personalmagazin 9/2017 - page 41

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laufende Projekte und kurzfristige be-
triebswirtschaftliche Ziele kollidieren
vermeintlich mit dem GBpsych-Projekt.
Nicht nur deshalb fehlt es daher vielfach
an einer systematischen Planung und
Umsetzung verschiedener Maßnahmen
auf unterschiedlichen Ebenen und einer
strategischen Verzahnung etwa im Rah-
men eines strategischen betrieblichen
Gesundheitsmanagements (BGM). An-
stelle von Synergieeffekten überwiegen
Risiken und Nebenwirkungen.
Beurteilung der Belastungen erfor-
dert fachübergreifendes Know-how
Viele Verantwortliche in Unternehmen
sind schlichtweg überfordert. Dafür gibt
es gute Gründe: Psychische Belastungen
entziehen sich einer einfachen Mess-
barkeit. Arbeitsbedingte Belastungen
treten meist zusammen mit anderen Be-
lastungen auf. Die Wechselwirkung die-
ser Belastungen, individueller und situ-
ativer Schutzfaktoren führen zu einem
sehr heterogenen Gesundheitsrisiko der
Mitarbeiter.
Allgemeingültige oder einfach zu in-
terpretierende Grenzwerte für einzelne
Belastungsfaktoren zu bestimmen, kann
daher sehr schwierig sein, insbesondere
auch deshalb, weil es sich bei den im
Rahmen einer GBpsych erfassten Belas­
tungen und Beanspruchungen in der
Regel umQuerschnittsdatenhandelt. Ein-
fache Ursache-Wirkungs-Beziehungen
gibt es selten. Eine „kochrezeptartige“
Datenerhebung und -interpretation und
eine darauf basierende Umsetzung von
Standardmaßnahmen verspricht kaum
Erfolg. Trotzdemmüssen die Akteure vor
Ort Kriterien festlegen, ab wann Hand-
lungsbedarf besteht.
Durch die komplexen Verknüpfungen
erfordern die Beurteilung der psychi-
schen Belastungen, die Interpretation
sowie die Maßnahmenentwicklung und
-umsetzung fachübergreifendes und
mehrperspektivisches Know-how. Der
umfassende Blick auf Arbeitsbedin-
gungen geht weit über den klassischen
und eher technisch verstandenen Ar-
beitsschutz hinaus. Gerade kleine und
mittlere Unternehmen verfügen in der
Regel nicht über die internen Ressour-
cen zur Umsetzung sowie arbeitspsy-
chologisches Wissen und Erfahrung.
Internes Know-how muss aufgebaut und
ausgewiesene Experten in den Prozess
eingebunden und bei Bedarf durch ex-
terne Experten ergänzt werden.
Jedes Verfahren, das im Rahmen einer
GBpsych typischerweise zum Einsatz
kommt, wie Mitarbeiterbefragung, Beo-
bachtungsinterview und Analysework-
shop, stellt spezifische Anforderungen,
die, wenn sie nicht beachtet werden, eine
Messung erheblich verfälschen können.
So ist bei einer Mitarbeiterbefragung zu
beachten, dass die gewonnene Stichpro-
be repräsentativ und die Auswertung
für sinnvolle Einheiten möglich ist, also
Beschäftigte mit möglichst ähnlichen
Tätigkeiten zusammengefasst werden,
um Aussagen über Belastungen und
Ressourcen einer Berufs-/Tätigkeits-
gruppe zu erhalten. Hierzu sollte geprüft
werden, inwieweit Beschäftigte in ihren
Urteilen übereinstimmen, wenn sie die-
selben oder weitgehend ähnliche Tätig-
keiten ausführen und ob verzerrende
Antworttendenzen erkennbar sind.
Bei Beobachtungen ist zu klären, ob
prototypische Belastungssituationen in
dem begrenzten Beobachtungszeitraum
1...,31,32,33,34,35,36,37,38,39,40 42,43,44,45,46,47,48,49,50,51,...92
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