Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 58

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
WOHNEN MIT ALGORITHMEN
Fotos: Rheinenergie
Künstliche Intelligenz in der Wohnwelt
I
n den vergangenen Jahren hat die Deut-
sche Wohnungsgesellschaft (DEWOG)
als Eigentümerin der Stegerwaldsied-
lung im Nordosten Kölns damit begon-
nen, 16 Gebäude aus den 1950er Jahren
umfassend zu sanieren. Damit verbunden
war unter anderem die energetische Sa-
nierung durch den Kölner Energiedienst-
leister RheinEnergie. „Auf dem Weg zur
Smart City entwickeln wir Lösungen, bei
denen wir Mobilität, Wärme und Strom
nicht mehr einzeln, sondern integriert be-
trachten“, sagt AchimSüdmeier, Vertriebs-
vorstand der RheinEnergie. Die Siedlung
zeige, was auch bei mehr als 60 Jahre al-
ten Bestandsimmobilien alles möglich sei,
sagt Südmeier.
Selbstlernende Algo-
rithmen schaffen den
entscheidenden Schritt
Der Kölner Versorger hat etwa die 16
Häuser umfassend mit Fotovoltaik auf-
gerüstet. Auf rund 6.100 Quadratmetern
produzieren diese Module jährlich zirka
760.000 Kilowattstunden Strom. Dieser
steht anschließend als günstiger Mieter-
strom oder für Elektromobile zur Verfü-
gung. Außerdem treibt der Solarstrom 41
auf dem Gelände verteilte Luft-Wärme-
pumpen an, welche einen Großteil der
zumHeizen benötigtenWärme produzie-
ren. Reicht die Leistung der Pumpen an
besonders kalten Tagen nicht aus, kommt
zusätzlich Fernwärme zumEinsatz. Über-
schüssiger Strom fließt in einen von 16
Batterie-Speichern. Eine runde Sache.
All das ist für sich betrachtet auch
andernorts längst Standard. In der Köl-
ner Siedlung ist man aber noch einen
Schritt weiter gegangen: Dort gibt es ein
auf selbstlernenden Algorithmen beru-
hendes Siedlungsmanagement. Entwickelt
wurde dieses intelligente Energiemanage-
das Wetter, ändert sich auch der Plan. So
liefert das Siedlungsmanagement Energie
stets dann, wenn sie gebraucht wird. Ist
absehbar, dass Strom- undWärmeproduk-
tion in der Siedlung den Verbrauch nicht
decken können, wird Energie zugeführt.
Für ihr Siedlungsmanagement sind die
Kölner zuletzt mit dem Innovationspreis
des Verbands Kommunaler Unternehmen
ausgezeichnet worden.
Bei einem durchschnittlichen Jahres-
bedarf von 3.000 Kilowattstunden pro
Haushalt decken die Mieter in der Ste-
gerwaldsiedlung bereits ein Drittel ihres
Bedarfs mit dem Solarstrom vom eigenen
Dach. Für den darüber hinausgehenden
Bedarf liefert die RheinEnergie Ökostrom
aus Wasserkraft. Wenn Strom übrig ist,
mentsystem für Quartiere imRahmen des
EU-Projekts „GrowSmarter“. Das System
sorgt dafür, dass Energieerzeugung und
-verbrauch vor Ort stets optimal aufeinan-
der abgestimmt sind. Es weiß nach kurzer
Zeit, wann Energie gebraucht wird. Ziel
des Siedlungsmanagements ist es, mög-
lichst effizient zu arbeiten und autark zu
sein. „Der Großteil der erzeugten Energie
wird an Ort und Stelle verbraucht“, unter-
streicht Axel Lauterborn, Leiter der Unter-
nehmensentwicklung, RheinEnergie.
Um das zu ermöglichen, wertet das
System laufend aktuelle Verbrauchs- und
Klimadaten aus. Daraus ergeben sich im
15-Minuten-Takt Energiefahrpläne für
die kommenden eineinhalb Tage. Än-
dern sich kurzfristig die Verbräuche oder
Links:
Die Stegerwaldsiedlung
stammt noch aus den
1950er Jahren. Nach der
energetischen Sanierung
ist dieser Bestand zukunfts-
weisend.
Rechts (von oben nach unten):
In den insgesamt 16 schwarzen Batterie-
Speichern wird überschüssiger Solarstrom
zwischengespeichert.
Fotovoltaik liefert den Strom für die Mieter
und die 41 Luft-Wärmepumpen.
Reicht die Leistung der Luft-Wärmepumpen
für Verbrauchsspitzen einmal nicht aus,
deckt Fernwärme den zusätzlichen Bedarf.
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