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02/16 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
die Wirksamkeit einer Klageverzichtser-
klärung in einem schriftlichen Aufhe-
bungsvertrag. Jedenfalls dann, wenn
ein Arbeitnehmer einen solchen Aufhe-
bungsvertrag wegen einer widerrecht-
lichen Drohung anfechten will, kann sich
der Arbeitgeber nicht auf den Klagever-
zicht berufen. Diese Klausel ist dann
als unangemessene Benachteiligung im
Sinne des § 307 BGB unwirksam.
Urteil vom 12.3.2015, 6 AZR 82/14
Urlaubskürzung: Auslegungstheorien
kommen, Auslegungstheorien gehen
Dass sich das BAG in seinen Auffas-
sungen durchaus auch grundlegend
wandeln kann, zeigt ein Urteil aus dem
Mai 2015. Auch hier ging es um das
Thema Urlaub. Ein Arbeitgeber hatte
den Urlaubsabgeltungsanspruch einer
Mitarbeiterin gekürzt, da sie sich vor
der Beendigung des Arbeitsverhältnis-
ses in Elternzeit befunden hatte. Die
Begründung für die Kürzung entsprach
dem, was das Bundesarbeitsgericht
jahrzehntelang unter der Bezeichnung
„Surrogatstheorie“ vertreten hatte. Da-
nach wäre die Urlaubsabgeltung dann
anteilig zu kürzen, wenn auch die Ur-
laubsgewährung in natura zu kürzen
gewesen wäre. Leider half dem Arbeit-
geber sein Glaube an die Surrogatsthe-
orie nicht, denn die BAG-Richter wie-
sen höflich darauf hin, dass sie genau
diese Theorie mittlerweile vollständig
aufgegeben haben. Elegant hatten die
BAG-Richter im Übrigen damit noch
ein Problem umschifft: Die Klägerin
hatte zusätzlich eingewandt, dass eine
Urlaubskürzung während der Eltern-
zeit generell europarechtswidrig sei.
Auf diese Beurteilung, entschied das
BAG erkennbar froh, käme es im vorlie-
genden Fall nicht mehr an.
Urteil vom 19.5.2015, 9 AZR 725/13
Arbeitskampf: Die BAG-Richter als
Ersatzgesetzgeber im Streikrecht
Der arbeitsrechtliche Streik ist im
Grundgesetz verankert und hat somit
eine eindeutige gesetzliche Rechts-
grundlage. Welche Spielregeln bei ei-
nem Streik aber einzuhalten sind, das
wird weder durch das Grundgesetz, noch
durch ein ausführendes „Streikgesetz“
definiert. Von daher ist die Aufgabe des
Bundesarbeitsgerichts als „Ersatzge-
setzgeber“ in diesem Bereich besonders
ausgeprägt. Das gilt nicht nur für Streik-
fragen im engeren Sinne, also für Strei-
tigkeiten, die zwischen Gewerkschaften
und bestreikten Unternehmen über
die Rechtmäßigkeit der Arbeitskampf-
maßnahme zu schlichten sind. Auch
Ansprüche gegen Gewerkschaften von
drittbetroffenen Unternehmen werden
in letzter Instanz durch den 1. Senat des
BAG überprüft. In einem Urteil vom Au-
gust 2015 beschäftigt sich das BAG mit
der Frage, ob die von einem Streik der
Fluglotsen betroffenen Luftverkehrsge-
sellschaften gegen die streikführende
Gewerkschaft einen Schadensersatzan-
spruch wegen ausgefallener, verspäte-
ter oder umgeleiteter Flüge haben. Dies
wurde im Ergebnis abgelehnt, da sich
der Streik nicht direkt gegen die Luft-
verkehrsunternehmen selbst gerichtet
habe, sondern gegen den Flughafenbe-
treiber. Mittelbar von einem Streik be-
troffene Unternehmen haben nach die-
sem Grundsatzurteil keine Möglichkeit,
Auch zum arbeitsrechtlichen
Status von Zirkusartisten hatte
2015 das BAG entschieden.
© 2/ADRIAN PEACOCK/OCEAN/CORBIS
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