PERSONALquarterly 3/2016 - page 45

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nternehmen sind vom innovativen Verhalten ihrer
Mitarbeiter abhängig. Ob ein Mitarbeiter innovatives
Verhalten zeigt, hängt nicht nur von seiner Persön-
lichkeit und seinen individuellen Eigenschaften ab.
Chen und Kollegen haben das Zusammenspiel zwischen unter-
stützender Führung und persönlichen Merkmalen von Mitarbei-
tern für das innovative Verhalten in zwei Studien mit über 700
Mitarbeitern in zwei Industrieunternehmen in China untersucht.
Ein besonderes Augenmerk lag auf der Rolle der intrinsischen
Motivation von Mitarbeitern als vermittelndem Faktor. Die Er-
gebnisse zeigen, dass Mitarbeiter, die ihre Führungskraft als
unterstützend empfinden, vermehrt innovatives Verhalten zei-
gen. Darüber hinaus identifizieren die Autoren zwei Rahmenbe-
dingungen, die in der Person des Mitarbeiters liegen, nämlich
die Selbstwirksamkeitserwartung einerseits (inwiefern vertrau-
en Mitarbeiter generell auf die eigenen Fähigkeiten) und die
Innovatives Verhalten
Tingting Chen
(Lingnan University of Hong Kong),
Fuli Li
(Xi’an
Jiaotong University) &
Kwok Leung
(Chinese University of Hong
Kong): When does supervisor support encourage innovative beha-
vior? Opposite moderating effects of general self-efficacy and in-
ternal locus of control. Personnel Psychology, 69 (2016), 123-158.
internale Kontrollüberzeugung andererseits (inwiefern werden
Erfolge auf die eigene Anstrengung/Fähigkeiten und nicht auf
äußere Umstände zurückgeführt). Der vermittelte Effekt unter-
stützender Führung auf die Motivation und somit auf das innova-
tive Verhalten fiel stärker aus, wenn Mitarbeiter über eine hohe
Selbstwirksamkeitsüberzeugung berichteten, und schwächer,
wenn sie eine hohe internale Kontrollüberzeugung hatten.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Zusammenhang zwi-
schen unterstützender Führung und dem innovativen Verhalten
von Mitarbeitern komplexer ist, als bisher angenommen. Unter-
stützende Führung ist wichtig, aber der Effekt auf das innovative
Verhalten von Mitarbeitern hängt auch von der persönlichen
Einstellung ab. Für die organisationale Praxis ist grundsätzlich
zu empfehlen, unterstützende Führung zu einem wesentlichen
Bestandteil der Führungskräfteentwicklung zu machen. Füh-
rungskräfte sollten lernen, auf einzelne Mitarbeiter einzuge-
hen, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und ihren Beitrag zu
würdigen. Mitarbeiter mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung
können insbesondere von unterstützender Führung profitieren,
Mitarbeiter mit hoher Kontrollüberzeugung sollten in ihrer ei-
genen Kompetenzwahrnehmung bestärkt werden.
Besprochen von
Dr. Nale Lehmann-Willenbrock,
VU Amster-
dam, Department of Social & Organizational Psychology
Ü
ber die Auswirkungen von ehrenamtlichem Enga-
gement im Arbeitskontext wurde bislang wenig
geforscht, obwohl im Rahmen der Corporate Social
Responsibility Unternehmen ehrenamtliches Enga-
gement aktiv fördern. Als ersten Schritt untersuchen Rodell
und Lynch daher, wie ehrenamtliches Engagement vom Ar-
beitsumfeld rezipiert wird. Die Autoren gehen davon aus, dass
ehrenamtliches Engagement sowohl positiv (Anerkennung)
als auch (zugleich) negativ (Stigmatisierung) beurteilt werden
kann. So identifizieren Rodell und Lynch in einer Pilotstudie
Eigenschaften, die ehrenamtlich Tätigen typischerweise zuge-
schrieben werden: auf der Positivliste gutes Zeitmanagement,
Fürsorglichkeit, Gemeinschaftssinn und ethische Integrität;
auf der negativen Seite Selbstgerechtigkeit, „Bekehrungsab-
sichten“, Defizite im Privatleben und mangelnde Fokussierung
auf die Arbeit. Die Autoren argumentieren, dass diese Zuschrei-
bungen Wirkung auf das Verhalten im Arbeitskontext haben,
Pro & Contra Ehrenamt
Jessica B. Rodell
&
John W. Lynch
(University of Georgia). Percep-
tions of Employee Volunteering: Is it “credited” or “stigmatized” by
colleagues? Academy of Management Journal, Vol. 59, No. 2, pp.
611-635.
Kollegen bzw. Vorgesetzte also mehr oder weniger bereit sind,
Unterstützung imArbeitsalltag anzubieten. In einem Feldexpe-
riment konnten die Autoren zeigen, dass ehrenamtliches En-
gagement nur dann zu positiven Zuschreibungen führt, wenn
es als intrinsisch motiviert interpretiert wird; umgekehrt ist
es nur negativ belegt, wenn es als „impression management“
wahrgenommen wird. Zudem ist es (vermittelt über positive
Zuschreibungen) nur dann mit Unterstützungsleistungen von
Kollegen und Vorgesetzten verbunden, wenn es als intrinsisch
motiviert wahrgenommen wird und mit einem geringen Maß
an Stigmatisierung einhergeht. Die Stigmatisierung von ehren-
amtlichem Engagement an sich hat jedoch keinen eigenstän-
digen Einfluss auf die Reaktion des Arbeitsumfelds.
Die „richtigen“ Motive vorausgesetzt, zahlt sich ehrenamt-
liches Engagement folglich nicht nur im Privaten, sondern auch
im Arbeitskontext aus. Obwohl insbesondere Letzteres aus
Sicht des Personalmanagements durchaus förderungswürdig
erscheint, legen die Befunde der Studie nahe, dass Anreize für
ehrenamtliches Engagement nicht unüberlegt gesetzt werden
sollten. Wenn die „falschen“ Motive bedient werden, laufen ent-
sprechende Anreize im besten Falle ins Leere.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
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