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PERSONALquarterly 04/16
SCHWERPUNKT
_VERANTWORTUNG
D
ie meisten Unternehmen sehen sich mit dem zu-
nehmenden Druck konfrontiert, verantwortungsvoll
zu wirtschaften – oder zumindest den Anschein zu
erwecken. Dabei ist es alles andere als klar, was
Verantwortung im Unternehmenskontext eigentlich bedeutet.
Corporate Social Responsibility (CSR) ist nur eines von vielen
Labels dieser Diskussion und sie wird längst nicht nur in den
großen Unternehmen oder den Chefetagen geführt. Mitarbei-
ter, Lieferanten, Konsumenten, Politiker – sie alle haben eine
Meinung dazu. Nicht nur unterschiedliche Interessen sind der
Grund dafür, sondern fundamental unterschiedliche Perspek-
tiven. CSR ist eben nicht nur ein wohlklingender Begriff, der
sich gut auf Hochglanzbroschüren macht, sondern kann richtig
unangenehm werden. Unangenehm wird CSR dann, wenn sie
tief greifende Fragen aufwirft: Fragen nach Gewinnentstehung
und -verwendung, nach dem Stellenwert von Mitarbeitern,
nach der Verantwortung gegenüber Zulieferern und Kunden.
Dieser Beitrag kann und will diese Fragen nicht abschließend
beantworten. Vielmehr geht es darum, sie aufzuwerfen, für die
verschiedenen Blickwinkel zu sensibilisieren und zu zeigen,
worauf es in der Praxis unternehmerischer Verantwortung an-
kommen kann.
Begriffliche Grundlagen: Was heißt Verantwortung im
Unternehmenskontext?
Bevor man sich einem speziellen Verantwortungsbegriff wie
CSR zuwendet, ist es sinnvoll, sich zunächst den Verantwor-
tungsbegriff im Allgemeinen genauer anzuschauen, denn da-
von lassen sich die elementaren theoretischen Perspektiven in
diesem Kontext ableiten.
Es lassen sich drei Grundformen von Verantwortung unter-
scheiden (Heidbrink, 2011, S. 191-193): Die rechtliche Verant-
wortung (liability) ist durch Gesetze und Regeln begründet.
Demgegenüber handelt es sich bei der Wahrnehmung ethi-
scher Verantwortung (responsibility) um moralisch begründe-
te Pflichterfüllung und soziale Verantwortung (accountability)
ist durch Freiwilligkeit und persönliche Überzeugung gekenn-
zeichnet. Das Verständnis von Verantwortung bewegt sich
also zwischen zwei Polen: Einerseits gibt es eine Art aktive
Verantwortung, die intrinsisch motiviert übernommen wird.
Verantwortung macht Sinn: Corporate Social
Responsibility
Von
Prof. Dr. René Fahr
und
Dörte Foit
(Universität Paderborn)
Andererseits, im Fall von passiver Verantwortung, ist diese von
außen zugerechnet und wird entsprechend weniger „aus freien
Stücken“ übernommen (DesJardins, 2007). Auf Unternehmen
bezogen tauchen hier bereits die ersten großen Fragezeichen
auf. Kann ein Unternehmen überhaupt Verantwortungssub-
jekt sein oder handelt es sich um einen organisierten Zusam-
menschluss von Verantwortungssubjekten (Heidbrink, 2011,
S. 194)? Hinzu kommt, dass im Unternehmenskontext noch
eine vierte Grundform von Verantwortung betrachtet werden
muss: die ökonomische Verantwortung als Verpflichtung von
Unternehmen zur Erwirtschaftung von Gewinnen.
Ob und wie diese vier Verantwortungsebenen priorisiert
werden können und inwiefern sie miteinander zusammenhän-
gen, beschäftigt die (wissenschaftliche) Meinungsbildung seit
Langem. Entsprechende Modelle haben sich über die Jahre von
unabhängigen Säulendarstellungen über Netzwerkmodelle bis
hin zu überlappenden Kreisdiagrammen entwickelt (Fahr/Foit,
2015, S. 708ff.). Im Zuge der aktuellen Nachhaltigkeitsdebat-
Abb. 1:
Begriffe und Kontroversen im Kontext von CSR
Quelle: Eigene Darstellung
Corporate Social Responsibility
Corporate Citizenship
Sustainable Development
Corporate
Sustainability
Ökologie
Soziales
Ökonomie
aktiv
freiwillig
sozial/
altruistisch
passiv
reguliert
strategisch