PERSONALquarterly 03/16
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STATE OF THE ART
_ERFOLG
V
or einigen Jahrzehnten waren Kaminkarrieren bei
einem Arbeitgeber durchaus üblich. An klaren Titel-
bezeichnungen wie „Direktor/-in“ war zudem eine
objektive Einordnung des individuellen Status und
Karriereerfolges möglich. Schon in den 1980er- und 1990er-Jah-
ren hat sich dieses Bild durch die Verflachung von Hierarchien
im Rahmen neuer Konzepte wie „Lean Management“ teilweise
aufgelöst. Ein verändertes Statusdenken im Rahmen des Wer-
tewandels führte zudem zur weitgehenden Abschaffung von
Titelhierarchien. Fachkarrieren für Spezialisten traten neben
die klassischen Führungslaufbahnen und es verbreiteten sich
unternehmensübergreifende Entwicklungspfade, bei denen
Karriereschritte zwischen Unternehmen nicht mehr eindeutig
als Auf- oder Abstieg gedeutet werden können. „Boundaryless
Careers“ lautet das neue Schlagwort in der Karriereforschung
(Arthur/Rousseau, 1996). Durch diese Veränderungen, so ist
die Annahme, ist es zunehmend schwerer geworden, Karriere-
erfolg an objektiven Kriterien zu messen. Vielmehr rückt das
individuelle Empfinden, der subjektive Karriereerfolg in den
Vordergrund.
Hinweise darauf gibt auch die diesjährige Befragung von
Führungskräften im deutschsprachigen Raum „Manager Baro-
meter 2015/16“. Knapp 50% der Befragten geben an, dass sie
einen weiteren hierarchischen Aufstieg wünschen, möglichst
ins Topmanagement. Knapp 10% würden gerne eine Stufe zu-
rücktreten und ca. 40% der Befragten sind mit ihrer hierarchi-
schen Position zufrieden (Odgers Berndtson, 2016, S. 23). Die
Gründe für diese Beschränkung sind vielfältig, zeigen aber
übergreifend, dass die subjektive Einschätzung des persön-
lichen Erfolgs von den objektiven Maßen wie Status, Hierar-
chieebene oder Einkommen abweichen kann. Ähnlich titeln
verschiedene Karriereratgeber (z.B. „Messbare Kriterien sind
nicht alles“) und fordern dazu auf, sich seiner persönlichen
Definition von Karriere klar zu werden und sich nicht von
formalen Zuschreibungen abhängig zu machen.
Vor dem Hintergrund dieser ersten Eindrücke möchten wir
uns im Kern den folgenden beiden Fragen widmen: (1) Wel-
che Faktoren bestimmen den subjektiven und den objektiven
Karriereerfolg? und (2) Welche Beziehung besteht zwischen
subjektivem und objektivem Karriereerfolg? Dabei gehen wir
insbesondere auf die Metastudien von Thomas W. Ng und Kol-
legen aus dem Jahr 2005 und der aktualisierten Untersuchung
von Thomas W. Ng und Daniel C. Feldman aus dem Jahr 2014
ein. Darüber hinaus wollen wir vor dem Hintergrund der Le-
serschaft dieses Journals abschließend einzelne Ergebnisse
zu Karrieren im deutschen Personalmanagement vorstellen.
Zunächst wollen wir uns aber der Unterscheidung zwischen
subjektivem und objektivem Karriereerfolg zuwenden.
Subjektiver und objektiver Karriereerfolg
Mit Karrieren werden in der Personalforschung allgemein Be-
rufsverläufe bezeichnet. Erst durch die Verbindung mit Kar-
riereerfolg oder -misserfolg erlangt der Begriff eine wertende
Bedeutung. Der objektive Karriereerfolg basiert auf einem ge-
sellschaftlichen Verständnis und ist mit sichtbaren Indikatoren
verbunden, die über hierarchische Stellung im Unternehmen,
das Gehalt oder die Anzahl an Beförderungen operationalisiert
werden. Objektiver Karriereerfolg kann auch durch außenste-
hende Dritte bewertet werden. Demgegenüber bezieht sich der
subjektive Karriereerfolg auf die individuelle Einstellung, ist
nicht unmittelbar sichtbar und wird über Befragungen z.B.
bezüglich der Karrierezufriedenheit operationalisiert. Dabei
unterscheidet man zwischen einer affektiven und einer kogni-
tiven Komponente. Erstere bezieht sich auf emotionale Reak-
tionen bezüglich des Karriereerfolgs, während die kognitive
Komponente eine eher rationale Bewertung der Nützlichkeit
abbildet (See et al., 2008). Eine weitere Unterscheidung betrifft
den Bezugspunkt der subjektiven Karriereeinschätzung. Der
Vergleich zwischen Möglichkeiten und tatsächlich erreichten
Karrierezielen kann unter Rückgriff auf die eigenen Erwar-
tungen oder durch Vergleich mit einem äußeren Karrierestan-
dard oder dem Karriereerfolg von Vergleichspersonen erfolgen
(Heslin, 2003). Entsprechend wird der subjektive Karriere
erfolg in der Regel über Befragungen erfasst.
Verbindungen zwischen objektivem und subjektivem
Karriereerfolg
Es existieren unterschiedliche theoretische Erklärungsansätze,
wie sich subjektiver und objektiver Karriereerfolg zueinander
verhalten. Dabei geht es zunächst darum, ob es sich überhaupt
Von
Prof. Dr. Torsten Biemann
(Universität Mannheim) und
Prof. Dr. Heiko Weckmüller
(FOM Bonn)
Subjektiver und objektiver Karriereerfolg
Erfolg drückt sich für Mitarbeiter nicht nur durch das Gehalt, die Anzahl der Beförde-
rungen oder die hierarchische Stellung im Unternehmen aus.