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03/16 PERSONALquarterly
Einschätzungen der Interviewten, laufenden Projekten oder
abgeschlossenen Pilotprojekten. Umfangreiche Anwendungs-
erfahrungen lagen aufgrund der Thematik noch nicht vor.
Für Studie 3 wurde deshalb ein SNS-Prototyp entwickelt, in
dem die identifizierten Einsatzgebiete aus den Studien 1 und
2 implementiert wurden. Abbildung 2 zeigt diese Einsatzge-
biete. Ziel dieser Untersuchung war es, die Erkenntnisse der
ersten beiden Studien am „lebenden Objekt“ zu prüfen und
ggf. zu erweitern. Da keine Software existierte, die den An-
forderungen der bisherigen Studienergebnisse gerecht wurde
(weder als Standardsoftware noch als Individualsoftware in
einem der interviewten Unternehmen), wurde der Prototyp
selbst entwickelt.
Der Prototyp ist ein Tool mit den klassischen SNS-Funkti-
onen. Mitarbeiter können zudem in ihrem Profil HR-Basis-
daten (Kontaktdaten, Werdegang, Ausbildung, Kompetenzen,
Sprachen, Mobilität, Interessen) selbst pflegen, sich auf aus-
geschriebene Stellen (ebenfalls als SNS-Profile gestaltet) be-
werben und Stellenprofile weiterempfehlen. Personaler und
Vorgesetzte können im Rahmen von Personalplanungen oder
Stellenbesetzungen strukturiert nach SNS-Personenprofilen
suchen sowie Kompetenzbewertungen vornehmen. Über Grup-
penfunktionen wird zudem das Onboarding unterstützt.
Für Studie 3 konnten Teilnehmer aus den Studien 1 und 2
sowie ein bis dahin nicht interviewtes Unternehmen gewonnen
werden. In den Interviews wurde den Experten der Prototyp
vorgeführt, wodurch die Interviews – im Gegensatz zu den
Studien 1 und 2 – als fokussierte Interviews zu bezeichnen
sind. Der halbstrukturierte Interviewleitfaden enthielt kon-
krete Fragen zum untersuchten Prototypen, geordnet nach den
unterstützen HR-Prozessen (vgl. Abb. 2). Für die Auswertung
wurden die Gespräche aufgezeichnet, transkribiert und anony-
misiert. Auf Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring,
2007) wurden die Transkripte im Anschluss mit dem Katego-
rienschema bzw. den Ergebnissen aus den Studien 1 und 2
analysiert. Neue Einsatzgebiete unternehmensinterner SNS im
Personalmanagement konnten in Studie 3 nicht gewonnen wer-
den, dafür wurden die Potenziale und Grenzen bestätigt und
erweitert. Im Folgenden werden diese Potenziale und Grenzen
vorgestellt sowie jeweils das Einsatzgebiet einer SNS detailliert
beschrieben. Abbildung 4
zeigt beispielhafte Interviewzitate
zu jedem Einsatzgebiet.
SNS-Profil als Zugangspunkt für Employee Self Services
HR-Stammdaten der Mitarbeiter werden meist durch zustän-
dige Personaler in klassischen Personalinformationssystemen
(PIS) gepflegt. Aber auch Mitarbeiter selbst können auf diese
Daten über sog. Employee Self Services (ESS) Zugriff haben.
Teilweise sind ausgewählte Daten (bspw. die Ausbildung) so-
gar selbst pflegbar. Ist eine interne SNS mit einem PIS über
Schnittstellen integriert (Richter, 2010), können – laut Aussage
vieler Experten – HR-Stammdaten die Basis für SNS-Profile von
Mitarbeitern darstellen. In allen drei Studien wurde zudem her-
vorgehoben, dass neben Daten zum Namen, Alter und ggf. zur
aktuellen Position im Unternehmen auch HR-Daten in SNS-Pro-
filen zu finden sein sollten, die der Mitarbeiter selbst pflegen
kann. Dazu gehören Ausbildung, Werdegang, Sprachkennt-
nisse, Kompetenzen, Mobilität oder Interessen und besondere
Kenntnisse. Da der Mitarbeiter auf sein eigenes Profil in SNS
schreibenden Zugriff hat, kann das Profil laut Interviewteilneh-
mern als Datenpflegeinstrument im Sinne eines ESS verstan-
den werden. Wenn zusätzlich Personenprofile von Xing oder
Linkedin importiert werden können, sei eine SNS ein Mittel, um
die Qualität von Mitarbeiterdaten im Unternehmen zu steigern.
Einige Experten empfehlen zum Vermeiden von Falschangaben
automatisch den zuständigen Personalern und ggf. Vorgesetz-
ten vollen Zugriff auf die jeweiligen Profile zu geben und über
Änderungen zu benachrichtigen. Auch eine explizite Freigabe
der Daten durch das Personalwesen sei denkbar. Welche Daten
ein Mitarbeiter seinen Kollegen freigibt, sollte ihm dann selbst
überlassen werden – so wie in SNS im Internet.
Als Vorteil dieses Ansatzes gegenüber klassischen Self Ser-
vices wird hervorgehoben, dass Mitarbeiter eine interne SNS
wahrscheinlich öfter verwenden als eine klassische Self-Ser-
vice-Lösung. Die Intention dabei wird zwar selten die explizite
Pflege von HR-Daten sein (eher die tägliche Kommunikation
mit Kollegen oder die allgemeine Informationsbeschaffung), al-
lerdings wird der Mitarbeiter dann regelmäßig mit seinem Pro-
fil und seinen HR-Daten konfrontiert. Unvollständige Angaben
sind somit unwahrscheinlich. Sollten Mitarbeiter dennoch ihr
Profil vernachlässigen, könne dies nach Meinung einiger Ex-
perten ein Zeichen für nicht vorhandene Karrierebereitschaft
sein. Dies kann vom Personalwesen bei Nachfolge- oder Karri-
ereplanungen berücksichtigt werden. Einige Experten hoben
allerdings das Problem des mit der Profilpflege und SNS-Nut-
zung verbundenen Zeitaufwands für die Mitarbeiter hervor.
Zeit eingespart werde hingegen bei den Personalern, die sich
dann anderen wertschöpfenden Themen widmen könnten.
Kompetenzbewertungen mithilfe von SNS
Wie oben gezeigt, kann eine Vielzahl an HR-Daten auf SNS-Pro-
filen integriert werden, auch Kompetenzen von Mitarbeitern.
Vorgesetzte, Personaler sowie ggf. Kollegen und Unterstellte
können das Profil damit als Bewertungsmedium nutzen und
Bewertungen eintragen. Dies wurde insbesondere in Studie 2
hervorgehoben. In PIS-anwendenden Unternehmen scheint dies
noch nicht verbreitet zu sein. Neben formalen Bewertungen
in Performance-Management-Prozessen (z.B. 360°-Feedback),
können SNS auch eine informelle Kompetenzbewertung ge-
währleisten. Für die informelle Art der Bewertung eignen sich
laut Interviews z.B. Eingabefelder auf dem Profil eines Mitar-
beiters, in die Vorgesetzte, Personaler, Kollegen und Mitarbeiter