personalmagazin 9/2017 - page 42

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ORGANISATION
_PSYCHISCHE GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG
personalmagazin 09/17
Basis der Leitlinien ist das Verständnis der
psychischen Gefährdungsbeurteilung als
Kommunikationsprozess, dessen Erfolg auf
der Einbeziehung aller Verantwortlichen,
Interessengruppen und Multiplikatoren fußt.
Effektiv umgesetzt erlaubt die psychi-
sche Gefährdungsbeurteilung mit einem
fundierten Prozessmangement, dem Einsatz
valider Analyse-, Monitoring- & Controlling-
Tools die nachhaltige Optimierung aller
Interaktions-, Kommunikations-, Entwick-
lungsprozesse und -maßnahmen sowohl auf
Organisations-, Team- als auch Individual­
ebene. Die nachfolgenden Prinzipien
bilden in diesem Sinne den Rahmen für die
Vorgehensweise.
Maßnahmen dialogorientiert am Unter-
nehmenskontext ausrichten
Diagnostik und Intervention im Rahmen
einer GBpsych sollten sich stark am un-
ternehmensspezifischen Kontext und den
Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren und
unter Beteiligung der betroffenen Mitarbei-
tenden und externer Experten durchgeführt
werden. Das gilt sowohl für vorbereitende
Maßnahmen (Einführungsworkshops und
Informationsveranstaltungen, Zusammen-
setzung des Steuerungsgremiums und
entsprechenden Qualifizierungen) als auch
für die Festlegung von Tätigkeiten oder Be-
reichen und der Ableitung von Maßnahmen
bis hin zur Wirkungskontrolle.
Gemeinsame Verantwortung für eine
salutogene Organisationsentwicklung
Führungskräfte auf sämtlichen Hierarchie-
ebenen und Mitarbeitende sollten sich für
die gesundheitsfördernde Organisationsent-
wicklung gemeinsam verantwortlich fühlen.
Gerade die Führungskräfte spielen für den
nachhaltigen Erfolg einer GBpsych nicht
nur als unterstützender Multiplikator eine
zentrale Rolle. Die Umsetzung der abgelei-
teten Maßnahmen steht und fällt mit der
Akzeptanz und der aktiven Mitgestaltung
durch die Führungskräfte auf allen Ebenen.
Eine verbindliche und faire Aufgabenvertei-
lung, klare Priorisierung, eine realistische
Zeitplanung, eine rollenklare Zuweisung der
Verantwortlichkeiten und eine transparente
Kommunikation dieser Faktoren sind essen-
ziell für das Gelingen.
Abgestimmte Verfahren und
validierte Messungen
Für eine vertiefte GBpsych ist ein ite-
rativer und integrativer Analyseprozess
unter Beteiligung der Führungskräfte und
Mitarbeiter erforderlich. Hierzu müssen auf
Grundlage des einschlägigen Forschungs-
standes, Hypothesen zu den Ursache-
Wirkungsbeziehungen von Belastungen
und Beanspruchungen in den betreffenden
Arbeitsbereichen formuliert und mit Daten
geprüft werden, die aus möglichst unter-
schiedlichen Quellen stammen.
Daten zur Belastungs- und Beanspruchungs-
situation können mithilfe von Interviews,
Mitarbeiterbefragungen, Beobachtungen
oder Workshops neu gewonnen werden.
Auch bereits vorliegende Daten aus frühe-
ren Untersuchungen oder Prozessbeschrei-
bungen des Qualitätsmanagements können
gegebenenfalls genutzt werden.
Um Ursache-Wirkungszusammenhänge
aufzudecken und zuverlässige Schlussfol-
gerungen für zielführende Maßnahmen
zu ziehen, sollten die genutzten Verfahren
aufeinander abgestimmt sein. Sie sollten
sowohl wissenschaftlich validierte Mess-
instrumente als auch dialogorientierte
Methoden wie Workshops umfassen.
Eine Online-Erhebung, die beispielsweise
durch Papierfragebögen für Mitarbeiter
ohne PC-Zugang ergänzt wird, und die
qualitative Vertiefung dieser Analyse im
Rahmen von Fokusgruppen verlangen nach
einem fundierten zentralen Ansatz – aus
einer Hand. Auch alternative oder ergän-
zende Analyseworkshops müssen sich
nahtlos einfügen. Die Qualität der Analyse
und damit die Effizienz der Maßnahmen
steht und fällt letztendlich mit der validen
Salutogene Leitprinzipien helfen bei der Durchführung
Fünf gesundheitsförderliche Prinzipien helfen, die psychische Gefährungbeurteilung im Unternehmen
von Anfang an richtig einzuführen und dauerhaft von einem gesunden Arbeitsklima zu profitieren.
zentralen Zusammenführung der Ergebnisse
und ihrer Darstellung in aussagefähigen
und sprechenden Ergebnisberichten.
Berücksichtigung von verhaltens-
und verhältnisorientierten Aspekten
Die GBpsych und darauf basierende Ent-
wicklungskonzepte sollten ganzheitlich
angelegt sein, also systematisch gesund-
heitsrelevante Interaktionsmuster und die
sie verursachenden und aufrechterhalten-
den Faktoren in den Blick nehmen.
Dabei sollte zum einen die psychische
Arbeitsbelastung in den von der GDA
(Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstra-
tegie – eine Initiative von Bund, Ländern
und der gesetzlichen Unfallversicherung)
definierten Merkmalsbereichen Arbeitsauf-
gabe (zum Beispiel Ausmaß an Verant-
wortung), Arbeitsorganisation (Länge oder
Lage der Arbeitszeit), soziales Umfeld (zum
Beispiel Wertschätzung durch Vorgesetzte,
Kollegen, Kunden) und Arbeitsbedingungen
(wie etwa Klimabedingungen, ergonomi-
sche Gestaltung) abgebildet werden. Zum
anderen muss aber auch die persönliche
arbeitsbezogene Widerstandskraft der
einzelnen Mitarbeiter Berücksichtigung
finden. Zur Wirkungskontrolle bietet sich
neben Befragungen und der wiederholten
Durchführung einer GBpsych der Einsatz
entsprechender Monitoring- und Control-
lingtools als Pulsmesser für das Unterneh-
men und als Benchmarker in der Zeitraum-
betrachtung an.
Gesundheitsorientierung bei Personal-
auswahl und Stellenbesetzung
Verhältnis- und verhaltensorientierte Stra-
tegien sollten durch eine gesundheitsför-
derliche Personalauswahl beziehungsweise
Stellenbesetzung (Person-Environment-Fit)
zur Vermeidung gesundheitsgefährdender
Person-Arbeitsplatz-Konstellationen ergänzt
werden. Zudem sollte eine prospektive Ar-
beitsgestaltung bereits bei der Planung von
Arbeitssystemen genutzt werden.
ORIENTIERUNGSRAHMEN
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
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