Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 42

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
ZENSUS 2021
Verwalter: Vorsicht Volkszählung
A
lle zehn Jahre sind EU-Mitglieds-
staaten und damit auch Deutschland
verpflichtet, Bevölkerung, Gebäude
und Wohnungen zu zählen. Die Bundes-
regierung arbeitet an einer gesetzlichen
Grundlage zur Durchführung, die vor
allem die Auskunftspflicht von Wohn-
raumeigentümern auf ein rechtssicheres
Fundament stellen soll. Auchwenn anDe-
tails noch gefeilt wird und der tatsächliche
Zensus erst im übernächsten Jahr erfolgt,
stimmen sich Immobilienverwalter schon
einmal auf dieMammutaufgabe ein, die es
für sie zu stemmen gilt – beziehungsweise
sie sind eingestimmt worden: Zahlreiche
Mitglieder des BVI Bundesfachverband
der Immobilienverwalter e.V. haben An-
fang dieses Jahres ebenso wie Großeigen-
tümer und Genossenschaften Fragebögen
erhalten, in denen die Statistischen Lan-
desämter Details zum Unternehmen und
zum Wohnungsbestand abfragten.
Dennwenn es im Jahr 2021 ernst wird,
sind es die Verwalter, die umfangreiches
Datenmaterial zur Gebäude- und Woh-
nungszählung abfragen, zusammenstellen
und übermittelnmüssen. „Die Auskunfts-
pflicht bezieht sich auf die festgelegten Er-
hebungseinheiten, also welche Immobili-
en erhoben werden, und die Erhebungs-
merkmale, die eigentlichenDaten“, erklärt
Thomas Meier, Präsident des BVI. Für
gewerbliche Eigentümer und Verwalter
von größeren Gebäude- und Wohnungs-
beständen soll einOnline-Meldeverfahren
die Daten
lieferung erleichtern.
Mit der aktuellen Kontaktaufnahme
wollen die Behörden erfahren, wer für
dieses Verfahren in Frage kommt, und an
den organisatorischen und technischen
Voraussetzungen für diesen Erhebungs-
weg feilen. In einem weiteren Schritt ab
Mitte dieses Jahres müssen Großeigen
tümer undVerwalter Bestandslisten an die
Behörden schicken, in denen Anschriften
aller Gebäude und Wohnungen, die Ob-
jektart sowie Angaben zur Verwaltung
aufgeführt sind. Diese Listen werden von
da an fortlaufend aktualisiert. Halter klei-
nerer Bestände werden erst zum Stichtag
im Mai 2021 befragt oder sind gar nicht
auskunftspflichtig.
Wünschenswert wäre es nach Ansicht
des BVI, dass der Gesetzgeber klar und
trennscharf zwischen Miet- und Wohn
eigentumsverwaltern unterscheidet, so
wie es seit vergangenem Jahr in § 34c der
Gewerbeordnung mit der klaren Defi-
nition von Wohnimmobilienverwaltern
festgeschrieben ist. Während die einen
nämlich Daten zu Mietverhältnissen und
Zahl der Personen in einer Wohneinheit
machen können, müssen Wohneigen-
tumsverwalter solche Daten erst mühsam
einsammeln, prüfen und weitergeben.
Datenschutzaspekte
machen den Handlungs-
spielraum zusätzlich
kompliziert
„Immobilienverwalter von Wohn­
eigentum sind für das gemeinschaftliche
Eigentum zuständig, nicht für im Sonder­
eigentum stehende Wohnungen“, erklärt
Meier. Ein Verwalter wisse häufig schlicht
nicht, wie Eigentümer ihreWohnung nut-
zen oder wie sie bei Vermietungen die Ver-
träge ausgestalten. „Für diese Verwalter
ist nicht nur der Aufwand über Gebühr
groß, sondern sie werden durch die un-
klare Begriffs- und Aufgabendefinition
zusätzlich verunsichert mit entsprechend
steigendem Beratungsbedarf “, so Meier.
Zusätzlich kompliziert gestaltet sich
der Handlungsspielraum für Verwalter
wegen datenschutzrechtlicher Aspekte.
Datenschutzbeauftragte warnen bereits
jetzt vor Grauzonen hinsichtlich der Ver-
antwortlichkeiten bei der Datenerhebung
und -übermittlung. Der BVI rät seinen
Mitgliedern, Mieter mittels einer entspre-
Foto: BVI
KOMMENTAR
Profi-Arbeit
gegen Profi-
Vergütung
Die Zählung von Bevölkerung, Ge-
bäuden und Wohneinheiten stellt das
Land vor eine Mammutaufgabe. Eine
Schlüsselrolle kommt dabei einmal
mehr den Verwaltern von Wohneigen-
tum und Mietwohnungen zu. Leider
honoriert der Staat diese Aufgabe
weder ideologisch noch tatsächlich.
Stillschweigend scheinen alle davon
auszugehen, dass Immobilienverwalter
zusätzliche Aufgaben erledigen, ohne
dies personell oder finanziell absichern
zu können. Unlogisch ist das vor dem
Hintergrund, dass der Staat die meisten
Daten bereits vorliegen und über seine
Amtsgerichte Zugriff darauf hat. Nur
die Anzahl der Personen, die eine
Wohnung bewohnen, ergibt sich daraus
nicht. Wären wir Fachverbände in den
Gesetzgebungsprozess eingebunden
worden, hätten solche Ungereimt-
heiten ebenso ausgebügelt werden
können wie die nun unbeantwortete
Frage, wer den Aufwand bezahlen
soll. Rechtlich hat ein Verwalter keine
Chance, nachträglich eine Sondervergü-
tung zu erwirken, wenn er in seinem
Vertrag keine entsprechende Klausel
hat. Diese Rechtslücke muss geschlos-
sen werden. Denn die Anforderungen
des Zensus zeigen, dass unsere Mitglie-
der längst nicht mehr nur Wohnungen
und Gebäude verwalten, sondern auch
erhebliche Datenvolumina. Wer mit
diesem Gut verantwortlich und souve-
rän umgehen soll, muss dies auf einer
professionellen Grundlage tun können.
Thomas Meier,
Präsident des BVI
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