht auf Ho-
mosexualität lebenslan-
ge Haft. Kann ein Perso-
naler es verantworten,
einen möglicherweise
schwulen Ingenieur
dorthin zu entsenden?
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