FAKTEN:
Die Gemeinschaft K macht gegen den Unterteiler B, der das Eigentum vom
Bauträger erworben hat, Hausgeld geltend. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Der
Rechtsvorgänger des B habe das Haus erst nach Entstehung einer Eigentümergemein
schaft aufgestockt und die Eigentumsrechte durch Unterteilung gebildet. Gegen dieses
Urteil wendet sich B. Der Erwerb eines Eigentums vom Bauträger sei kein Zweiterwerb.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Nicht die Erwerber, sondern B schuldet das Hausgeld.
Bei der Veräußerung von Eigentumsrechten aus einer in Vollzug gesetzten Eigentümer
gemeinschaft heraus sei die vorverlagerte Anwendung des WEG abzulehnen.
FAZIT:
Im Kern geht es um die Frage, wer das Hausgeld schuldet: der, der ein Eigentum
unterteilt, oder der, der von ihm erwirbt, aber noch nicht im Wohnungsgrundbuch als
Eigentümer steht. Das LG entscheidet sich für den Unterteiler. Es meint, es liege kein
Fall vor, der der einer werdenden Eigentümergemeinschaft gleichkomme. Die Erwerber
müssen sich daher von B ermächtigen lassen, seine Rechte – etwa in der Versammlung
– wahrzunehmen.
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-8.2019
Wohnungseigentumsrecht
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ENTSCHEIDUNG:
Der Beschluss ist rechts
widrig. Hier gehe es um einen Eingriff
in ein „verzichtbares Individualrecht“,
nämlich ein spezielles Vermietungs
verbot. Der BGH sieht einen auf der
Grundlage einer allgemeinen Öffnungs
klausel gefassten Beschluss nur dann als
rechtmäßig an, wenn alle Eigentümer
ihre Zustimmung erteilt haben. Denn die
Klausel verenge die zuvor weite Zweck
bestimmung und schränke das bestehen
de Recht jedes einzelnen Eigentümers,
mit seinem Sonder
eigentum nach Be
lieben zu verfahren, dauerhaft in erheb
licher Weise ein. Die Eigentumsrechte
der übrigen Eigentümer würden durch
diese Sichtweise nicht außer Acht gelas
sen, denn ihnen stünden Rechtsschutz
FAKTEN:
Die Gemeinschaftsordnung ent
hält eine Regelung, wonach den Eigentü
mern die vorübergehende oder wechseln
de Vermietung ihrer Wohnungen (z.B. an
Feriengäste) gestattet ist. Eine Öffnungs
klausel sieht vor, dass die Gemeinschafts
ordnung mit einer Mehrheit von 75 Pro
zent aller Miteigentumsanteile geändert
werden kann. Mit einer solchen Mehrheit
fassen die Eigentümer einen Beschluss,
wonach die Überlassung der Wohnungen
an täglich oder wöchentlich wechselnde
Feriengäste nicht zulässig ist. Die Vor
instanzen halten den Beschluss für nich
tig. Auf Grundlage der Öffnungsklausel
dürfe nämlich nicht in den „Kernbereich
des Eigentums“ eingegriffen werden. Die
Revision bleibt ohne Erfolg.
Urteil des Monats:
Wie weit reichen allgemeine Öffnungsklauseln?
Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren („mehrheitsfesten“) Rechten gehört die „Zweckbestimmung“ eines Wohnungs-
oder Teileigentums. Diese darf durch einen auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel gefassten Beschluss
nur mit Zustimmung des Sondereigentümers geändert werden. Ein auf der Grundlage einer allgemeinen Öffnungsklausel
gefasster Beschluss, durch den die kurzzeitige Vermietung des Eigentums (z.B. an Feriengäste) verboten wird, ist nur dann
rechtmäßig, wenn alle Eigentümer ihre Zustimmung erteilt haben.
BGH, Urteil v. 12.04.2019, V ZR 112/18
HAUSGELD
Zweiterwerb von Wohnungen
– wer ist Schuldner?
Kostenschuldner für Hausgeldzah-
lungen ist, wer zum Zeitpunkt der
Fälligkeit des Hausgelds im Grundbuch
als „Wohnungseigentümer“ einge-
tragen ist. Das gilt jedoch nicht für so
genannten Zweiterwerb.
LG München I, Beschluss v. 29.05.2018,
36 S 10312/17 WEG
möglichkeiten zur Ver
fügung. Es könne
auch nicht eingewendet werden, allge
meine Öffnungsklauseln würden mit die
ser Sichtweise entwertet. Sie blieben etwa
für Gebrauchs- oder Kostenregelungen
von Bedeutung.
FAZIT:
Ein Beschluss, der auf einer Öff
nungsklausel beruht, ist nicht schon dann
rechtmäßig, wenn er die in der Öffnungs
klausel genannten Anforderungen erfüllt.
Vielmehr sind bestimmte „fundamentale
inhaltliche Schranken“ zu beachten. Ein
in Individualrechte eingreifender auf einer
Öffnungsklausel beruhender Beschluss
ist nur dann wirksam, wenn die hiervon
nachteilig betroffenen Eigentümer zu
stimmen.
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