PERSONALquarterly 4/2016 - page 18

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PERSONALquarterly 04/16
SCHWERPUNKT
_VERANTWORTUNG
Informationen zu berichten, wenn sie sich durch diese Informa-
tionen besser darstellen können als der Durchschnitt (Milgrom,
1981). Nimmt man an, dass in einer verbleibenden Gruppe von
Unternehmen, die zunächst nicht berichten, immer einige sind,
die besser als der Durchschnitt dieser verbleibenden Gruppe
dastehen und damit einen Vorteil aus der CSR-Berichterstat-
tung ziehen, dann wird der Anteil der Unternehmen, die nicht
berichten, immer kleiner und wird im Zeitablauf gegen Null ge-
hen. Dies konnte beispielsweise schon bei der Strategiebericht-
erstattung im Lagebericht beobachtet werden, die inzwischen
viele Unternehmen auf freiwilliger Basis umsetzen und die tat-
sächlich für die berichtenden Unternehmen zu einer günstige-
ren Eigenkapitalbeschaffung führt. Vergleichbare Ergebnisse
zeigt auch die bisher freiwillige CSR-Berichterstattung, was
dafür spricht, deren Inhalte gerade nicht, wie im vorliegenden
Referentenentwurf, detailliert zu regeln. Allerdings zeigt das
Beispiel auch die Grenzen des „unraveling“, denn bis heute
findet man solche Strategieberichte eben nicht bei allen Unter-
nehmen. Grund hierfür sind die nicht unerheblichen Kosten
zusätzlicher Berichtselemente für die Datensammlung, -analy-
se und -prüfung, aber auch befürchtete Wettbewerbsnachteile
(Sieber et al., 2014).
Ein weiteres Argument für den Verzicht auf Pflichtpublizität
liefert die Signaling-Theorie (Spence, 1974). Demnach sind we-
niger die konkreten Inhalte der freiwilligen Berichterstattung
von Interesse, als vielmehr die Tatsache, dass ein Unterneh-
men überhaupt in der Lage ist, zu entsprechend niedrigen eige-
nen Kosten seine Berichterstattung durch komplexe freiwillige
Elemente, wie einen differenzierten CSR-Bericht, zu ergänzen.
Dies ist für die Investoren ein wichtiges Signal für die interne
Effizienz der Managementprozesse und die nachhaltige Leis­
tungsfähigkeit des Unternehmens im Vergleich zu solchen
Unternehmen, die auf diese Berichtselemente verzichten. Dies
wäre auch ein alternativer Erklärungsansatz für den nach Dha-
liwal et al. (2011) bereits genannten Zusammenhang zwischen
umfassenderer CSR-Berichterstattung und niedrigeren Eigen-
kapitalkosten. Wird ein freiwilliger Bericht jedoch gesetzlich
vorgeschrieben, geht als unerwünschter Nebeneffekt der In-
formationsgehalt dieses Signals verloren. Ganz offensichtlich
folgen Regulatoren wie die EU zumindest bisher jedoch nicht
dieser Überlegung, sondern scheinen dem ersten Argumenta-
tionsstrang zu folgen.
Was ist zu tun? Anpassung der internen Controlling-
Regelprozesse
Vor dem Hintergrund, dass sich die CSR-Berichterstattung,
im Rahmen eines eigenständigen Nachhaltigkeitsberichts
oder eines Integrated Reporting, nicht nur immer weiter
durchsetzt, sondern gerade für große, kapitalmarktorientierte
Unternehmen zunehmend ein Pflichtelement der Jahresbe-
richterstattung wird, sind die internen Steuerungsprozesse zu
überdenken. Im Sinne eines „Management Approachs“ geht es
darum, die CSR-Aktivitäten strukturiert auch nach außen zu
kommunizieren und dabei vor allem den Eindruck zu vermei-
den, dass es sich eher um ein „Greenwashing“ als tatsächlich
intrinsisch motivierte Projekte für eine nachhaltige Ausrich-
tung des Unternehmens handelt.
Insbesondere für das Controlling bedeutet dies, dass bereits
bei der Planung von CSR-Maßnahmen die spätere Berichter-
stattung mitdurchdacht werden muss, sodass CSR als weitere
Dimension der Controlling-Regelprozesse („House of Control-
ling“ IGC/Weißenberger, 2006) implementiert werden muss.
Dabei sind folgende Aspekte bedeutsam, die auch die Schnitt-
stelle zum HR-Bereich berühren:
1. Die für die Unternehmenssteuerung relevanten CSR-Dimen-
sionen müssen identifiziert und in den Zielkatalog über-
nommen werden. Dabei geht es nicht nur um die Festlegung
grundsätzlicher Handlungsfelder, sondern auch um die For-
mulierung spezifischer, messbarer und mit einem konkreten
Zeithorizont versehener Zielvereinbarungen.
2. Inden strategischen, taktischenund operativenPlanungspro-
zessen müssen die CSR-Ziele explizit mit einzelnen Maßnah-
men hinterlegt werden. Obwohl es zwar umfassende Belege
dafür gibt, dass eine nachhaltigere Unternehmensausrich-
tung auf ökologische und soziale Ziele langfristig kongru-
ent mit einer überlegenen ökonomischen Performance ist
(Orlitzky et al., 2003), kann es kurzfristig sehr wohl zu
Konflikten zwischen den verschiedenen Zielsetzungen und
daraus resultierenden Entscheidungsdilemmata kommen.
Dies macht sowohl die Erstellung von Plänen als auch die
Durchsprache von Maßnahmen im Planungsprozess zu-
nächst zeit- und kostenaufwendiger.
3. Prozess- und Ergebniskennzahlen zu den CSR-Aktivitäten
sind, beispielsweise über eine Balanced-Scorecard-Struktur,
in das standardisierte Regelberichtswesen aufzunehmen,
umAnsatzpunkte für Steuerungsmaßnahmen zu liefern und
die spätere Datengrundlage für eine CSR-Berichterstattung
gegenüber außenstehenden Stakeholdern zu schaffen. Dabei
ist auch zu beachten, dass mit CSR-Maßnahmen vor allem
zeitaufwendige, interaktive Steuerungsprozesse verbunden
sind („interactive controls“), während bei einer traditio-
nellen finanzorientierten Steuerung eine Steuerung nur bei
Abweichungen von einer vorgegebenen Zielgröße („diagnos-
tic control“) erfolgt (Simons, 1994).
4. Bei der Festlegung der Datenerhebung im Bereich CSR
spielt auch die Zusammenarbeit mit dem Abschlussprü-
fer eine Rolle, nämlich immer dann, wenn ein freiwilliger
Nachhaltigkeitsbericht oder integrierter Bericht zumindest
einer prüferischen Durchsicht unterliegen soll oder die
CSR-Berichterstattung Teil der Pflichtberichterstattung im
Lagebericht ist. Der Abschlussprüfer muss in diesem Falle
beispielsweise im Rahmen von Systemprüfungen nachvoll-
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