22
PERSONALquarterly 04/16
SCHWERPUNKT
_VERANTWORTUNG
geht es um die Grundfrage, ob und inwiefern Unternehmen
Verantwortung tragen, die über die gesetzlichen Regelungen
hinausgeht. Aus ethischer Sicht fragt man danach, ob allein
die Handlungsfolgen (Nutzen) als moralischer Maßstab heran-
gezogen werden (konsequentialistische Ethik) oder ob auch die
Handlung selbst bewertet wird (deontologische Ethik). Dieses
ethische Spannungsfeld findet sich bei wirtschaftlichen Über-
legungen wieder, wenn darüber diskutiert wird, ob unterneh-
merisches Handeln strategisch oder sozial ausgerichtet sein
soll (u.a. Kitzmueller/Shimshak, 2012, vgl. Abb. 1 und 2).
Die klassische ökonomische Argumentation spricht Unter-
nehmen von jeglicher Verantwortung frei, die über Profitmaxi-
mierung hinausgeht: „The social responsibility of business is
to increase its profits.“ (Friedman, 1970). Diese
S
hareholder-orientierte Sichtweise basiert auf der Annahme, dass pro-
fitorientiertes Handeln automatisch die Gesamtwohlfahrt
maximiert. Allein das Gesetz begrenzt dabei den unternehme-
rischen Handlungsspielraum (vgl. rechtliche Verantwortung).
Die moralische sowie die philanthropische Verantwortungs-
dimension werden ausgeblendet. CSR spielt innerhalb dieser
Perspektive nur dann eine Rolle, wenn sie eine Marktbedin-
gung darstellt. CSR wird also nur dann eingesetzt, wenn Kun-
den oder Geschäftspartner sie einfordern.
Abbildung 2 zeigt noch drei weitere Perspektiven und damit
einhergehende Gründe für CSR. Liegt der Fokus auf den Stake-
holdern statt (wie eben erläutert) auf den Shareholdern, erwei-
tert dies die Sichtweise um Wechselbeziehungen mit internen
und externen Stakeholdern des Unternehmens. Automatisch
müssen dadurch soziale Aspekte in Betracht gezogen werden.
Aus dieser Perspektive heraus dient CSR als Mittel, um die
Interessen von Stakeholdern zu harmonisieren.
Einen Schritt weiter geht die Social Contract Theory (Donald-
son/Dunfee, 1999). Sie sieht ein Unternehmen und seine Stake-
holder als durch einen impliziten sozialen Vertrag verbunden
an. Verantwortliches Handeln wird so zu einer Voraussetzung
für die gesellschaftliche Daseinsberechtigung von Unterneh-
men. Je mehr Bezug ein Unternehmen zu seinen Stakeholdern
hat, desto höher sind aus diesem Blickwinkel betrachtet auch
der Legitimierungsdruck und damit die Ausprägung der CSR-
Aktivitäten. CSR wird somit als Grundlage wirtschaftlicher
Austauschbeziehungen betrachtet.
Die vierte Perspektive rückt die Unternehmensressourcen
ins Zentrum ihrer Argumentation. Competitive Advantage
heißt das Schlüsselwort, das CSR strategische Relevanz gibt.
Das bedeutet nichts anderes, als dass verantwortliches Ver-
halten als Möglichkeit verstanden wird, sich als Unternehmen
vorteilhaft am Markt zu positionieren (Porter/Kramer, 2006).
Dies verspricht die Erschließung neuer Geschäftsfelder und
unerreichter Kundensegmente sowie die Sicherung langfris
tiger Profitabilität (DesJardins, 2007). CSR wird hier also als
Wettbewerbsvorteil gesehen.
Sowohl klassisch ökonomische als auch sozial-orientierte
Ansätze machen also letztlich eine Art Aufwand-Nutzen-
Abwägung, die nicht nur die bereits erläuterten Verantwor-
tungsdimensionen, sondern auch die Spannungsfelder der
CSR-Debatte widerspiegelt. Kitzmueller und Shimshack (2012,
S. 54ff.) entwickeln aus diesem Kontrast zwischen klassisch
und sozial motivierter CSR ein Schema, das die Präferenzen
(Profit maximierend und sozial) und die relevanten Verant-
wortungssubjekte (Stakeholder und Shareholder) gemein-
sam abbildet (vgl. Abb. 3). Diese Grafik lässt einen zentralen
Schluss zu: Profitmaximierung und CSR sind, auch aus ökono-
mischer Sicht, nicht zwangsläufig inkompatibel (Kitzmueller/
Shimshack 2012, S. 52). Vielmehr können CSR-Aktivitäten so-
wohl extrinsisch als auch intrinsisch motiviert sein und dabei
einen sinnvollen Teil der Unternehmensstrategie ausmachen,
sei es um Kosten zu sparen oder idealistischen Zielen nachzu-
kommen. Innerhalb dieser Systematik ist es also die Vereinbar-
keit der Vorlieben der verschiedenen Marktakteure, die über
Art und Umfang von CSR entscheidet.
Verbreitung und Profile: Welchen Stellenwert hat CSR in
Unternehmen?
Globale, nationale und EU-weite Förderprogramme, wie die
„Global-Compact“-Initiative der United Nations setzen sich ak-
tiv für die Verbreitung von CSR ein. Darüber hinaus fördern
NGOs, wie die Global Reporting Initiative (GRI), die Durch-
setzung allgemeinverbindlicher, transparenter Standards für
die CSR-Berichterstattung und stärken so die Bedeutung von
CSR als Wettbewerbsfaktor. Dies erhöht den Druck auf Un-
ternehmen, sich zu engagieren und (sozial) verantwortlich zu
handeln. Bereits 2005 haben 64% der 250 weltgrößten mul-
Quelle: Kitzmueller/Shimshack, 2012, S. 58
Abb. 3:
CSR-Taxonomie
Strategische CSR
->Profitmaximierung
Gemeinnützige CSR
->Gemischte Profitwirkung
Keine CSR
->Profitmaximierung
Gemeinnützige CSR
->Negative Profitwirkung
Sozial
Klassisch
Präferenzen der Shareholder
Klassisch
Sozial
Präferenzen der Stakeholder