PERSONALquarterly 3/2016 - page 36

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PERSONALquarterly 03/16
NEUE FORSCHUNG
_SOCIAL MEDIA IN HRM
selbst Kompetenzen und Kompetenzstände eintragen können.
In Xing und Linkedin ist dies bspw. bereits integriert. In der
Literatur wird dieses Konzept People Tagging genannt (Braun/
Kunzmann/Schmidt, 2012). Diese informellen Bewertungen bie-
ten einen zu formellen Einschätzungen ergänzenden Einblick
in den Kompetenz- und Leistungsstand eines Mitarbeiters. Sol-
len daraus Weiterbildungs- oder Karrieremaßnahmen abgeleitet
werden, ist aber Vorsicht geboten: Ob Kompetenzbewertungen
der Mitarbeiter selbst, von Kollegen oder Freunden im Unter-
nehmen immer objektiv sind, ist laut einigen Experten fraglich.
SNS für interne Stellenmärkte und zur Kandidatensuche
Profile in SNS können nicht nur Mitarbeiter repräsentieren.
Auch eine interne Stellenausschreibung lässt sich laut eini-
gen Experten als Profil abbilden. Darauf könnten die Stellen-
beschreibung und -anforderungen sowie zukünftige Aufgaben
in strukturiert aufbereiteter Form zu finden sein. Dies gelte
nicht nur für Stellen der Aufbauorganisation, sondern auch
für Projektstellen. In einer SNS könnten diese Stellenprofile
per SNS-Nachricht oder über eine explizite Weiterleitungs-
funktion mit Link zum Stellenprofil von Mitarbeiter zu Mitar-
beiter weiterempfohlen werden. Ebenfalls möglich seien laut
Interviews automatische Empfehlungen von Vakanzen, bspw.
über die SNS-Startseite eines Mitarbeiters. So können infor-
melle Jobnetzwerke (Rees, 1966, S. 559) entstehen, in denen
vakante Stellen schnell und einfach bekannt gemacht werden.
In den Interviews wurde dies „Social Recruiting“ genannt. Im
Vergleich zum Veröffentlichen von Vakanzen auf klassischen
Intranet-Webseiten oder schwarzen Brettern können Jobnetz-
werke in SNS die Wahrscheinlichkeit steigern, dass Stellen-
ausschreibungen in Unternehmen gesehen und Bewerbungen
eingereicht werden. Es sei allerdings zu bedenken, dass eine
steigende Anzahl an Bewerbungen für das Personalwesen und
ggf. die Fachvorgesetzten Mehraufwand bedeutet. Um dem
entgegenzuwirken, können laut einigen Experten formale Stel-
lenausschreibungen in SNS durch Kommentar- und Diskussi-
onsfunktionen mit zusätzlichen Inhalten angereichert werden,
bspw. durch Fragen der Mitarbeiter zur Position. Wenn diese
zusätzlichen Angaben allen Mitarbeitern zur Verfügung stün-
den, kann dies Informationsdefiziten und dadurch entstehen-
den Fehlbewerbungen vorbeugen. Außerdem könnten integ-
rierte Eignungsprüfungen durch Matchingverfahren zwischen
eigenem SNS-Profil und Stellenprofil einer Bewerbungsflut
entgegenwirken. Voraussetzung hier sind vergleichbare Profil-
informationen, bspw. Kompetenzen (siehe oben). Insbesondere
in den Interviews aus Studie 3 wurde bemerkt, dass durch so
einen Stellenmarkt in einer SNS vakante Stellen schneller an
die richtigen Personen kommen können.
Letztlich kann eine SNS sogar als vollwertiges internes Re­
cruiting-Tool verstanden werden, angereichert mit Funktionen
zum Einreichen von Bewerbungen durch Mitarbeiter und zum
Bearbeiten der Bewerbungs- und Besetzungsvorgänge durch
Personaler und Vorgesetzte. Linkedin ermöglicht dies bereits.
Damit können entsprechend ausgestattete SNS eine Alternati-
ve zu klassischen internen Recruiting-Tools sein.
Sollen Stellen nicht nur über den Weg der internen Stel-
lenausschreibung besetzt, sondern Kandidaten für Vakanzen
gesucht werden, kann die kriterienorientierte Suchfunktion
von SNS nützlich sein. Einige Experten nennen als Basis da-
für die beschriebenen Mitarbeiterprofile mit HR-Daten, die
für Suchvorgänge zur Verfügung stehen. Neu ist diese Idee
nicht: Unternehmen setzen bereits auf Intranet-Webseiten in-
tegrierte Telefonbuch- bzw. Gelbe-Seiten-Systeme ein (Koch/
Richter/Schlosser, 2007, S. 451-452). Allerdings eignen sich
diese weniger, um anhand von entscheidungsrelevanten Krite-
rien zu suchen. Kompetenzdaten, individuelle Vorlieben oder
Interessen sowie Informationen zur Ausbildung und zum Wer-
degang sind dort nicht zu finden. Wie die Experten aus den
Interviews betonen, können hier interne SNS mit HR-Daten
punkten. Wichtig seien aber Suchalgorithmen, die den Anfor-
derungen des Unternehmens genügen. Auch die Suche nach
Projektmitarbeitern könne laut Interviewergebnissen mit ei-
ner SNS realisiert werden.
Abb. 3:
Übersicht der Rahmenbedingungen für
unternehmensinterne SNS
Quelle: Eigene Darstellung
Empfohlene Rahmenbedingungen für HR-SNS
in Unternehmen
Organisa­
torisch
• flächendeckende Verfügbarkeit von Rechnerarbeitsplätzen
• Maßnahmen, um Netzwerkkultur zu schaffen und
Vorbehalte in der Belegschaft auszuräumen (bspw. durch
Schulungen, Imagekampagnen)
• Beschreibung der HR-Prozesse in SNS und der Verwen-
dungszwecke der Daten auf SNS-Profilen
• frühzeitiges Einbinden und Zustimmung der Datenschutz-
und Mitbestimmungsgremien
Technisch • Integration der SNS-HR-Funktionen in existierende SNS
• Schnittstellen zwischen SNS und Personalinformations-
systemen
• Funktionen in SNS, mit denen Nutzer Datenzugriffe auf
deren SNS-Profile administrieren können
• nutzerfreundliche Gestaltung des Tools
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