personalmagazin 9/2017 - page 44

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ORGANISATION
_PSYCHISCHE GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG
personalmagazin 09/17
Faktoren können dazu führen, dass sich
bei der Feststellung psychischer Belas­
tungen sowie bei der Entwicklung und
Umsetzung geeigneter Maßnahmen zu
deren Reduktion zu viele Mitarbeiter
und Führungskräfte nicht hinreichend
beteiligen.
Leitprinzipien für eine psychische
Gefährdungsbeurteilung
Es zeigt sich, dass die GBpsych einen
sehr bedeutenden Beitrag für ein nach-
haltig wirksames BGM leisten kann
und damit sowohl die Gesundheit der
Mitarbeiter als auch die Wettbewerbs-
fähigkeit von Unternehmen schützen,
beziehungsweise stärken kann.
Dies gilt allerdings nur, wenn der Pro-
zess von Anfang an professionell geplant
und durchgeführt wird. Die auf diesem
Weg zu lösenden Herausforderungen
sind dabei keineswegs trivial oder ein-
fach zu bewältigen.
Ein reines „Abarbeiten“ einer GBpsych
unter der Prämisse einer möglichst mi-
nimalistischen und kostengünstigen
Erfüllung der gesetzlichen Mindest-
forderungen birgt ein hohes Risiko für
diagnostische Fehlschlüsse, die Imple-
mentierung unwirksamer Interventions-
konzepte und in der Folge unter anderem
ein erhöhtes Risiko für kostenintensive
Gesundheitsbeeinträchtigungen und
Motivationsverluste aufseiten der Mitar-
beiter sowie Konflikteskalationen.
Einen Orientierungsrahmen und Un-
terstützung im Prozess der psychischen
Gefährdungsbeurteilung bieten gesund-
heitsförderliche (salutogene) Leitprin-
zipien (siehe Kasten Seite 42). Diese
Prinzipien stellen ein strategisches In-
vestment in gesunde, leistungsfähige
und motivierte Mitarbeitende und damit
letztlich auch in die Wettbewerbsfähig-
keit des eigenen Unternehmens dar.
Fazit und Aufruf: Psychische Gefähr-
dungsbeurteilung als Standard
Der Gesetzgeber hat mit der psychi-
schen Gefährdungsbeurteilung und da-
mit der Schaffung gesetzlicher Mindest-
standards einen wertvollen Handlauf
für alle zentralen Themen im Bereich
der Organisationsentwicklung und des
Personalmanagements geschaffen. Alle
aktuellen Statistiken belegen, wie es-
senziell dieser Schritt für unsere Volks-
wirtschaft und jedes einzelne Unter-
nehmen ist. Egal ob unter dem Aspekt
der Arbeitgeberattraktivität, mit Blick
auf die Krankheits- und Fehlzeiten oder
jedem anderen verantwortungsvollen
Blick auf unsere Unternehmen: nach-
haltige betriebswirtschaftliche Mehr-
werte und ebensolche Synergien sind
nicht nur aus Controllingsicht belegbar.
Wir sollten die psychische Gefährdungs-
beurteilung als Standard begreifen, für
den alle organisationalen Akteure eine
gemeinsame Verantwortung tragen –
ein Standard, den man auch über die ge-
setzlichen Mindestanforderungen hin-
aus sinnvoll, aktiv und gewinnbringend
für alle gestalten kann.
PROF. DR. CONNY H. ANTONI
ist Profes-
sor für Arbeits-, Betriebs- und Organisati-
onspsychologie der Universität Trier und
begleitet Youcom wissenschaftlich.
STEFAN EBERZ
ist stellvertretender Leiter
des Fortbildungsgebiets Führung und
Zusammenarbeit an der Hochschule der
Polizei Rheinland-Pfalz.
KARSTEN STEFFGEN
ist Geschäftsführer
der Firma Youcom einem Dienstleistungs-
system im Gesundheits-, Konflikt- und
Potenzialmanagement.
BJÖRN BÜCKS
leitet bei Youcom die
Bereiche Gesundheitsmanagement und
Arbeitspsychologie.
Eine psychische Gefährdungsbeurteilung ermöglicht den fundierten Einstieg in ein
professionelles Change Management zur Umsetzung gesundheitsförderlicher neuer
Strategien, Strukturen, Prozesse oder Verhaltensweisen.
Viele Veränderungsprojekte bleiben hinter den anfangs formulierten Erwartungen
zurück, weil die psychologischen Voraussetzungen nicht angemessen berücksichtigt
wurden. Widerstände können entstehen, wenn sich die Beschäftigten nicht ausreichend
in den Prozess einbezogen fühlen oder ihre Rolle innerhalb des Gesamtvorhabens un-
klar ist. Darüber hinaus führt jede Veränderungsmaßnahme im Betrieb zwangsläufig zu
einer veränderten Wahrnehmung von belastenden Faktoren innerhalb der betroffenen
Bereiche. Auch verdeckte Konflikte können die Umsetzung erschweren.
Die Aufgabe heißt, vorhandene Ängste und Vorbehalte aller Beteiligten bereits im
Vorfeld in den Blick zu nehmen und, falls möglich, zu reduzieren. Regelmäßig einge-
setzt kann die GBpsych wie ein vorsorgliches und begleitendes „Konfliktkostenradar“
wirksam werden. Hierdurch können in allen Phasen Schwierigkeiten frühzeitig erkannt
und im Sinne der Zielerreichung beeinflusst werden. Es kann im Prozess notwendig
sein, vorhandene Konflikte zwischen den betrieblichen Akteuren bereits im Rahmen der
Vorbereitung zumindest soweit zu bearbeiten, dass eine konstruktive Debatte über Ge-
sundheitsgefährdungen und Veränderungsmöglichkeiten überhaupt möglich wird. Durch
den strukturierten und systematischen Aufbau des GBpsych-Prozesses kann, neben der
Erfüllung gesetzlicher Erfordernisse, insbesondere auch die Erreichung von Teilzielen bei
Maßnahmen überprüft werden. Dies liefert im Zusammenhang mit einer konsequenten
Dokumentation auch wertvolle Unterstützung für spätere Veränderungsvorhaben.
Die GBpsych als Start zur Veränderung
CHANGE MANAGEMENT
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
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