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minimale Direktvergütung von 2008 bis
2011 bei 500.000 Euro (Commerzbank).
Am oberen Ende der Skala haben im Be-
trachtungszeitraum jedoch nur drei Vor-
standsvorsitzende eine Direktvergütung
von über zehn Millionen Euro bezogen
(VW, Deutsche Bank, SAP), wenngleich
insgesamt acht Mal.
Klarer wird das Bild, betrachtet man
die Verteilung der Werte zwischen dem
ersten und dritten Quartil. Hier liegen
die Direktvergütungen der Vorstand-
schefs von 15 der 30-Konzerne relativ
nah beieinander: Seit 2011 bewegte sich
die Direktvergütung zwischen 3,5 Mil-
lionen Euro und sieben Millionen Euro.
Die große Mehrheit der Unternehmen
gewährt ihren Vorstandsvorsitzenden
eine Direktvergütung von unter sechs
Millionen Euro, in den letzten sechs Jah-
ren waren dies im Durchschnitt rund 70
Prozent der Unternehmen.
Vorurteil drei: Vorstandsvorsitzende
haben ihr Gehalt sicher in der Tasche
Generell wird Top-Managern eine Kurz-
frist- wenn nicht gar Zockermentalität
unterstellt, die Volkswirtschaften ins
Straucheln bringen kann. Vor diesem
Hintergrund wurde im Juni 2009 das
Gesetz zur Angemessenheit der Vor-
standsvergütung (VorstAG) verabschie-
det. Es verpflichtet Unternehmen, die
langfristige variable Vorstandsvergü-
tung gegenüber dem Bonus stärker zu
gewichten und damit zu nachhaltigem
Wirtschaften zu motivieren.
In der Tat führte das Gesetz zu der
gewünschten Gewichtung – die Relati-
on von einjähriger zu mehrjähriger va-
riabler Vergütung hat sich mittlerweile
umgekehrt. 2006 waren 62 Prozent der
variablen Vergütung kurzfristig und 38
Prozent langfristiger Natur. 2016 waren
hingegen nur noch 37 Prozent kurzfris­
tig ausgestaltet und ganze 63 Prozent
langfristig.
Inzwischen machen die variablen Ver-
gütungskomponenten fast 75 Prozent
der durchschnittlichen Direktvergütung
eines Vorstandsvorsitzenden aus, wobei
die kurzfristige variable Vergütung, der
Bonus, jährlich ausbezahlt wird. Die
langfristige variable Vergütung wird zu-
nächst nur in Aussicht gestellt und erst
nach drei bis fünf Jahren fällig, wobei
sie bis dahin unter einem Performance-
Vorbehalt steht und im Misserfolgsfall
auch bei null liegen kann.
Ob jedoch Erfolg oder Misserfolg ein-
getreten sind und welche Auszahlungen
aus der mehrjährigen variablen Vergü-
tung tatsächlich resultierten, war über
viele Jahre unsichtbar. Erst die Muster-
tabellen des DCGK haben diesen Web-
fehler des HGB beseitigt, indem neben
der für das Geschäftsjahr in Aussicht ge-
stellten Vergütung („Gewährung“) auch
die für das Geschäftsjahr tatsächlich
realisierte Vergütung („Zufluss“) seit
2013/14 auszuweisen ist.
Es zeigt sich, dass die mehrjährige va-
riable Vergütung eben nicht sicher „in
der Tasche“ ist, sondern über die Jahre
hinweg deutlichen Schwankungen unter­
liegt. Während in den Geschäftsjahren
2013 und 2014 die Zuflüsse aus mehrjäh-
riger variabler Vergütung deutlich unter
den jeweiligen Gewährungen lagen, über-
stiegen sie die Gewährungen 2015 und
Die Grafik zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Vergütung der Dax-Vorstandsvor-
sitzenden, des Verbrauchpreisindexes sowie der Bruttobezüge je Arbeitnehmer. Für den
Index wurden die Bruttolöhne und -gehälter in jeweiligen Preisen verwendet.
QUELLE ZU VERBRAUCHERPREISINDEX UND BRUTTOBEZÜGEN: STATISTISCHES BUNDESAMT
GEHALTSENTWICKLUNG
Verbraucher-
preisindex
Bruttolöhne und
-gehälter/AN
durchschnittliche Direktvergütung
Vorstandsvorsitzender
2006
2007
140,00
130,00
120,00
110,00
100,00
90,00
80,00
70,00
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
INDEX
vertretern und teilweise politische Man-
datsträger. Dies sollte angesichts der
Kritik gerade aus Gewerkschafts- und
Politikkreisen nicht in Vergessenheit
geraten. Kritik an der Vorstandsvergü-
tung ist keineswegs verwerflich, doch sie
sollte Maß und Mitte nicht nur als pla-
kative Überschrift, sondern auch Fakten
zum Kern ihrer Aussage haben.
Fairerweise ist anzuführen, dass es in
Deutschland durchaus einen Vergütungs-
sprung gab. Dieser fand jedoch bereits
zwischen 1996 und Anfang der 2000er
Jahre statt, als aktienbasierte Vergü-
tungen aus den USA „importiert“ wurden.
Vorurteil zwei: Vorstandsvorsitzende
verdienen meist über zehn Millionen
Ausreißer fallen auf. Deshalb werden
Spitzenverdiener gern ins Licht gerückt
und zugleich als repräsentativ erklärt.
Doch die meisten Dax-Vorstandsvorsit-
zenden verdienen deutlich weniger. Die
Analyse der Direktvergütungen seit 2006
offenbart große Unterschiede. Die Diffe-
renz zwischen der niedrigsten und höchs-
ten Vergütung beträgt im Betrachtungs-
zeitraum im Schnitt elf Millionen Euro.
Regulatorisch bedingt lag etwa die
1...,37,38,39,40,41,42,43,44,45,46 48,49,50,51,52,53,54,55,56,57,...92
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