Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 51

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-8.2019
FAKTEN:
Die Mieter hatten diverse Rechtsstreite mit früheren Vermietern. Sie beriefen
sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht bis zur Beseitigung allerMängel und behielten
Teile der Miete ein. Später erklärte die neue Vermieterin die Kündigung des Mietver­
hältnisses wegen Zahlungsverzuges, denn dieMieter stimmten einerMängelbeseitigung
nicht zu. Sie begründeten das mit den weiter anhängigen Rechtsstreiten. Eine Beseiti­
gung der Mängel komme einer „Vernichtung von Beweissachverhalten“ gleich. Damit
kamen sie jedoch nicht durch. Ihr Leistungsverweigerungsrecht war seit demZeitpunkt
entfallen, als sie es ablehnten, eine Beseitigung der Mängel zu dulden. Sofern sie sich
auf die Sicherung von Beweisen berufen, hätte dies etwa per Fotos geschehen können.
FAZIT:
Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB dient dazu, den Vermieter
durch Druck zur Mangelbeseitigung anzuhalten. Deshalb endet dieses Recht bei Been­
digung des Mietverhältnisses sowie dann, wenn der Mieter dem Vermieter den Zutritt
zurWohnung nicht gewährt oder sonst die Duldung der Mangelbeseitigung verweigert.
Aktuelle Urteile
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ZURÜCKBEHALTUNGSRECHT
DES MIETERS
Wer Mangelbeseitigung
ablehnt, darf Miete nicht
zurückbehalten
Lehnt der Mieter die Beseitigung von
Mängeln ab, kann er wegen dieser
Mängel kein Zurückbehaltungsrecht
mehr geltend machen und muss ein-
behaltene Beträge nachzahlen.
BGH, Urteil v. 10.04.2019, VIII ZR 12/18
FAKTEN:
Die Entscheidung betrifft ein Mietverhältnis über ein gewerblich genutztes
Gebäude. Das Gebäude wurde zehn Jahre lang zwangsverwaltet. Später wurde das
Zwangsverwaltungsverfahren aufgehoben. Der Zwangsverwalter nimmt danach den
Mieter auf Zahlung restlicher Betriebskosten in Anspruch. Das Gericht hatte u.a. zu
entscheiden, ob der Zwangsverwalter trotz Aufhebung des Verfahrens weiterhin rück­
ständige Betriebskosten geltendmachen kann. Nach der Rechtsprechung des BGHkann
die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters über den Zeitpunkt der Aufhebung
der Zwangsverwaltung hinaus andauern. Voraussetzung ist, dass die in Frage stehenden
Ansprüche während der Dauer der Zwangsverwaltung entstanden sind. Die Vorausset­
zungen für die Fortdauer der Prozessführungsbefugnis sind hier gegeben.
FAZIT:
Für die Ansprüche auf restliche Betriebskosten kommt es nicht auf deren Fälligkeit
(die mit demZugang der Abrechnung eintritt), sondern auf die Entstehung der Ansprü­
che an. In dieser Zeit unterlag das Grundstück der Zwangsverwaltung, sodass der Ver­
walter trotz zwischenzeitlich erfolgter Aufhebung die Ansprüche geltend machen kann.
ZWANGSVERWALTUNG
Wann endet die Prozess-
führungsbefugnis?
Die Prozessführungsbefugnis des
Zwangsverwalters dauert über den
Zeitpunkt der Aufhebung der Zwangs-
verwaltung hinaus an, wenn die in
Frage stehenden Ansprüche während
der Dauer der Zwangsverwaltung
entstanden sind.
OLG Brandenburg, Urteil vom 29.08.2018 -
4 U 106/15
FAKTEN:
Zwischen den Parteien besteht einMietverhältnis über Räume zumBetrieb eines
Versicherungsbüros. Hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Mieters enthält
der Formular-Mietvertrag die im Leitsatz wiedergegebenen Klauseln. Der Mieter teilte
dem Vermieter mit, dass aus der Decke der Büroräume Wasser austritt. Der Vermieter
unternahm zunächst nichts. Das Gericht hatte u.a. zu prüfen, ob die Minderung und
die Aufrechnung durch die im Leitsatz wiedergegebenen Klauseln ausgeschlossen wird.
Durch die hier fraglichen Klauseln wird die Minderungsmöglichkeit stark begrenzt.
Nach demWortlaut solcher Klauseln ist die Aufrechnung mit unstreitigen Forderungen
nur dann möglich, wenn der Vermieter die Forderung anerkennt. Damit ist die Auf­
rechnung entgegen § 309 Nr. 3 BGB nicht mit allen unstreitigen Forderungen möglich.
Die Klauseln sind somit unwirksam.
FAZIT:
Formularklauseln, nach denen dieMinderung desMieters begrenzt wird, sind also
genauso unwirksam wie zu weitgehende Aufrechnungsverbote. Schon die Abgrenzung
zwischen Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit ist oft nicht leicht zu ziehen.
FORMULARVERTRAG
Beschränkung der Minderung
Folgende Klauseln sind in einem
Formular-Mietvertrag unwirksam:
1. Der Mieter kann gegenüber der Miete oder
sonstigen Forderungen des Vermieters weder mit
Gegenforderungen aufrechnen, noch ein Mietminde-
rungs- oder Zurückbehaltungsrecht ausüben, es sei
denn, dass Forderungen ... vom Vermieter anerkannt
oder rechtskräftig festgestellt sind.
2. Minderungsansprüche wegen Mängeln der
Mietsache oder wegen Störungen im Betrieb des
Mietobjektes hat der Mieter nur dann, wenn der
Vermieter den Mangel oder die Störung vorsätzlich
oder grob fahrlässig verursacht hat ...
OLG Brandenburg, Urteil vom 19.2.2019 - 3 U 59/17
1...,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50 52,53,54,55,56,57,58,59,60,61,...76
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