Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 34

34
FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
GEWERBESTEUER
Schon kleinere Fremdumsätze
kosten die Steuerbefreiung
G
ewerblich tätige Einzelunternehmer,
Personen- und Kapitalgesellschaf-
ten unterliegen mit ihren Gewinnen
grundsätzlich der Gewerbesteuer. Fir-
men, die jedoch ausschließlich eigenen
Grundbesitz verwalten, dürfen mit der
„erweiterten Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2
Gewerbe
steuergesetz“ ein Steuerprivileg
nutzen, das die Belastung mit Gewerbe-
steuer in der Regel auf null reduziert.
Die Tätigkeit eines Immobilien­
unternehmens darf im Rahmen des Ge-
werbesteuerprivilegs nicht über eine rei-
ne Vermögensverwaltung hinausgehen.
Grundstücksmarkttypische Tätigkeiten
nachArt eines Immobilienhändlers wären
demnach schädlich und würden eine volle
Gewerbesteuerbelastung des erzieltenGe-
winns auslösen.
Auch die Vermietung von Betriebs-
vorrichtungen (z.B. von Lastenaufzügen
oder speziellen Trocknungs- und Belüf-
tungsanlagen) wäre in diesem Zusam-
menhang begünstigungsschädlich.
Vor dem Bundesfinanz-
hof ist eine ganze Reihe
von Zweifelsfragen
anhängig
Hier gilt das so genannte Ausschließ-
lichkeitsgebot – schon kleinere schädliche
Fremdumsätze bringen die gesamte Steu-
erfreistellung zu Fall. Unschädlich sind
dagegen nebenbei erzielte Zinserträge,
die die Gesellschaft aus der Anlage ihres
angesammeltenKapitalvermögens erwirt-
schaftet. Diese Erträge unterliegen jedoch
selbst nicht der Gewerbesteuerbefreiung.
Zunehmend nimmt die Finanzver-
waltung die Privilegierung der Immo-
bilienbranche ins Visier. Vor dem Bun-
desfinanzhof (BFH) ist eine ganze Reihe
von Zweifelsfragen anhängig. Gerade erst
geklärt hat der Große Senat des BFH eine
Beteiligungskonstellation, die für die von
Joint Ventures geprägte Immobilienwirt-
schaft in der Praxis von großer Bedeutung
ist. Im Urteilsfall war eine gewerblich ge-
prägte GmbH & Co. KG an einer vermö-
gensverwaltenden Gesellschaft bürger-
lichen Rechts beteiligt, die Eigentümer
mehrerer Immobilien war. Die GmbH &
Co. KG machte in ihren eigenen Gewer-
besteuererklärungen bezüglich der aus der
GbR-Beteiligung bezogenen anteiligen
Miet
erträge die erweiterte Kürzung gel-
tend. Das Finanzamt lehnte dies ab.
Der BFH schlug sich aber mit Be-
schluss vom 25.9.2018 auf die Seite des
Unternehmens. Als grundstücksverwal-
tende Gesellschaft, die nur kraft ihrer
Rechtsform der Gewerbesteuer unter-
liegt, kann sie die erweiterte Kürzung bei
der Gewerbesteuer in Anspruch nehmen,
wenn sie an einer ebenfalls rein grund-
stücksverwaltenden, nicht gewerblich
tätigen GbR beteiligt ist (Az. GrS 2/16).
Die vom Gesetz geforderte Verwaltung
eigenen Grundbesitzes sei auch bei der
Beteiligung an der GbR erfüllt, weil die
imEigentum der GbR befindlichenWirt-
schaftsgüter ihren Gesellschaftern steu-
erlich anteilig entsprechend ihrer Betei-
ligungsquote zuzurechnen seien. Damit
kommt endlich auch einmal eine klare
Linie in die zuvor uneinheitliche Recht-
sprechung der diversen Finanzgerichte.
TIPP:
Das Urteil eröffnet vielen bisher
von dem Steuerprivileg ausgeschlos­
senen Immobilienverwaltern nachträg­
lich die Möglichkeit einer gewerbe
steuerlichen Vollkürzung. Prüfen Sie mit
Ihrem Steuerberater, ob Sie für Altjahre
bereits abgegebene Steuererklärungen
nachträglich korrigieren können.
Schon kleinere schädliche
Fremdumsätze bringen die ge-
samte Steuerfreistellung zu Fall –
zum Beispiel die Vermietung
von speziellen Betriebsvorrich-
tungen wie Lastenaufzügen.
1...,24,25,26,27,28,29,30,31,32,33 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,...76
Powered by FlippingBook