Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 50

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Mietrecht
Aktuelle Urteile
ENTSCHEIDUNG:
Der BGH teilt die Auffas­
sung des Mieters nicht. Der Berechnung
der Kappungsgrenze ist die vertraglich
vereinbarte und nicht eine nach § 536
Abs. 1 BGB infolge erheblicher Wohn­
flächenabweichung geminderte Miete
zugrunde zu legen. Mietminderungen
bleiben bei der für die Berechnung der
Kappungsgrenze maßgebenden Aus­
gangsmiete unberücksichtigt. Das gilt
auch bei nicht unerheblichen Wohn­
flächenabweichungen. Auf den Umstand,
dass derartige Mängel unbehebbar sind,
kommt es nicht an.
FAZIT:
Die Kappungsgrenze soll eine zu
starke Steigerung von Mieten verhin­
dern, die bislang erheblich unter der
FAKTEN:
Die Vermieterin einer Wohnung
verlangt vom Mieter die Zustimmung zu
einer Mieterhöhung. Im Mietvertrag ist
die Wohnfläche mit 94,5 Quadratmetern
angegeben. Tatsächlich ist die Wohnung
nur 84 Quadratmeter groß. Die Vermie­
terin wollte vomMieter die Zustimmung
zur Mieterhöhung. Der Mieter wider­
sprach. Er meint, einer weitergehenden
Mieterhöhung stehe die Kappungsgrenze
des § 558 Abs. 3 BGB entgegen, wonach
die Miete innerhalb von drei Jahren
maximal um 20 Prozent erhöht werden
darf. Da die Wohnfläche tatsächlich elf
Prozent geringer sei als im Mietvertrag
vereinbart, sei bei der Berechnung der
Kappungsgrenze eine entsprechend ge­
minderte Ausgangsmiete anzusetzen.
Urteil des Monats:
Minderung für Kappungsgrenze unwichtig
Die Kappungsgrenze für eine Mieterhöhung wird grundsätzlich anhand der vereinbarten Miete berechnet.
Eine Mietminderung bleibt auch dann außer Betracht, wenn sie auf einem unbehebbaren Mangel wie einer
Wohnflächenabweichung beruht.
BGH, Urteil v. 17.04.2019, VIII ZR 33/18
FAKTEN:
Die Parteien schlossen im Spätjahr 2003 einen Mietvertrag über Ladenräume
in einem in Planung befindlichen Einkaufszentrum (so genannte „Vermietung vom
Reißbrett“). Der Formularmietvertrag enthält unter anderem eine Befristung des Miet­
verhältnisses. Es gab einige unwirksame – weil den Mieter stark benachteiligende –
Klauseln, etwa hinsichtlichMinderungsausschluss bei unpünktlicher Fertigstellung. Der
Mieter kündigte später ordentlich. Fraglich war, ob die Kündigung durch die Befristung
ausgeschlossen ist. Klauseln können auch dann unwirksam sein, wenn ein zusammen­
gehörender Komplex geregelt wird. Laut Gericht haben hier die unwirksamen Klauseln
aber keine Auswirkung auf die Befristung des Vertrags. Sie ist wirksam. Der Mieter darf
nicht kündigen.
FAZIT:
Gesamtunwirksamkeit kann eintreten, wenn der Mieter durch das Zusammen­
spiel der jeweiligen Klauseln unbillig belastet wird. Gleiches gilt, wenn wirksame und
unwirksame Klauseln dazu führen, dass die Gesamtregelung intransparent wird oder
wenn der Verbraucher durch die Gestaltung der Klausel getäuscht wird.
VERMIETUNG VOM REISSBRETT
Was ist bei der Regelung
betreffend die Vertragszeit zu
beachten?
In einem Mietvertrag über noch zu
errichtende Räume ist eine Klausel
wirksam, wonach die Mietzeit mit der
Übergabe beginnt und 10 Jahre später
endet. Dies gilt auch dann, wenn der
Mieter keinen Anspruch auf Einhal-
tung eines Fertigstellungstermins hat.
OLG Köln, Urteil vom 29.01.2019 - 22 U 30/17
ortsüblichen Vergleichsmiete lagen, und
so die betroffenenMieter schützen. Sie ist
eine zweite, selbstständig einzuhaltende
Obergrenze für Mieterhöhungen und
dient dem Schutz des Mieters in wirt­
schaftlicher Hinsicht.
Dieser Schutz vor einem zu raschen
Anstieg seiner Zahlungspflichten ori­
entiert sich jedoch an der Miete, zu de­
ren Zahlung sich der Mieter vertraglich
verpflichtet hat. Diese anfängliche oder
während des laufendenMietverhältnisses
vereinbarte Miete hat der Mieter durch
eigene Entscheidung übernommen und
für sich als wirtschaftlich tragfähig an­
gesehen. Hieran bemisst sich sein Schutz
vor einer finanziellen Überforderung im
Rahmen der jeweiligen Mietsteigerung.
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