PERSONALquarterly 4/2016 - page 12

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PERSONALquarterly 04/16
SCHWERPUNKT
_VERANTWORTUNG
nisationen versus erwerbswirtschaftliche Unternehmen). Da-
durch kann sich sich die Belegschaft von Sozialunternehmen
durch Ausbildungshintergründe, Berufserfahrungen und Kom-
petenzen auszeichnen, die zuvor seltener aufeinandertrafen.
Mitarbeiter mit sozialen Ausbildungs- bzw. Studiengängen
sowie beruflichen Stationen in der Entwicklungsarbeit und
betriebswirtschaftlich ausgebildete ehemalige Unternehmens-
berater und Führungskräfte können in Sozialunternehmen
aufeinandertreffen. Hieraus können sehr unterschiedliche
Sicht- und Handlungsweisen resultieren, die sowohl positive
Effekte im Sinne einer Ergänzung von Kompetenzen als auch
potenzielle kulturelle Konflikte (Clash of Cultures) bergen
können. Eine große Herausforderung für die Führung von So-
zialunternehmen besteht demnach darin, eine Kollaborations-
und Unternehmenskultur zu schaffen, in der sich Mitarbeiter
mit deutlich unterschiedlichen Hintergründen gemeinsam und
effektiv für eine duale Zielsetzung engagieren können. Zukünf-
tig werden Sozialunternehmen selbst Mitarbeiter ausbilden,
die dann von Anfang an sowohl ökonomische als auch soziale
Sichtweisen und Kompetenzen erlernen (vgl. Battilana et al.,
2012).
Besondere Herausforderungen in For-Profit-
Sozialunternehmen
Darüber hinaus bestehen besondere personalrelevante Heraus-
forderungen für For-Profit-Sozialunternehmen. Hierzu gehört
die Verankerung und Aufrechterhaltung der sozialen Missi-
on, zu der sich erwerbswirtschaftlich konstituierte Unterneh-
men freiwillig verpflichten (vgl. z.B. die Beschäftigung von
Autisten bei der Auticon GmbH). Zwar besteht wie erwähnt
noch kein gesetzlicher Rahmen für Sozialunternehmen, eine
verbindliche Formulierung der sozialen Mission im Rahmen
von Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsordnung sowie in Ver-
tragsverhältnissen zu Investoren, Kunden, Geschäftspartnern
oder anderen Anspruchsgruppen ist jedoch möglich (sog. Mis-
sion Lock; vgl. Bertelsmann Stiftung, 2014, sowie Sabeti, 2011).
Die eigentliche Motivation für For-Profit-Unternehmen, eine
soziale Mission zu verfolgen, geht dabei häufig von einzelnen
Personen aus, z.B. vom Gründer. Insbesondere in der Start-up-
Phase kann die persönliche Überzeugung dieser Person einen
direkten und signifikanten Einfluss auf das Commitment der
Mitarbeiter zur sozialen Mission haben. Je größer das Unter-
nehmen wird, desto weniger kraftvoll kann der Einfluss der
Person auf neue Mitarbeiter aber auch werden (Battilana et al.,
2012). Hinzu kommt die Möglichkeit eines sogenannten Mis-
sion Drifts. Dieser kann bei For-Profit-Unternehmen dann aus-
gelöst werden, wenn sich die Prioritäten des Unternehmens,
z.B. der Führung oder der Investoren, signifikant in die öko-
nomische oder die soziale Richtung verändern (Bertelsmann
Stiftung, 2014). Im ersten Fall könnte aus einer Fokussierung
auf die Profiterzielung eine starke Vernachlässigung der sozi-
alen Zielerreichung folgen, wodurch die Wahrnehmung und
Glaubwürdigkeit der Organisation als Sozialunternehmen be-
einträchtigt werden könnten. Eine zu starke Fokussierung der
sozialen Zielsetzung hingegen könnte zulasten der Wirtschaft-
lichkeit der Organisation gehen, bis hin zur Gefährdung der
Existenzfähigkeit.
Um die Mission sowie die Motivation der Mitarbeiter dafür
dauerhaft aufrechtzuerhalten und soziale und ökonomische
Zielsetzungen zu harmonisieren, ist es daher besonders wich-
tig, dass Sozialunternehmen von Anfang an neben der ökono-
mischen auch ihre soziale Mission und die damit verbundenen
Wertvorstellungen strategisch formulieren und organisatorisch
verankern, z.B. im Rahmen von Stellen- und Rollenbeschrei-
bungen, der Leistungsmessung oder von Anreizsystemen, und
im Folgenden kontinuierlich und sehr transparent kommuni-
zieren und operativ anwenden (vgl. Sabeti, 2011).
Besondere Herausforderungen in Non-Profit-
Sozialunternehmen
Zahlreiche Sozialunternehmen gründen sich in Deutsch-
land als gemeinnützige Organisationen (insbesondere in der
stark wachsenden Rechtsform der gGmbH; vgl. Jansen et al.,
2013). Auch wenn ihnen durch ihre Gemeinnützigkeit eine
erweiterte Palette an Einnahmequellen (z.B. Spenden) zur
Verfügung steht, stehen sie von Anfang an vor der Heraus-
forderung, wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle aufzubauen.
Gründe hierfür können in der Planungsunsicherheit philan­
thropischer Zuwendungen, der großen Konkurrenzsituation in
diesem Segment sowie der von Gebern zunehmend erwarteten
Transparenz hinsichtlich Effizienz und Effektivität der für den
sozialen Zweck eingesetzten Mittel liegen. Hinzu können ein
niedriges Zinsniveau sowie ein erhöhter Druck öffentlicher
Auftraggeber kommen, die zunehmend marktbasierte Ansätze
bei der Umsetzung ausgeschriebener Aufträge erwarten (vgl.
Bertelsmann Stiftung, 2014, sowie Sabeti, 2011).
Es ist daher zu vermuten, dass sich auch etablierte ge-
meinnützige Gesellschaften zukünftig vermehrt als soziale
Unternehmen aufstellen werden. Da die Anwendung betriebs-
wirtschaftlicher Prinzipien (Input-Output-Relationen, Budge-
tierung, Profitabilität etc.) jedoch wie beschrieben ggf. nicht
in der gesamten Belegschaft erlernt wurde oder bislang fester
Part des Tagesgeschäfts war, kann eine derartige Transfor-
mation eine kulturelle Herausforderung für gemeinnützige
Organisationen darstellen. In diesem Fall erhalten Change Ma-
nagement sowie eine den erforderlichen Fähigkeiten entspre-
chende Personalentwicklung erhöhte Relevanz.
Wie bereits erwähnt, sind diemarktwirtschaftlichenMöglich-
keiten von gemeinnützigen Organisationen dennoch begrenzt.
Der gemeinnützige Part des Geschäftsmodells ist immer domi-
nant, die Erzielung gewerblicher Einnahmen darf infolge des
gemeinnützigkeitsrechtlichen Ausschließlichkeitsgebots (§ 56
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...60
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