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02/16 personalmagazin
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RECHT
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URTEILSDIENST
CGZP: Rentenkasse darf Beiträge nachfordern
Bereits 2010 sprach das Bundesarbeits-
gericht (BAG) der Tarifgemeinschaft
Christlicher Gewerkschaften für Zeit-
arbeit und Personalserviceagentu-
ren (CGZP) die Tariffähigkeit ab: Die
gericht (BSG): Die Rentenversicherung
darf Sozialversicherungsbeiträge von
betroffenen
Zeitarbeitsunternehmen
nachfordern. Allerdings sind Entgelte
und Beiträge noch zu konkretisieren.
Spitzenorganisation der Gewerkschaf-
ten konnte keine wirksamen Tarifver-
träge als Ausnahme vom Equal-Treat-
ment-Grundsatz abschließen. In der
Folge entschied nun das Bundessozial-
URTEIL DES MONATS
Das BSG hat mit dieser Entscheidung die nächste wichtige Episode
der scheinbar unendlichen CGZP-Geschichte hinzugefügt. Es war die
erste Entscheidung der obersten deutschen Sozialrichter im Nach-
gang zum BAG-Beschluss, der den CGZP-Stein ins Rollen brachte.
Die BAG-Entscheidung war der Auslöser für die Deutsche Renten-
versicherung Bund bei über 3.000 Arbeitgebern für Zeiten vom 1.
Dezember 2005 bis 31. Dezember 2009 Beitragsnachforderungen
von insgesamt mehr als 220 Millionen Euro geltend zu machen.
Im konkreten Fall stellte das BSG zunächst fest, dass sich die Zeitar-
beitsunternehmen, die einen CGZP-Tarifvertrag angewandt haben,
grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz berufen können. Daher
bestehe wegen unwirksamer tariflicher Regelungen ein Anspruch
der Leiharbeitnehmer auf ein gleich hohes Arbeitsentgelt wie es
die Stammbeschäftigten des Entleihunternehmens erhalten. Und
eben danach richte sich auch die Beitragshöhe. Allerdings, so die
Begründung der Richter, ließe sich in dem Verfahren (noch) nicht
verfahrensfehlerfrei entscheiden, in welcher Höhe und für welche
Zeiträume genau Beiträge nachzuzahlen sind. Die Klage gegen die
Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe
von über 75.000 Euro muss also in der Tatsacheninstanz erneut
MINDERHEITSGESELLSCHAFTER
ZUSAMMENFASSUNG
Auch wenn Minderheitsgesellschafter einen
Stimmbindungsvertrag vereinbaren, drohen Versicherungspflicht
und Beitragsnachforderungen. Dies gilt dann, entschied nun das
BSG, wenn diese Vereinbarung, künftig nur noch einheitlich abzu-
stimmen, nicht in den Gesellschaftervertrag aufgenommen ist.
RELEVANZ
Als Folge einer BSG-Entscheidung („Schönwetterurteil“)
vereinbaren Minderheitsgesellschafter Stimmbindungsverträge,
um Gesellschafter-Beschlüsse oder nicht genehme Weisungen zu
verhindern. Diese Rechtsmacht vermeidet zudem die Beurteilung
als versicherungspflichtige Beschäftigte. Diesbezüglich entfaltete im
konkreten Fall der Stimmbindungsvertrag außerhalb des Gesell-
schaftsvertrags aber keine Wirkung – trotz notarieller Beglaubigung.
KARNEVAL ALS AUSREDE?
ZUSAMMENFASSUNG
Auch ein Fehlverhalten an Karneval kann den
Job kosten, wie nun ein Urteil des LAG Düsseldorf zeigt. Auf einer
betrieblichen Feier an Weiberfastnacht wollten zwei Närrinnen
einem Mitarbeiter die Krawatte kürzen. Daraufhin geriet dieser
angeblich in Panik. Als ihn dann noch ein als Clown verkleideter
Kollege bedrängte, wurde er handgreiflich und verletzte den Clown
schwer. Die daraufhin folgende fristlose Kündigung war rechtens.
RELEVANZ
Auch in der fünften Jahreszeit gelten die üblichen Maß­
stäbe für eine fristlose Kündigung. Auch 28 Jahre Betriebszuge-
hörigkeit halfen dem Sachbearbeiter nicht mehr. Sein Verweis auf
Schuldunfähigkeit aufgrund von Angstzuständen, ausgelöst durch die
mit Scheren bewaffneten Damen, ließen die Richter nicht gelten.
verhandelt werden. Zudem äußerte sich das BSG zur Verjährung:
Soweit die Rentenversicherung Beiträge über die üblichen vier Jahre
hinaus nacherhebt und sich dabei wegen vorsätzlicher Vorenthal-
tung auf 30-jährige Verjährungsfrist stützt, so bedarf es auch hier
genauerer Feststellungen – etwa zum Vorsatz der Verantwortlichen.
Das Bundessozialgericht entschied erstmals zu einem CGZP-Fall.
Quelle
BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az. B 12 R 11/14 R
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2015, Az. 13 Sa 957/15
Quelle
BSG, Urteil vom 11.11.2015, Az. B 12 KR 13/14 R
© JRG LANTELME - FOTOLIA
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